Darf ein Arbeitgeber die Erstattung von Reisekosten einseitig zu Ungunsten des Arbeitnehmers ändern?
Darf ein Arbeitgeber, der bisher (mindestens in den letzten 25 Jahren) Reisekosten entsprechend den vom Finanzministerium veröffentlichten Tabellen (Tagegelder Ausland) erstattet hat, diese Regelung einseitig ändern? Darf er Maximalwerte festlegen, die unterhalb der Werte in diesen Tabellen liegen? Darf er entgegen der bisherigen Praxis Einzelnachweise für Essenskosten verlangen?
4 Antworten
Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, überhaupt Reisekosten zu erstatten. Das ist eine Frage der vertraglichen Regelung, die auf verschiedenen Ebenen erfolgen kann.
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als arbeitsvertragliche Vereinbarung
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als induviduelle Vereinbarung zu einer bestimmten Position im Unternehmen (z.B. im Vertrieb), die dann als Zusatz zum Arbeitsvertrag gilt
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als Betriebsvereinbarung (auf die im Arbeitsvertrag in ihrer jeweils gültigen Form Bezug genommen wird).
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als Verweis auf das Bundesreisekostengesetz oder steuerliche Sätze (auf die im Arbeitsvertrag in ihrer jeweils gültigen Form Bezug genommen wird).
Handelt es sich um vertragliche Bestandteile, ist eine einseitige Änderung durch den AG nicht möglich. Es muß eine Arbeitsvertragsergänzung oder -änderung geben. Handelt es sich um ein separates, fortgeschriebenes Dokument als Betriebsvereinbarung, so kann dieses einheitlich für den gesamten Betrieb geändert werden, ohne daß die einzelnen Arbeitnehmer zustimmen müssen. I.a. handelt es sich um mit dem Betriebsrat ausgehandelte Vereinbarungen.
Da es keine gesetzlichen Mindestsätze gibt und immer Bezug auf die Abgeltung der tatsächlichen Reisekosten durch das Gehalt genommen werden kann, ist es also insbesondere einem AG gestattet, niedrigere oder höhere Sätze als lt. Bundesreisekostengesetz oder steuerlichen Höchstsätzen anzusetzen. Die Differenz ist (bei niedrigeren Werten) steuerlich als Werbungskosten geltend zu machen bzw. (bei höheren Werten) als Lohnbestandteil zu versteuern.
Einzelnachweise für Erstattungen sind der übliche Weg, d.h. es werden Einzelnachweise beizubringen sein. Werden Pauschalen angesetzt, benötigt man natürlich keine Einzelnachweise. Der AG ist frei, Anforderungen an die Erstattung von Kosten zu stellen.
Vorbehaltlich der in solchen Fällen immer dringend erforderlichen Prüfung der Vertragslage unter Einbeziehung etwaiger Vorbehalte und Anmerkungen im Laufe des Arbeitsverhältnisses würde ich sagen, dass das nicht zulässig sein dürfte weil es sich um eine betriebliche Übung handelt. Allerdings darf man auch nicht verkennen, dass der Arbeitgeber bei der Gestaltung des Reiseablaufs ein Weisungsrecht hat. Dieses Weisungsrecht kann beispielsweise durchaus dahin gehen, dass nur bestimmte Hotelkategorien gebucht werden dürfen.
Und das mit den Einzelnachweisen ist ein davon separat zu sehendes Thema: Reisekostenerstattungen dienen nicht der Bereicherung des Arbeitnehmers. Daher darf Verwendungskontrolle stattfinden.
Da hast Du aber die entscheidenden Worte überlesen: Der Arbeitgeber hat sich bisher immer an den steuerlich anerkannten Werten orientiert und will jetzt weniger zahlen. Was ich mir im übrigen nicht vorstellen kann ist, dass die Zahlungen bisher pauschal und ohne jeden Verwendungsnachweis erfolgten. Aus dem Umstand, dass diesbezüglich nur für die Essenskosten gefragt wird entnehme ich, dass die übrigen Auslagen schon nachzuweisen waren. Ergo: Es soll künftig immer sparsamer gereist werden als bisher und damit wird schon eine Übung verändert.
