Zahlungsaufforderung nach einem angeblichen mündlichen Vertrag

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Hallo Esmeralda500,

es dürfte nach Ihrer Nachricht an den holländischen Instrumentenbauer eher unwahrscheinlich sein, dass er die geltend gemachte Forderung i.H.v. derzeit 210,- EUR wirksam beitreiben kann, zumal Sie inhaltlich insoweit unmissverständlich deutlich gemacht haben, das Angebot über den Bau eines Instruments nicht annehmen zu wollen.

Insofern der Instrumentenbauer das Zustandekommen eines dahingehenden Vertrages bzw. Auftrages oder ein an Sie gerichtetes, eindeutiges Angebot, welches Sie beweisbar angenommen haben, nicht glaubhaft machen kann, wird sein Begehren auf Zahlung des an Sie herangetragenen Betrages höchstwahrscheinlich scheitern. Weiter ist seitens des Instrumentenbauers nicht eindeutig dargetan, wie sich, gewissermaßen als "Aufwandsentschädigungspauschale", 15% des Endpreises rechtfertigen, zumal der Herr weder nachweist, mit dem Instrumentenbau begonnen zu haben, noch irgendwie einen nennenswerten, dahingehenden Aufwand belegt hat.

Eine konkludente Zustimmung aufgrund der Übernahme des Leihinstruments von Ihrem Schwager anzunehmen, halte ich zudem für abwegig - es fehlt schlichtweg am Zusammenhang. Hier aber sollten Sie oder Ihr Schwager das (hoffentlich unbeschädigte) Instrument umgehend zu Ihrer/seiner Entlastung an den Instrumentenbauer zurücksenden bzw. alternativ zurückbringen (den Empfang quittieren lassen).

Auch ist vor dem Bestimmtheitsgrundsatz (welcher im Übrigen allgemein Verbraucherverträgen innerhalb der EU zugrunde liegt) unbeachtlich, ob und inwieweit allein aus Ihrer Formulierung "I have to cancel my order" eine verbindliche Bestellung hergeleitet werden kann. Hierzulande käme in Ihrem Fall zu Ihren Gunsten unter anderem der Grundsatz nach Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) zum Tragen, d.h. Sie mussten, ausgehend von einer verständigen Sicht, nach Verstreichen von insgesamt zweieinhalb Jahren nicht mehr annehmen, dass der Instrumentenbauer an seinem Angebot, Ihnen ein Instrument anzufertigen, festhält.

Der hier aufgebrachte Begriff "B2C" bedeutet "Business to Consumer", sinngemäß mit Bezug zu Vertragsmodalitäten etwa "von Unternehmer zu Verbraucher/Privatkunde" - gerade bei "grenzüberschreitenden Vertragsanbahnungen" war nach meinem Empfinden dem Instrumentenbauer schon im eigenen Interesse zuzumuten, damit verbundene Vereinbarungen bzw. Aufträge schriftlich festzuhalten, wenngleich ansonsten gilt, dass selbst mündliche Verträge einzuhalten sind.

In der Konstellation wie vorliegend, würde ein streitiges Verfahren in Deutschland verhandelt, zumal mangels schriftlicher Fixierung ein außerordentlicher Gerichtsstand (z.B. durch "Erfüllungsortvereinbarung" oder vergleichbar) ohnehin nicht wirksam vereinbart sein dürfte - eine dahingehend mündliche Vereinbarung wird regelmäßig nicht anerkannt. Ansonsten gilt für grenzüberschreitende Rechtssachen hinsichtlich des Gerichtsstandes die Verordnung (EG) Nr. 44/2001, hinsichtlich des Erfüllungsorts als der Gerichtsstand der Art. 5 Nr. 1 EuGVVO (Verordnung über die gerichtl. Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen). Im Ergebnis wäre in vorliegendem Fall zunächst das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig, wobei die maschinelle Verarbeitung (Antrag und Erlass eines Mahnbescheides) innerhalb des grenzüberschreitenden Mahnverfahrens beim Amtsgericht Berlin-Wedding als zentrales Mahngericht erfolgen würde.

