Kann die Vorfälligkeitsentschädigung negativ sein?
Ich überlege bei der Verlängerung eines Darlehens auf eine vermietete Wohnung in dem Jahr, ob ich mit Zinsbindung fünf oder zehn Jahre oder noch länger verlängern soll.
Die Wohnung wird aber irgendwann - vielleicht in fünf bis zehn Jahren - verkauft.
Das Zinsniveau ist niedrig und wird nach meiner Einschätzung in den kommenden zehn Jahren über dem aktuellen Niveau liegen. Wird in dem Fall die Vorfälligkeitsentschädigung negativ?
Wenn dem so wäre: kann dann eine noch längere Zinsbindung jetzt Sinn machen? Angenommen, ich verlängere jetzt für 1,6 % für 15 Jahre und verkaufe in 5 Jahren. Angenommen, das Niveau für 10-jährige Darlehen liegt dann bei 2,6 %. Kriege ich dann die Differenz so wie ich im umgekehrten Fall Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müsste?
4 Antworten
Theoretisch ja, praktisch nein.
Rechnerisch hast Du Recht, aber es geht hier ja um Interessen.
Bei der vorzeitgen Ablösung eines Darlehens mit Festschreibung, kommt der Kunde, der früher zurück zahlöen möchte. Die Bank rechnet ihm vor, was Sie an Geld verliert, weil sie ja das Geld auf dem Kapitalmarkt entsprechend teuer eingekauft hat und zu dem Kurs nicht neu verleihen kann. Daher Vorfälligkeitentschädigung.
Nun Dein Szenario, Du willst früher raus und argumentierst, "Sie können das Geld ja nun teurer verleihen. Also möchte ich an diesem Vorteil partizipieren, weil Sie nur durch meine Kündigung diese Chance haben. Also negative Vorfälligkeitsentschädigung, oder Kündigungsvergütung."
Dann würde ich als Bank argumentieren, "ich will ja nicht kündigen, ich erfülle den Vertrag weiter." Da der Kunde verkaufen will, wird er in den sauren Apfel beißen und verzichten.
Was Anderes wäre es, wenn die Bank fragen würde, wir wären bereit XXX,XX Euro zu zahlen, wenn Sie mit einer Kündigung einverstanden wären. Würde aber ein Kunde nur machen, wenn er sowieso in absehbarer Zeit kündigen will.
Eine negative Vorfälligkeitsentschädigung gibt es nur rechnerisch, aber nicht vertraglich.
Welche Zinsbindungsfrist wählen? Du kannst ja zunächst 5 Jahre wählen und dann b.a.w. variabel weiterfinanzieren. Üblicherweise (d. h. aber nicht "immer"!) sind die geldmarktorientierten variablen Zinsen unter dem Zinsniveau von 5- oder 10- jährigen Kapitalmarkt- und Immobilienzinsen. Die zusätzliche Zinseinsparung auf Basis variabler Sollzinsen könntest Du entweder für (vertragskonforme, z. B. alle drei Monate) Sondertilgungen verwenden oder als zinsbringende (Monatsgeld)reserve für etwaige Kreditzinssteigerungen anlegen.
Wenn aber die Kapitalmarktzinsen tatsächlich nach den 5 Jahren steigen sollten, dann wird es für Deine potentiellen Kaufinteressenten schwieriger und teurer die Wohnung zu erwerben bzw. Dein gewünschter Verkaufspreis kommt unter Druck.
Diese interessante Frage ist bisher nach meiner Kenntnis noch nicht in der Rechtsprechung behandelt worden, wahrscheinlich weil es eine derart extreme Lage am Geldmarkt noch nicht gegeben hat.
Man müßte konkret die AGB der finanzierenden Bank analysieren und ggf eine Prüfung der AGB auf Rechtmäßigkeit vornehmen.
Meine Vermutung ist: Kampflos wird die Bank nicht zahlen wollen.
weil es eine derart extreme Lage am Geldmarkt noch nicht gegeben hat
Doch um 1982 und 1992 (10+ % p.a.!) sowohl im Geld- wie auch Kreditmarkt.
für Sollzinsen Banken / Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke zu Gleitzinsen, Effektivzins / Durchschnittssatz
und
für Geldmarktsätze am Frankfurter Bankplatz / Monatsgeld / Monatsdurchschnitt
Siehe auch 1981!
Rechnerisch ist es zwar möglich, aber wie der Ausdruck "Entschädigung" schon sagt kann es keinen negativen Betrag aus Sicht der Bank zu deren Ungunsten geben.
In diesem Beitrag habe ich den Hintergrund für eine Vorfälligkeitsentschädigung schon einmal beschrieben: