Sozialamt will ein Gutachten von der Rentenversicherung, die dieses verweigert?
Hallo zusammen,
meine Mutter hatte in diesem Jahr einen Schlaganfall mit entsprechenden Konsequenzen und jetzt ist sie noch in einen Behördenteufelkreis geraten, was ihren Gesundheitszustand noch weiter verschlimmert, aber naja, das zählt natürlich nicht. Sie hat nun Pflegegrad III. Sie ist 64 und ich sage schon mal vorweg, dass sie wegen fehlender Wartezeit keinen Anspruch auf Rente hat. Das Jobcenter hat meiner Mutter sein Gutachten zugeschickt, nach dem sie langfristig nicht mehr erwerbsfähig ist und dazu aufgefordert, Leistungen der Rentenversicherung (Erwerbsminderungsrente) und der Grundsicherung im Alter wegen der vollen Erwerbsminderung zu beantragen. Das hat sie gemacht. Ihrem Antrag auf Grundsicherung hat sie ein Schreiben von der Rentenversicherung beigefügt, in dem stand, dass ihre Wartezeit für eine Rente nicht erfüllt ist. Außerdem hat sie das Gutachten des Jobcenters über ihre volle Erwerbsminderung sowie die Anforderung des Jobcenters zur Beantragung vorrangiger Leistungen beigefügt. Daraufhin bekam sie eine Ablehnung vom Sozialamt mit der Begründung, dass das entsprechende Alter nicht erreicht ist und dass im Schreiben der Rentenversicherung nur steht, dass die Wartezeiten nicht erfüllt sind, aber nichts zur Erwerbsminderung, und dass das Gutachten des Jobcenters fürs Sozialamt nicht bindend ist, und dass die eins bräuchten von der Rentenversicherung. Also, ich halte es schon mal für frech, dass man gleich abgelehnt hat anstatt ein Gutachten der Rentenversicherung nachzufordern. Gleichzeitig wurde Erwerbsminderungsrente beantragt. Nach dem Erhalt der Ablehnung vom Sozialamt hat sie der Rentenversicherung zusammen mit der Anlage zur Feststellung der Erwerbsminderung und dem Schreiben von der Pflegekasse mit dem Pflegegrad meiner Mutter nachgeschickt. Außerdem wurde der Anlage ein Schreiben beigefügt, in dem meine Mutter nochmals deutlich darauf hingewiesen hat, dass sie unbedingt eine Fesststellung ihrer Erwerbsminderung bräuchte, vor allem weil dies von Sozialamt verlangt wird. 2 Wochen später bekommt meine Mutter eine Ablehnung von der Rentenversicherung, in der steht, dass der Grund die fehlende Wartezeit ist, und dass die die Prüfung der Erwerbsminderung nicht durchführen werden, weil meine Mutter wegen fehlender Wartezeit sowieso keinen Anspruch auf Rente hat. Also, ganz kurz nochmals alles: Jobcenter stellt Erwerbsunfähigkeit fest. Sozialamt akzeptiert das Gutachten des Jobcenters nicht und fordert eins von der Rentenversicherung. Rentenversicherung macht dieses nicht, weil es sowieso kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente besteht. Was soll meine Mutter tun?
Ich bitte um Entschuldigung für so einen langen Text und danke für Ratschläge schon mal im Voraus
4 Antworten
Die Situation ist offenbar bewußt von den jeweiligen Ämtern und Behörden herbeigeführt.
Das JC leistet nur bei Arbeitsfähigkeit. Hier hat das JC offenbar die dauerhafte Erwerbsunfähigkeit per eigenen Medizinischen Diest festgestellt.
Die Einschätzung ist für die DRV natürlich nicht bindend. Die machen ihr eigenes Gutachten. Alles andere zählt für die nicht.
Zuständig ist nun, bis zum Eintritt der EU-Rente (die es wegen Anwartschaftszeitendefizit nicht geben wird), ergo Altersrente, das örtliche Sozialamt - sofern Anspruch auf Grundsicherung bei Ihrer Mutter besteht.
Die entsprechenden Nachweise hat Ihre Mutter ja auch beigebracht.
Folglich sollten Sie fristgerecht gegen den Sozialamts-Bescheid in Widerspruch gehen und zusätzlich Überprüfungsantrag stellen.
Sinnvollerweise holen Sie sich Rat bei einem auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt.
