Die Bauindustrie am Boden. Wie kommen wir wieder in Gang mit dem Wohnungsbau?
Bau Unternehmen klagen über Auftragsmangel (weiß ich auch aus dem eigenen Mandantenkreis). Bauanträge werden zurück gezogen.
Investoren klagen über hohe Zinsen und immer kompliziertere Vorschriften, bei den Häuslebauern das Gleiche.
Wie kommen wir aus den Problemen?
6 Stimmen
7 Antworten
Traue keiner Statistik die du nicht selber gefälscht hast!
Die Bauindustrie übt sich in Jammern und Wehklagen.
Wehe aber, der Bürger erdreistet sich, einen Bauhandwerker beauftragen zu wollen. Egal ob Dachdecker, Elektriker oder Installateur, man hört von allen, es seien so viele Aufträge vorhanden daß man neue entweder überhaupt nicht mehr annehmen könne oder aber, nur nach mehrmonatiger Wartezeit ausführen könne.
Wie paßt denn das zusammen?
Ich schlage vor, die Bauindustrie sorgt erst mal dafür, daß sie Aufträge annehmen kann. Dann kommen die Aufträge fast von alleine.
Sorry, da muss ich dir ganz klar widersprechen und wfwbinder beispringen: Die Baukonjunktur ist derzeit im freien Fall, jedenfalls was Neubauaufträge angeht. Als Entsorger mit Schwerpunkt im B2B-Geschäft hängen wir ganz unmittelbar an der Baubranche und haben entsprechend auch sehr viel Kontakt mit Architekten, Dachdeckern, Fensterbauern, Handwerkern und Baufirmen. Während der Renovierungsbereich (der uns primär betrifft) noch halbwegs stabil ist (aber trotzdem merklich nach unten geht, das merken selbst wir - und wir bekommen das naturgemäß erst mit deutlicher Verzögerung zu spüren), geht es im Bereich Neubau massiv nach unten.
Wieso das von außen (derzeit noch) anders aussieht, lässt sich relativ einfach erklären: Die großen Baufirmen und Handwerker haben teilweise sehr lange "Wartelisten" aufgebaut, die bislang noch nicht vollständig abgearbeitet sind. Dazu kommt das Personalproblem, welches sich in den letzten fünf Jahren nochmal deutlich verschärft hat - du kannst nicht bauen, wenn du keine qualifizierten Leute bekommst. Hilfsarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Co. gibt es genug - aber qualifizierte Facharbeiter: Fehlanzeige. Die Listen leeren sich aber zunehmend - und danach kommt gähnende Leere.
Und aus eigener Erfahrung (wir bauen aktuell selbst, und auch in der Firma haben wir diverse Bauprojekte laufen) muss ich auch die Aussage, es wären keine Handwerker zu bekommen, relativieren: Das hat sich in den letzten Monaten ein ganzes Stück gelegt, inzwischen suchen Handwerker und Baufirmen wieder aktiv nach Aufträgen.
Diese Aussagen kann ich in keiner Weise bestätigen. Meine Schwester baut ein Einfamilienhaus, und zwar seit knapp einem Jahr. Es war extrem schwer, überhaupt erstmal einen Architekten zu finden, der Zeit hatte für Planung und Bauantrag. Und die Bauunternehmen waren ALLE ausgebucht. Auch die Nachfolgegewerke waren und sind völlig zu mit Aufträgen. Sie hat bereits 4 Monate Verzögerung, weil die Firmen einfach zu viele Aufträge haben. Vielleicht ist es in anderen Bundesländern anders. In NRW ist es jedenfalls schwierig, Bauunternehmer zu finden. In unserer Nähe entsteht gerade ein Neubaugebiet mit 50 Eigenheimen und 15 Mehrfamilienhäusern. Die Grundstücke sind innerhalb von 6 Monaten alle verkauft worden. So schlecht kann es um die Finanzen der Investoren und Häuslebauer gar nicht stehen. Geld ist offensichtlich genug vorhanden. Wir wollten dort auch noch ein Grundstück kaufen, war aber leider zu spät.
In Schleswig-Holstein haben die Baufirmen kaum mehr Aufträge und Grundstücke sind so teuer, dass sie keiner mehr kauft.
Das sind Tatsachen. Meine Schwester baut gerade und hatte massive Schwierigkeiten, einen Bauunternehmer zu finden, der es machen wollte. Als der Rohbau fertig war, hat sie auf den Dachdecker 6 Monate gewartet. Der hatte flugs eine Plane mit Verlattung aufs Dach gehämmert, damit der Bau trocken blieb. Nach 6 Monaten wurde alles wieder abgerissen, um das "richtige" Dach mit Aufsparrendämmung etc. aufzubringen. Und so geht es mit allen Gewerken. Sie hat den Radius auf 60 km erweitern müssen, um Handwerker zu finden. Ein Einzelfall? Wohl eher nicht.
Unternehmen klagen immer, das ist nix neues
Mangelnde Aufträge bestreite ich, nur mal am Rande, ich war letztes Jahr Frühjahr an 110ter Stelle auf der Warteliste bei einer Dachdeckerfirma(!)
Mangelnde Facharbeiter ist grundsätzlich wahr, aber nicht im Ausmaß was hier getummelt wird im TV und Medien... für 12,50 findet man keine Facharbeiter, ein Dachdecker verdient das 3 bzw 4 fache.. ich weiß von einer Firma die konnte sich vor Bewerbungen nicht retten... hat 4 tagewoche eingeführt...
