Influencer: Wie verbucht man "Sachzuwendungen" (Gratisprodukte)?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Zunächst einmal: es handelt sich bei Test-/Werbeprodukten nicht um Schenkungen, denn diese würden unentgeltlich, d.h. ohne eine erwartete Gegenleistung vergeben werden.

Da diese Produkte im Zusammenhang mit dem Gewerbe des Influencers/Testers stehen, greift im Prinzip §8 Abs. 2 Satz 1 EStG:

Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.

Hierbei kommt es jedoch auf die Art der Bereitstellung von Produkten für die Bewerbung bzw. das Testen an.

  • Wird das Produkt nach dem Test/Werbevorgang wieder zurückgeschickt, so verbleibt kein Sachgegenstand im Vermögen des Testers/Influencers. Es ist nichts zu versteuern. Ein Gutachter muss ja auch nicht die Fahrzeuge versteuern, die er begutachtet.
  • Wird das Produkt im Zuge des Tests/Werbevorgangs zerstört oder unbrauchbar, so verbleibt auch kein Sachwert im Vermögen des Testers/Influencers. Es ist auch dann nichts zu versteuern.
  • Ein Reiseveranstalter schickt Dich auf eine Reise nach Malawi, um dort über die Sehenswürdigkeiten zu berichten. Deine Tätigkeit wird vergütet. Die dienstlich veranlasste Reise im Rahmen der Tätigkeit, deren Kosten steuerfrei erstattungsfähig wären, wurde vom Auftraggeber bezahlt. Die Reise ist nicht zu versteuern - wenn die steuerlichen Höchstsätze nicht überschritten wurden.

Bekommst Du jedoch z.B. ein Smartphone im Wert von 1.000 EUR für einen einwöchigen Test und darfst es anschließend für die private Nutzung behalten, so handelt es sich in der Tat um eine Sachzuwendung, die spätestens mit der Privatentnahme steuerlich relevant ist. Aufgrund der Verwendung in einem Test kann das Gerät zwar als gebraucht bewertet werden, d.h. der anzusetzende Wertvorteil beträgt vielleicht nur noch 600 EUR, aber diese Sachzuwendung ist zu berücksichtigen. Würde das Gerät das Betriebsvermögen nicht verlassen, sondern von dort direkt verkauft werden, so wäre der Erlös ja als Betriebseinnahme auch entsprechend zu versteuern.


LITALITA 
Beitragsersteller
 11.04.2023, 13:55

Wow, erstmal vielen vielen Dank für diese super ausführliche Erklärung!

In diesem Quartal habe ich folgende Arten von Produkten unentgeltlich bekommen, um sie zu testen und Werbung dafür zu machen:

1) Lebensmittel

2) kostenloser Premium-Zugang zu Software (auf 6 Monate begrenzt)

Ich nehme an, dass diese Produkte zu deinem Punkt Nr. 2 passen, da sie nach dem Werbevorgang unbrauchbar werden (Die Lebensmittel, da sie geöffnet wurden, und der Softwarezugang, da er zeitlich begrenzt ist). Damit wäre beides nicht zu versteuern. Liege ich da richtig?

LITALITA 
Beitragsersteller
 13.04.2023, 14:26
@wfwbinder

@wfwbinder Gilt das eigentlich genauso für die Umsatzsteuer?

wfwbinder  13.04.2023, 14:48
@LITALITA

Ein Vorgang für die Umsatzsteur liegt vor, wenn Du entweder einen Umsatz hast, also etwas verkaufst, bzw. eine sonstige Leistung ausführst und dafür Entgelt bekommt (das ist der Umsatz).

Dem gleichgestellt ist die Entnahme z. B. eine Gegenstands für betriebsfremde Zwecke.

Entnimmt ein Fleischer seinem laden 100 gr. Salami um sie am nächsten mporgen zum Früh zu essen, ist das auch ein Umsatz (der hier aber über Pauschalsätze monatlich abgerechnet würde, war also nur ein Beispiel).

Wenn Du also eine Auswahl von z. B. Kaffeekapseln bekommst, um die Tassimo Versionen durch zu probieren, so sind das Muster zur Probe.

Bekommst Du aber die Tassimo-Pakete mit je 8, oder 16 Kapseln, dann ist es wahrscheinlich, dass Du nach spätestens zwei Kapseln weiß, wie Dein Urteil ist. Die restlichen, die Dun in den Haushalt überführst, wären dann eine Entnahme und damit steuerwirksam.

LITALITA 
Beitragsersteller
 13.04.2023, 15:10
@wfwbinder

@wfwbinder Danke für die Erklärung!

Jetzt stellen sich mir noch drei weitere Fragen:

1) Wer entscheidet, wie viele Kapseln für ein Urteil ausreichen? Was ist, wenn ich behaupte, dass ich alle 16 Kapseln dafür brauche?

2) Was ist, wenn es sich nicht um separate Kapseln handelt, sondern um ein 500g Paket mit Kaffeepulver, welches nach dem Test angebrochen und "wertlos" ist (wie in der Antwort von gandalf94305 beschrieben)? Ändert das etwas in Sachen Umsatzsteuer?

3) Wenn der Rest der Probe tatsächlich in den Haushalt überführt wird: Wie verbucht man so etwas? Es gibt ja weder eine Rechnung, noch eine Kontotransaktion, die man damit verbinden könnte.

Ich würde mich über eine weitere Antwort freuen!

wfwbinder  13.04.2023, 15:36
@LITALITA

Das Problem ist, dass dies nun von einem Hinweis auf Literatur mit Erläuterung bei Gandalf so in eine Art persönliche Steuerberatung übergeht. Das ist in einem Forum nichtzulässig und machbar, denn Du könntest ja sagen "das hat mir der Steuerberater Binder so gesagt".

Das Hauptprpblem ist, dass es bei den Influencern zwei Fraktionen gibt, aber fast nicht dazwischen. Die einen kümmern sich um nichts und melden ihre Tätigkeit nicht einmal an und fangen an zu weinen, wenn das Finanamt sie entdeckt undkommen dann hierher "was soll ich blos tun."

Die zweite Gruppe, zu der auch Du gehörst, macht sich gedanken um ein Paket Kaffee im Handelswert von 5,- Euro..

Wenn Du die Artikel, die Du in Deinen Haushalt übernimmst jeweils mit dem halben Ladenpreis einbuchst, wirst Du nie ein Problem bekommen, weil der gesamte Kram praktisch keinen interessiert.

Wird bei den Unternehmen, die Influencer mit Proben versorgen eine Prüfung gemacht und das Finanu´zamt schickt dann an die Finanzämter der Influencer Kontrollmitteilungen, werden die nur nachsehen "Ist der Betrieb gemeldet?" "Gibt es Umsätze?" "Bekommen wir Steuererklärungen mit glaubhaften Ergebnissen."

Wenn Du also jeährlich eine Einkommensteuererklärung abgibst udn darin einen Ertrag aus der Influencer tätigkeit ausweist, wird das Thema bereits durch sein. Kein Finanzamt interessiert sich dafür, ob Influencer Waren muster im Wert von 500,- Euro, oder 900,- Euro bekommen haben. die 400,- Euro aufzuspüren macht ebenso viel Arbeit wie bei einem Bauunternehmer die Umsätze 13 b, von den Normalumsätzen zu unterscheiden und das bringt 100mal so viel an Steuern.

LITALITA 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 07:40
@wfwbinder

Ja, ich mache mir darüber wohl echt zu viele Gedanken. Vielen Dank erneut für die sehr ausführliche Erklärung!