Du wirst lachen, das Thema habe ich grade aktuell im Rahmen eines Rechtsgutachten klären lassen. Identischer Fall. Ergebnis: siehe meine Antwort.
Na ja, 2 Juristen = 3 Meinungen. Wenn wir uns über den Preis einigen können, schreibe ich das Gegengutachten. Ich habe noch jede Rechtsbeugung hinbekommen.
Zum Thema Nachweis. Vermutlich geht es um die Tagespauschalen. 2013 gab es die Stufungen 6€, 12€, 24€. In 2014 nur noch 12€ und 24€. Ich denke mal der AG wird nicht einfach die unterste Stufe 2013 durch unterste Stufe 2014 ersetzen wollen, sondern sie einfach wegfallen lassen und nichts zahlen. Denk mal an LKW Fahrer im Pendelverkehr.
Es geht um Auslandsreisen. Die (steuerlich berücksichtigungsfähigen) Maximalwerte werden vom finanzministerium festgelegt (pro Land). Der Arbeitgeber will die Maximalwerte nun deckeln, d.h. auch bei Nachweis unter Umständen weniger zahlen, so dass man in manchen Ländern bei angeordneter Dienstreise draufzahlen muss.
Lacht, super Angebot. Da komm ich drauf zurück! So was kann ich immer gebrauchen! Mal Lust sich mit der Künstlersozialkasse zu reiben? Da brauche ich in der Tat was handfestes!
Also: wenn Aufwendungen durch Belege nachgewiesen sind und die Reise dienstlich angeordnet ist, ist der Arbeitgeber zum Ersatz ohne Abzüge verpflichtet. Auslands Tagessätze - da liegt ja kein Beleg vor - kann der Arbeitgeber abweichend von den anerkennngsfähigen Tagessätzen regeln. Das Delta kannst Du jedoch in Deiner Steuerwrklärung geltend machen. Das natürlich vorbehaltlich der Aussage, das Betriebsvereinbarungen, Kollektivverträge, betriebliche Praxis/Übung, Reiserichtlinien nichts gegenteiliges aussagen.
Darf er entgegen der bisherigen Praxis Einzelnachweise für Essenskosten verlangen?
Bei Auslandsreisen muss es das sogar :-)
Mit der ab 01.01.2014 geltenden Reisekostenreform dürfen Unternemer bei Auslandsreisen nur die tatsächlichen Übernachtungskosten als Betriebsausgabe abziehen, keine Pauschalen.
Sind im Übernachtungspreis Service-Pauschalen oder das Frühstück enthalten, müssen diese Kosten wie bei den Inlandsreisen herausgerechnet werden.
Weitere Änderungen, wie neue Inlandspauschalen, Pendlerkosten ab erster Arbeitsstätte und Unterbringung als doppelte Haushaltsführung unter http://www.reisekostenabrechnung.org/reisekostenreform-2014/
G imager761
Es ging bei meiner Frage um Tagespauschalen (für Essen etc.)
Ja, dieses Recht hat der Arbeitgeber. Denn er ist dem AN lediglich den Ersatz von Aufwendung geschuldet. Anderweitige Regeleungen können sich in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag finden. Die Regelungen im Einkommensteuergesetz gelten für den Arbeitnehmer im Rahmen seiner Steuererklärung. Sie sind nicht verbindlich für eine Erstattung durch den Arbeitgeber.
Das Thema betriebliche Übung ist in dem Segment ein Rechtsinstitut das nicht bemüht werden kann. Wenn der AG im Rahmen einer Richtlinie (die ja AGB Charakter hat) diese ändert, so kann das auch zum Nachteil geregelt werden. Die Regelungen aus dem Einkommensteuerrecht sind nicht zwingend verbindlich. Und Reisekostenersattungen gehört zum Auslagenersatz und nicht zum Entgelt. Bei Entgelt würde betriebliche Übung und auch andere Vorschriften greifen; bei Auslagenersatz eben nicht. Das kann der Arbeitgeber frei regelen, es unterliegt auch nicht der Mitbestimmung.