Grundsätzlich ist jedenfalls meine eigene Erfahrung ... es wird nirgendwo so gelogen wie im Bausektor besonders wenns um die Kosten bzw kostenvoranschläge geht...ich habe vor ein paar Jahren an meinem Haus die Außenisolierung erneuern lassen...habe 7 Firmen zur Ansicht und Kostenvoranschläge bestellt... alles Fachfirmen... habe allen das gleiche erzählt...
zum Schluß wollte die billigste Firma 8000 Euronen haben die teuerste 18000 Euronen für die gleiche Arbeit... ich habe damals nach Bauchgefühl entschieden... nicht nach Preis..
das ist das eine...
das andere ist... mein Haus wurde damals von meinem Vater alleine gebaut... war gelernter Maurer... klar gab es damals schon Grundbestimmungen... mein Vater hat damals einfach stärke gebaut als dinmässig vorgeschrieben, das wird wohl heute so nicht mehr gehen.. der Dachboden meines Hauses ist auf dem Dach offen... nur betonmörtel verschmierte Dachpfannen.... keine Folie... bzw dampfsperre... isolierung ist in der Decke.. im Winter ziehts oben wie hechtsuppe... im sommer bekommt man nen hitzschlag...Schornsteinfeger sagt Dachboden einwandfrei... kein schimmel etcetc..
jetzt mein Nachbar... neue Dachpfannen bekommen... Dampfsperre.... isoliert mit styroporkügelchen....nach neuesten Vorschriften.... habe letztes jahr beobachtet, das der Nachbar Löcher oben am first gebohrt hat und habe den gefragt, warum die löcher.... der sagte der hat schimmel massiv... dach zu dicht isoliert... schimmel bis ins Treppenhaus gezogen....
also bezüglich deiner Frage.... an der Bürokratie kann man nix machen...und an der umsatzgeilheit... viel Geld für weniger Leistung ist das Problem jedes Unternehmens..
habe fertig
Bei so viel Gegenwind muss ich den Kollegen hier ganz klar widersprechen und wfwbinder beispringen: Die Baukonjunktur ist derzeit im freien Fall, jedenfalls was Neubauaufträge angeht. Als Entsorger mit Schwerpunkt im B2B-Geschäft hängen wir ganz unmittelbar an der Baubranche und haben entsprechend auch sehr viel Kontakt mit Architekten, Dachdeckern, Fensterbauern, Handwerkern und Baufirmen - bundesweit. Während der Renovierungsbereich (der uns primär betrifft) noch halbwegs stabil ist (aber trotzdem merklich nach unten geht, das merken selbst wir - und wir bekommen das naturgemäß erst mit deutlicher Verzögerung zu spüren), geht es im Bereich Neubau massiv nach unten.
Wieso das von außen (derzeit noch) anders aussieht, lässt sich relativ einfach erklären: Die großen Baufirmen und Handwerker haben teilweise sehr lange "Wartelisten" aufgebaut, die bislang noch nicht vollständig abgearbeitet sind. Dazu kommt das Personalproblem, welches sich in den letzten fünf Jahren nochmal deutlich verschärft hat - du kannst nicht bauen, wenn du keine qualifizierten Leute bekommst. Hilfsarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Co. gibt es genug - aber qualifizierte Facharbeiter: Fehlanzeige. Die Listen leeren sich aber zunehmend - und danach kommt... gähnende Leere. Die Insolvenzverzeichnisse füllen sich dafür zunehmend, die Zahlungen kommen schleppender... Auch das ist eine ganz konkrete Wahrnehmung, die wir machen.
Und aus eigener Erfahrung (wir bauen aktuell selbst, und auch in der Firma haben wir diverse Bauprojekte laufen) muss ich auch die Aussage, es wären keine Handwerker zu bekommen, relativieren: Das hat sich in den letzten Monaten ein ganzes Stück gelegt, inzwischen suchen Handwerker und Baufirmen wieder aktiv nach Aufträgen. (NRW)
Zur Frage an sich: Die gestiegenen Zinsen machen Bauen nicht gerade attraktiver, zumal auch die Baukosten an sich relativ stark gestiegen sind. Aber ganz wesentlich steht nach meiner Wahrnehmung die überbordende Bürokratie dem Bauen im Weg. Wenn ich mehr Leute mit Papierkram beschäftige, als ich draußen auf der Baustelle habe - wie soll da ein Projekt in halbwegs angemessener Zeit fertig werden? Zumal sich die Vorschriften teilweise auch einfach widersprechen...
Früher gab es mal §7 b oder später § 82 a als Eigenheimförderung . Falls so etwas wieder eingeführt werden würde, würden sicherlich mehr Menschen sich wieder ein Einfamilienhaus wieder bauen.
Wie in meiner eigenen Antwort beschrieben: Diese Wahrnehmung ist irreführend. Das sind ganz überwiegend Altaufträge, die jetzt abgearbeitet werden. Und an den Altaufträgen werden noch etliche kleinere und mittlere Bauunternehmen kaputtgehen - steigende Kosten und sinkende Zahlungsfähigkeit (und teilweise auch schlicht Bereitschaft) bei den Auftraggebern sind eine toxische Mischung.