Einkommen beim Finanzamt melden wenn ich "Freiberuflich" ca. 300€ mönatlich verdiene?

3 Antworten

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ca. 300€ im Monat durch Werbeeinnahmen

Diese Aussage bedeutet im Kern, dass Du Einnahmen (Umsatz) aus einer selbständigen Tätigkeit hast, d.h. Du bist nicht irgendwo angestellt und erhältst ein Gehalt. Dies ist eine Einkunftsart nach §2 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Damit unterliegt der Gewinn prinzipiell einer Besteuerung.

ich habe keine Kunden

Kunden sind diejenigen Individuen und Organisationen, die bei Dir für einen Umsatz sorgen. In Deinem Fall also all die (anonymen) Leute, die klicken und dadurch einen Beitrag zu Deinem Umsatz liefern.

als freiberuflich gilt

Nein, denn im Sinne des §15 EStG ist das eine gewerbliche Tätigkeit, da sie nicht in die Ausnahmen der freiberuflichen Tätigkeiten fällt. Die ständige Rechtsprechung bestätigt dies. Du musst also ein Gewerbe anmelden - Gewerbesteuer fällt jedoch erst ab einem Gewerbeertrag von 24.500 EUR lt. §11 GewStG an - für Dich also wohl erst mal nicht.

Der Vertrieb selbst erstellter Software wäre auch in diesem Gewerbe ein Teil der Tätigkeit, auch wenn Du heute nur vielleicht Copyleft-Software veröffentlichst.

Seit 3 Monaten verdiene ich ca. 300€ im Monat

Wie viel das im Monat ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Es kommt auf die Jahreseinkünfte an. Diese wären also ca. 3.600 EUR (Umsatz).

Davon gehen Deine Ausgaben ab, die Du für Dein Arbeitszimmer zur Erstellung der Softwareprojekte (incl. einen Nebenkostenanteil), den Internetzugang, den Computer mit Zubehör, vielleicht sogar erforderliche Lizenzen und Dienste (z.B. für Backup, für die Softwareerstellung, für Testing) benötigst.

Das ist Dein Gewinn, der zu versteuern wäre. Dies wird durch die EÜR ermittelt, in der prinzipiell Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden. Nach §4 Abs. 3 EStG (et al.) kannst Du als Gewerbetreibender eine EÜR abgeben, wenn

  • Du Einzelunternehmer bist,
  • der Jahresgewinn des Gewerbes unter 60.000 Euro liegt und
  • nicht freiwillig bilanzierst.

Die EÜR geht in Deine Einkommensteuererklärung ein, jedoch wirst Du keine ESt. aufgrund der geringen Einkunftshöhe zahlen. Wohl aber kannst Du Dich der Regelbesteuerung unterwerfen (also keine Freistellung nach §19 von der Umsatzsteuer, keine Kleinunternehmerschaft) und damit vorsteuerabzugsberechtigt werden, d.h. Du bekommst vom Finanzamt die gezahlten Vorsteuern (USt. auf Ausgaben) zurück.

Hast Du im Jahr beispielsweise 3.600 EUR Einnahmen und 1.200 EUR Ausgaben, so wären das knapp 192 EUR an USt. zurück. Dein Gewinn würde dann etwas über 2.600 EUR betragen.

Google, Youtube, etc. sitzen in Irland und damit in der EU. Für die erbrachten elektronischen Dienstleistungen gilt damit der Sitz Irland als Leistungsort. Das hat eine Konsequenz für die Umsatzsteuer auf Einnahmen von dort, sowie Deine Berichtsverpflichtungen (die sog. "zusammenfassende Meldung").

Ich würde daher vorschlagen, dass Du einen Termin mit einem Steuerberater zur Erstberatung und ggf. ein Nachgespräch suchst. Das kostet im Endeffekt 200-300 EUR, wird Dir jedoch das Rüstzeug geben, alles sauber zu berücksichtigen und Fragen zu beantworten. Ja, und dies sind dann auch Betriebsausgaben Deines Gewerbes, d.h. das mindert Deinen Gewinn.

