Kleinunternehmerregelung für Freiberufler?

5 Antworten

1. Die Grenze von 17.500 ist veraltet. Derzeit gelten die Grenzen von 22.000 für das Vorjahr und 50.000 für das laufende Jahr. Wirklich relevant dabei ist die erstgenannte Grenze von 22.000. Sobald diese Grenze überschritten wird, bist du im Folgejahr regelbesteuerter Unternehmer. Wie du selbst zutreffend beschrieben hast, gilt die Kleinunternehmerregelung nur für die Umsatzsteuer. Du brauchst dann in deinen Rechnungen keine USt ausweisen und logischerweise auch keine and Fi-amt abführen. Dafür hast du im Gegenzug auch kein Recht auf Vorsteuerabzug auf Eingangsrechnungen. Es ist daher nur sinnvoll die Kleinunternehmerregelung anzuwenden, wenn du überwiegend Privatpersonen als Kunden hast, denn regelbesteuerte Unternehmer können sich die von dir ausgestellte USt als Vorsteuer erstatten lassen. Wenn du auf die Kleinunternehmerregelung verzichtest, bindet dich der Verzicht 5 Jahre. Zu beachten ist noch, dass die 22.000 sich auf ein Kalenderjahr beziehen. Gründest du dein Unternehmen unterjährig, ist die Grenze zeitanteilig zu kürzen.

2. Du kannst x verschiedene Gewerbe anmelden, im Sinne der Umsatzsteuer bist du aber ein Unternehmer. Das bedeutet, dass alle umsatzsteuerpflichtigen Aktivitäten zusammengerechnet werden.

3. Auf deinen Gewinn musst du Einkommensteuer zahlen. Gewerbesteuer fällt erst bei einem Gewerbeertrag von 24.500 an. Zur Einordnung, ob Freiberuflichkeit oder ein Gewerbe vorliegt, kannst du hier mal reinlesen, denn das ist bei Webentwicklung nicht so einfach zu sagen https://www.existenzgruender.de/SharedDocs/BMWi-Expertenforum/Gruendungsplanung/Freie-Berufe/kuenstl-publ-Taetig/Webdesign-und-Programmierung-freiberufliche-Taetigkeiten.html

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
  1. 50.000 ist richtig
  2. Die Entscheidung, vom § 19 UStG Gebrauch zu machen ist fünf Jahre bindend, sofern die Vorraussetzungen dazu die ganze Zeit über bestehen. Preislisten, Angebote und Rechnungen sind unter Hinweis auf § 19 UStG Kleinunternehmerregelung ohne MwSt zu erstellen. Sobald der Umsatz 6.000 € mtl. oder 50.000 jährlich überschritten wird, ist die Kleinunternehmerregelung hinfällig, das gilt auch vor Ablauf der Bindungsfrist.
  3. Nein, deshalb wird kein neues Gewerbe angemeldet, es wird lediglich dem FA angezeigt, dass man von nun an Vorsteuer bezahlen wird und wartet den Bescheid ab. Außerdem sind Preislisten, Angebote und Rechnungen von sofort an mit ausgewiesener MwSt, bzw bei kleinbeträgen mit enthaltener MwSt zu erstellen.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Helefant  25.08.2020, 21:58
Die Entscheidung, vom § 19 UStG Gebrauch zu machen ist fünf Jahre bindend

Das ist nicht wahr! Man kann immer zum 1. Januar optieren. An die Option ist man dann fünf Jahre gebunden.

Sobald der Umsatz 6.000 € mtl. oder 50.000 jährlich überschritten wird, ist die Kleinunternehmerregelung hinfällig

Nein. Man muss zu Beginn des Jahres eine Prognose über den voraussichtlichen Jahresumsatz abgeben. Liegt diese über 50.000 Euro, dann ist in diesem Jahr keine Kleinunternehmerregelung mehr möglich. Kriegt man dann Mitte Januar einen großen Auftrag rein und weiß dass der Umsatz bei 100.000 Euro liegen wird, dann ist man erst im nächsten Jahr Regelbesteuerer.

wurzlsepp668  25.08.2020, 19:14

Die Entscheidung, vom § 19 UStG Gebrauch zu machen ist fünf Jahre bindend,

steht WO?

in § 19 garantiert nicht!

bytheway:

die 50.000 € kommen nur dann zur Geltung, wenn im Vorjahr die 22.000 € nicht überschritten waren.

tinalisatina  25.08.2020, 18:38
50.000 ist richtig

Nur bezogen auf das laufende Jahr. Das Vorjahr muss unter 22000.

BurtonLM 
Beitragsersteller
 25.08.2020, 18:40

Danke für die schnelle Antwort.
Bedeutet das, dass wenn ich dieses Jahr noch nichts verdient habe, noch theoretisch 50.000€ bis Ende dieses jahres - oder bis in einem Jahr verdienen darf?

verreisterNutzer  25.08.2020, 18:45
@BurtonLM

Es geht nicht um den Verdienst sondern um den Umsatz. Im Anfangsjahr darfst Du 22.000 € Umsatz haben um im Folgejahr weiterhin von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen zu müssen. Werden die 22.000 € überschritten ist ab 1.1. mit MwSt / Vorsteuer zu arbeiten. Erreichst Du unterjährig 6.000 € mtl. Umsatz ist die MwSt sofort und fortan für mindestens 5 Jahre auszuweisen.