Fraglich bleibt nun, ob sich der Instrumentenbauer hinsichtlich der zu verauslagenden Kosten und insbesondere des Kostenrisikos im Falle des Unterliegens wirklich auf eine Titulierung der gegenständlichen Forderung per Europäischem Zahlungsbefehl (vgl. hierzu: Verordnung (EG) Nr. 1896/2006) und in Zweifel auf ein zivilrechtliches Verfahren vor einem deutschen Gericht einlässt. Angesichts der Forderungshöhe im Verhältnis zu arg schwammigen Vereinbarungsmodalitäten und damit verbundenem Verlustrisiko, ist davon m.E. nicht auszugehen.

Nach unverzüglicher Rückgabe des Leihinstruments und ggf. einer Mail bzw. bestenfalls eines Schreibens, wo Sie Ihre Position nochmals verdeutlichen (ggf. hilft ein versierter, sprachbegabter Freund bei der rechtssicheren Übersetzung), können Sie nach meinem Empfinden der Angelegenheit gelassen entgegensehen. Alternativ können Sie bei Rückgabe des Leihinstruments die Angelegenheit mit dem Instrumentenbauer einvernehmlich mit einem geeigneten und für beide Seiten angemessenen Vergleich abschließen.

Sollte wider Erwarten dennoch gerichtliche Post in der Angelegenheit ankommen, sollten Sie umgehend einen Anwalt aufsuchen. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe wird hingewiesen (bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug gilt bzgl. PKH die Richtlinie 2003/8/EG), kostenfreie und hilfreiche Informationen, sowie ggf. Unterstützung hierzu, erhalten Sie in der Rechtsantragsstelle (kurz: RASt) des an Ihrem Wohnort nächstgelegenen Amtsgerichts.


P.S: Alles Gute und entschuldigen Sie bitte den Umfang... ;-)

Der Vertrag bedarf grundsätzlich keiner Schriftform, außer in den Ausnahmen bzgl. Grundstück etc.

Auch kann ein Vertrag durch konkludentes Verhalten, also schlüssiges sozialtypisches Verhalten zu Stande kommen.

Gerade bei einem Werkvertrag, wie hier ist es durchaus üblich, dass eine Vorleistung durch den Käufer erbracht werden soll, aufgrund der Kosten für die Beschaffungen des Materials, grundsätzlich ist dies möglich.

Problematisch erscheint gerade auch, dass die Forderung des Gläubigers auch noch nicht verjährt ist.

Eventuell könnte man denjenigen abschrecken, wenn man sich auf Verwirkung gem § 242 BGB analog beruft. Aber es herrscht erstmal der oben benannte Grundsatz.

Da er jedoch der Begünstigte ist, hat er zunächst die Fakten und Anspruchsgrundlagen offen zu legen.

Aufgrund der komplexen Problematik und der Schwierigkeit einer juristischen Fernberatung rate ich Ihnen sich schnellstmöglich an einen Anwalt zu wenden.

Bzgl. dem Gerichtstermin kann auf eine unbillige Härte abgestellt werden.

Bitte zum Anwalt gehen.

Kein Vertrag, keine verbindliche Bestellung - kein Geld. So würde ich das sehen. Ein Gespräch auf einem Festival heißt da gar nichts - wo soll da ein geltender Handel zustande gekommen sein?

Selbst wenn die Formulierung in deiner Antwort-Mail etwas unglücklich war, so kann dort jeder herauslesen, dass du die Bestellung nicht willst.