Beachte, dass wenn Du zu viele Ausgaben hast, die die Einkünfte auffressen, das Gewerbe nicht mehr als Gewerbe anerkannt wird, da es nämlich keine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht mehr aufweist. Da wird es sicher ein paar Karenzjahre geben können, um den Anlauf von Einnahmen zu demonstrieren, aber irgendwann musst Du deutliche Gewinne erzielen, damit das Gewerbe auch ein Gewerbe sein kann. Die 300 EUR reichen da schon aus.

Vielleicht gibt es irgendwelcher Stuerberater hier :D

Mindestens 4

aber ich habe keine Kunden,

Doch, das sind die, die Dich dafür bezahlen, dass Du deren Werbung auf Deiner Webseite verlinkst.

Seit 3 Monaten verdiene ich ca. 300€ im Monat durch Werbeeinnahmen, die ich über eine Webseite erhalten, auf der ich meine Hobbyprojekte veröffentliche.

Du meinst vermutlich 300,- Euro Einnahmen. Verdienen, wäre Gewinn.

dass ich in der Familienversicherung bleiben kann und keine Einkommenssteuer zahlen muss, da ich unter den Freigrenzen liege (5.820€ in Jahr für Familienversicherung und 10.908€ in Jahr für Einkommensteuer).

richtig.

Ich weiß aber nicht ob es andere Elementen gibt, die es beinflüssen können.

Deine Betriebsausgaben. Abschreibung auf den Computer, Internetgebühren, eben alle Ausgaben die nötig sind, damit Deine Webseite im Internet ist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Steuerbevollmächtigtenprüfung 1979, Steuerberaterprüfg .1986

classica  30.10.2023, 08:28

Muss er einen Gewerbeschein beantragen ?

wfwbinder  30.10.2023, 09:06
@classica

Es sind gewerbliche Einkünfte. Was ich aber bezweifele ist das "stehende Gewerbe." Um Abmahnungen zu verhindern wäre es wohl besser. Aber das Ordnungsamt von sich aus wird sich nie melden.

xyzabc 
Beitragsersteller
 30.10.2023, 09:21
@wfwbinder

Ich muss also kein Gewerbe anmelden, aber wenn ich es täte, müsste ich auch keine komplizierte Steuererklärung abgeben (außer EÜR Form), weil ich als Kleinunternehmer zähle? Ich sehe noch keine Notwendigkeit, ein Gewerbe anzumelden, aber wenn ich viel mehr verdienen würde, werde ich es machen. Ich finde ein Termin mit einem Steuerberater dann viel sinnvoller als mit aktuellen Einnahmen, da ich sowieso nicht besteuert werden kann.

wfwbinder  30.10.2023, 09:33
@xyzabc
Ich muss also kein Gewerbe anmelden, aber wenn ich es täte, müsste ich auch keine komplizierte Steuererklärung abgeben (außer EÜR Form), weil ich als Kleinunternehmer zähle?

Da wirfst Du Dinge durcheinander.

Du musst eine Einkommensteuererklärung machen mit eienr Anlage EÜR und Anlage G, dazu eine Umsatzsteuererklärung. Das ist aber völlig gleich, ob mit, oder ohne Gewerbeanmeldung. Ich als Freiberufler habe keine Gewerbeanmeldung und mache genau das gleiche, eben nur mit anderen Zahlen .

Kleinunternehmer, also weniger als 22.000,- Umsatz ist richtig, aber gleichzeitig auch falsch, denn Deine Werbeeinahmen sind vermutlich von ausländischen Portalen und sowieso umsatzsteuerfrei. Du könntest Dir aber die Umsatzsteuer aus Deinen betrieblichen Kosten und Anschaffungen zurück holen.

Nur weil es eine Steuerfreigrenze gibt, befreit dieses dich weder von einer Gewerbeanmeldung noch von einer Steuererklärung!

Denn bislang sitzen keine Hellseher bei den Finanzämtern!