Das ist ja unglaublich, was das Sozialamt da veranstaltet.
Wenn die vorrangigen Leistungen nicht bestehen, hat das Sozialamt natürlich zu leisten. Die ablehnenden Bescheide des jobcenters und der RV liegen ja vor. Wenn “Grundsicherung im Alter“ nicht vorliegt, muß der Antrag umgewandelt werden in Antrag auf Grundsicherung bei EM.
Die Antworten von Juergen und renterxxx sind ja schonmal klasse, ich wollte dem nur beipflichten.
Vielleicht hilft auch ein Telefonat mit dem Vorgesetzten des Sachbearbeiters? Das würde die Sache evtl. beschleunigen.
Außerdem: Ein Fachanwalt für Sozialrecht ist natürlich das Mittel der Wahl. Ich habe hier in unserem Kaff allerdings auch schon einen Prozeß gegen das Sozialamt gewonnen mit einer “normalen“ Anwältin. Diese war mir allerdings auch schon vorher durch gute Arbeit und gute Zusammenarbeit bekannt.
Beratungsscheine für anwaltliche Beratung gibt es nicht in jeder Stadt (in Hamburg und Bremen beispielsweise muß man erst eine Rechtsberatungsstelle aufsuchen, und bekommt dann ggf. erst anschließend die Kostenübetnahme für einen Anwalt). Das ist natürlich zeitaufwendig. In jedem Fall wird Deiner Mutter der Anwalt/die Anwältin nichts kosten.
Alles Gute bei diesem absurden Theater!
Beachte bitte die Frist für den Widerspruch! Vier Wochen!
Die Begründung kannst Du ggf. durch einen Anwalt nachreichen lassen.
“Hiermit lege ich Widersprich ein gegen Ihren Bescheid vom xxx. Die Begründung erfolgt später“.
Guten Tag,
die Situation wird ausgelöst, da die Wartezeit für eine Rente nicht erfüllt ist. Aus diesem Grund lässt die Rentenversicherung auch auf ihre Kosten kein ärztliches Gutachten erstellen.
Das Jobcenter hat in ihrem Fall ein medizinisches Gutachten fertigen lassen mit dem Ergebnis, dass Erwerbsminderung vorliegt.
Nun war es absolut richtig und geboten Leistungen nach dem SGB XII, also Grundsicherung oder Sozialhilfe zu beantragen.
Allerdings haben Sie in dieser Sache einen Ablehnungsbescheid erhalten, mit der Forderung nach einem ärztlichen Gutachten der Rentenversicherung. Dieser Ablehnungsbescheid hat wahrscheinlich auf der letzten Seite eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Das Recht zum Widerspruch innerhalb eines Monat wird Ihnen dort ausgeführt. Von dem Recht eines Widerspruch mit genau dieser Begründung, dass kein Rentenanspruch besteht und aus diesem Grund kein ärztliches Gutachten von der Rentenversicherung erstellt wurde.
In der Begründung ihres Widerspruch sollten Sie das Sozialamt, Träger der Grundsicherung, auf den Amtsermittlungsgrundsatz entsprechend der Regelungen §§ 8, 20 SGB X hinweisen. Allgemein ist mir bekannt das ein Widerspruchsverfahren und ein sich eventuell anschließendes Klageverfahren vor dem Sozialgericht recht lange dauert.
Bezüglich der Frage von welchen Finanzmitteln Ihre Mutter in dieser Zeit ihren Lebensunterhalt bestreiten kann, empfehle ich Ihnen dringend einen Rechtsanwalt mit dem Fachgebiet Sozialrecht aufzusuchen.
Damit bis zur Klärung des Sachverhalt Leistungen des Sozialamtes trotzdem gezahlt werden, wird ein Fachanwalt für Sozialrecht beim zuständigen Sozialgericht eine einstweilige Anordnung zu erwirken.
Auch nach dem Sozialgerichtsgesetz besteht hier in diesem Fall für das Gericht eine Amtsermittlungspflicht nach dem Sozialgerichtsgesetz.
Auf der Seite des beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Schwerbehinderung empfehle ich Ihnen die Informationen zu lesen. Auf diesem Link finden Sie die Informationen:
Ich wünsche Ihnen und ihrer Mutter alles Gute. Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
Ergänzung: Wenn man sich keinen Anwalt leisten kann, so kann man sich beim Amtsgericht einen sog. Beratungsschein holen.