Grüss dich, wenn du schreibst "I have to cancel my order" wird man wohl davon ausgehen das es eine Order gab! Schreib in Zukunft deine Dinge in deutsch wenn das deine Geschäftssprache/Amtssprache ist. Ich glaube nicht das es, für einen holländische Bürger, die Möglichkeit gibt in Deutschland Geld einzutreiben sowie umgekehrt auch nicht. Da bin ich mir aber nicht sicher, früher war das so. Und dann sage ich immer "schön ruhig bleiben", mal abwarten was so passiert. Ich würde ihm auf jeden Fall IN DEUTSCH schreiben das du nicht bereit bist seiner Forderung nachzukommen da du bei ihm nichts in Auftrag gegeben hast, sollte er dann immer noch darauf beharren möchte er dir doch bitte eine Kopie des Auftrag zu senden. Auf gar keinen Fall zahlen, es durch Schriftwechsel (in deutsch) offiziell machen...somit auch nicht zu einfach! Gruss

Nun die Gerichtsbarkeit liegt in Holland. Deswegen, kann ich die nicht sagen, ab welchen Betrag, sich die Gerichte dort einem Streitwert annehmen. Was du hängen solltest ist, diese“Bestellung“ auf Deutsch wieder zu entsprechen. Weise darauf hin das es ein sog. B2C Geschäft ist und dieser erst mit einem schriftlichen Vertrag zustande kommt.

Esmeralda500 
Beitragsersteller
 07.12.2011, 09:46

danke für deine antwort! was ist ein b2C?

ArthFe  07.12.2011, 10:01
@Esmeralda500

B2B und B2C bezieht sich auf grenzüberschreitende Verträge... allerdings doch eher auf online-Käufe bezogen, oder bin ich da jetzt auf dem falschen Dampfer?

Im "B2C"–Bereich innerhalb Europas sind die deutschen Gerichte zuständig. Diese wenden im Grundsatz das Recht des Staates an, in dem der online-Anbieter seinen Sitz hat, wenn – was meist der Fall ist – dieser das Geschäft dem Recht seines Heimatstaates unterwerfen will und der Kunde dies akzeptiert hat. Allerdings behalten in diesem Fall die (strengen) deutschen Verbraucherschutzvorschriften Geltung. Insbesondere gilt bei online-Verträgen von Verbrauchern mit Anbietern aus dem europäischen Ausland das strenge deutsche AGB-Gesetz. D.h., dass die Vereinbarung, dass ausländisches Recht gelten soll, gegenüber einem deutschen Verbraucher weitgehend wirkungslos ist .

Apollonea  07.12.2011, 09:37

Ach ja, durch das Leihgerät, kann der Eindruck eines verbindlichen mündlichen Vertrag entstehen. Deswegen mal lieber mir einem Anwalt sprechen.

ArthFe  07.12.2011, 09:46
@Apollonea

Dieses Leihgerät wurde doch direkt vom Schwager weitergegeben, wenn ich das richtig verstanden habe... also nicht direkt vom Instrumentenbauer. Ist das dann immer noch ein mündlicher Vertrag zwischen Instrumentenbauer und dem Themenstarter?

Zitat: Er gab mir solange ein kostenloses Leihinstrument mit (dieses Instrument hatte vorher mein Schwager, der auch ein Instrument bei ihm gekauft hat.). Es war also so, dass mein Schwager das Instrument direkt an mich weitergab. Es wurde nichts schriftliches festgehalten.

Wäre auch interessant zu erfahren, wie sich das verhält - gibt es diese Leihgeräte normalerweise gegen Bares oder kostenlos, oder nur in Verbindung mit einer Bestellung?

Esmeralda500 
Beitragsersteller
 07.12.2011, 09:52
@ArthFe

normalerweise kostet ein leihgerät bei ihm eine leihgebühr. Bei meinem schwager hat er es aber so gemacht, dass er ihm kostenlos einen geliehen hat, weil der ein instrument bestellt hat. dem konnte er aber auch sagen, dass das instrument nach einem jahr fertig sein wird. Mir konnte er ja nichtmal sagen, wann er mit dem Bau beginnen kann. Er kann doch nicht erwarten, dass ich einfach ins Blaue hinein bestelle, ohne zu wissen, wann ich das Produkt erhalte.