Dazu gibt es folgende Änderung:

Bis Ende 2019 lag die Höchstgrenze für Kleinunternehmer noch bei 17.500 Euro. Doch durch das dritte Bürokratieentlastungsgesetz wurde die Höchstgrenze auf 22.000 Euro angehoben. Das bedeutet: Lag Ihr Umsatz 2019 nicht über 22.000 Euro, profitieren Sie 2020 von der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG.

Du kannst das bei deinem zuständigen Finanzamt telefonisch erfragen, oder auf den Internetseiten nachsehen.

Die 50.000 beziehen sich dann auf das Folgejahr, hier würde ich einmal nachfragen ob eine etwaige Nachzahlung fällig wird, wenn man im Jahr 1 unter dem Satz bleibt und im Jahr 2 dann die 50.000 überschreitet, oder ob das nur mit der Vorsteuer zusammenhängt.

BurtonLM 
Beitragsersteller
 25.08.2020, 18:45

Danke für deine schnelle Antwort. Aber im Gesetzestext ( https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__19.html ) steht doch "...im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird."
Jetzt bin ich komplett verwirrt

Raylan  25.08.2020, 18:47
@BurtonLM

So hängt es offenbar zusammen. Wie gesagt ein Telefonat beim Finanzamt klärt dich schnell auf, da wird dir gerne Auskunft gegeben. Mich würde interessieren wie damit umzugehen wäre, wenn im 2. Jahr die Grenze von 50k überschritten wird, mit Bezug auf das Vorjahr.

  • im vorangegangenen Kalenderjahr 22.0 00 Euro nicht überstiegen hat und
  • im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Diese beiden Voraussetzungen müssen gemeinsam erfüllt sein, damit das Finanzamt die Einstufung als Kleinunternehmer akzeptiert.

Steuerbaer  25.08.2020, 18:53
@Raylan

bei der 50.000 Grenze für das laufende Jahr ist das Wort "voraussichtlich " von großer Bedeutung. Es meint, dass es sich um eine Schätzung handelt, die du nach bestem Wissen durchzuführen hast. Allerdings wird es nicht zum Nachteil ausgelegt, wenn du dich verschätzt und bis Dezember 52.000 Umsatz erzielt hast.

Helefant  25.08.2020, 21:59
@Steuerbaer

Wie will das Finanzamt nachweisen, dass man Anfang Januar wusste, dass der Umsatz bei 52.000 statt bei 50.000 liegen wird? Wenn dem Finanzamt dazu nicht die Aufträge aus dem Vorjahr vorliegen dann passiert in dem Fall gar nichts!

zu 3., weil das hier wohl falsch verstanden wurde. Du musst ganz normal Einkommenssteuer bezahlen dafür. Allerdings nicht von den Einnahmen, sondern vom Gewinn.

Ach ja, als Webentwickler bist Du kein Freiberufler.

BurtonLM 
Beitragsersteller
 25.08.2020, 18:42

Ah okay, danke :)
Solange man nicht für den öffentlichen Markt programmiert, sondern für Kundenspezifische Lösungen zählt das tatsächlich noch als freiberufliche Tätigkeit.

tinalisatina  25.08.2020, 18:43
@BurtonLM

Oh, überrascht mich. Nachdem ich jetzt gelernt habe, dass Gewerbeamt und Finanzamt die Bezeichnung Freiberufler unterschiedlich sehen, bin ich da immer sehr vorsichtig.

verreisterNutzer  25.08.2020, 18:52
@tinalisatina

Wobei es keine Rolle spielt was das Ordnungsamt denkt..... Abgesehen von der Gewerbesteuer natürlich, aber letztendlich ausschlaggebend ist was das FA denkt, ob man Bilanzpflichtig ist oder als Freiberufler eben nicht.

tinalisatina  25.08.2020, 19:57
@verreisterNutzer

Ja, ja. Aber eben, dass man evtl. Gewerbe anmelden muss, inkl. Gewerbesteuer, und trotzdem steuerlich Freiberufler sein kann, hat mich erschüttert ...,

  1. Inzwischen weißt Du ja: die 22.000 Euro gelten. Wenn Du also im September anfängst und mit einem Umsatz von 8.000 Euro im laufenden Jahr rechnest, dann hast Du die Grenze überschritten, denn das sind aufs Jahr hochgerechnet schon 24.000.
  2. Du kannst jederzeit zum 1. Januar zur Umsatzsteuer optieren. Daran bist Du dann fünf Jahre gebunden, nicht umgekehrt.
  3. Sowohl für Kleinunternehmer als auch für Regelbesteuerer gibt es immer noch die Einkommensteuer.