Kann man Besuchsfahrten als außergewöhnliche Belastung, zu einen Familienangehörigen (Sohn), in eine JVA steuerlich absetzen?
4 Antworten
Im es kurz zu halten: Es wird nicht möglich sein die Zwangsläufigkeit zu blegen.
Tjaaaaaaaa... Deklinieren wir's mal durch:
"Außergewöhnliche Belastungen" = zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands. (§ 33 Abs. 1 EStG).
Zwangsläufig = wenn der Steuerpflichtige sich den Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG)
rechtliche Gründe? Nein. Zum Besuch des Sohnes in der JVA ist niemand rechtlich verpflichtet.
tatsächliche Gründe? Nein. Zum Besuch des Sohnes in der JVA wird wohl auch niemand gezwungen (Jedenfalls deutest du diesbezüglich nichts in der Fragestellung an.).
sittliche Gründe = "wenn ein billig und gerecht denkender Mensch sich zur Leistung verpflichtet fühlen würde" (Frotscher/Geurts, EStG § 33 Außergewöhnliche Belastungen, Rn. 39). Das würden wohl die meisten Menschen von sich sagen, egal, weswegen Sohnemann brummt.
Aber: "Teilweise wird eine gesellschaftliche Sanktion bei Unterlassen der
Aufwandsübernahme gefordert (keine bloße Anstandspflicht)" und: "Die Beurteilung, ob sittliche Gründe für eine Zwangsläufigkeit sprechen, ist dem gesellschaftlichen Wandel von Werten unterlegen. Insoweit ist dieses Tatbestandsmerkmal durch richterliche Rechtsfortbildung auszufüllen." (ebd.)
Der Bundesfinanzhof legt einen ganz strengen Maßstab an. Er zitiert dazu: "Dabei müsse die sittliche Verpflichtung des einzelnen von seiner
Umgebung als so schwerwiegend betrachtet werden, daß sie ihre Erfüllung
als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Mißachtung dieser
Erwartung den Ruf des Betreffenden empfindlich beeinträchtigen würde,
so daß er dadurch eine Einbuße in seiner gesellschaftlichen Stellung zu
befürchten hätte (so Leingärtner, Steuer und Wirtschaft 1956, Sp.815,
819 f., 824). Hieran anknüpfend stellen Schmidt/Drenseck (a.a.O., Anm.5
d) darauf ab, ob die Unterlassung der zu beurteilenden Handlung
Nachteile im Sinne von Sanktionen im sittlich-moralischen Bereich oder
auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann, ob das Unterlassen
also als moralisch anstößig empfunden wird (Schmidt/Drenseck, a.a.O.,
Anm.5 d; ähnlich auch Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG
Anm.190)." (BFH, Urteil vom 24.07.1987 - III R 208/82; BStBl II 1987, 715)
Und: "Die Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen sind deshalb regelmäßig ebenso wenig als außergewöhnlich, sondern typisierend als durch allgemeine Freibeträge und etwaige andere steuerliche Ermäßigungen abgegolten anzusehen wie Aufwendungen für sonstige Formen der Kontaktpflege etwa durch Telefongespräche. ... Eine sittliche Verpflichtung ... ist nur dann anzunehmen, wenn nach dem Urteil der Mehrzahl billig und gerecht denkender Mitbürger ein Steuerpflichtiger sich zu einem solchen Verhalten verpflichtet sehen kann. Sittlich zu billigende oder besonders anerkennenswerte Gründe allein reichen nicht aus. Das sittliche Gebot muss vielmehr ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest eine Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung treten, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann." (BFH, Urteil vom 02.12.2004 - III R 27/02; BFH/NV 2005, 1248)
Und da liegt der Hase im Pfeffer. Es mag zwar sittlich zu billigen und mit Blick auf eine eventuelle Resozialisierung auch wünschenswert sein, wenn der Kontakt zum Sohn im Knast gehalten wird, aber du wirst von der Gesellschaft nicht geächtet werden, wenn du es nicht tust. Es besteht also kein moralischer Zwang. Deshalb wirst du keinen Finanzrichter (und erst recht keinen Finanzbeamten) finden, der hier die Zwangsläufigkeit als gegeben ansieht.
Und weil die Aufwendungen also nicht zwangsläufig erfolgen, liegen keine außergewöhnlichen Belastungen vor.
Nein. Besuchsfahrten zu Verwandten spielen sich in der privaten Sphäre ab.
Zudem kann man Besuchsfahrten ja wohl höchstens unternehmen.
Und von der Steuer absetzen kann man auch nichts.
Wenn man Besuchsfahrten zu einem Sohn der nicht in der JVA sitzt nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend machen kann, wieso sollte sich daran nur dadurch etwas ändern, daß der Knabe im Knast sitzt?
zutreffende Begründung ! !
Der Fragesteller verwechselt hier wohl etwas. Ein Knast ist schließlich kein Sanatorium - sollte es zumindest nicht ! ;-)