Trotz privater Schulden, Selbstständigkeit mit Kleingewerbe möglich?
Hallo,
mich würde mal Interessieren ob jemand der ALG 2 bezieht und privat einige Schulden hat (um die sich jedoch gekümmert wird(keine Insolvenz!)) trotz der Schulden ein Kleinunternehmen im Nebenerwerb gründen kann/darf? Wenn ja, wie sieht es dann mit dem Vermögen des Kleinunternehmens gegenüber der privaten Schulden aus? Kann dort dann z.B. vom Geschäftskonto für private Schulden gepfändet werden oder muss man aus dem Unternehmensvermögen Geld bereitstellen um die privaten Schulden zu tilgen (ausgenommen der Gewinn aus dem Unternehmen)? Oder kann an dieses Geld kein Gläubiger (in Vertretung eines Gerichtsvollziehers etc.) ran kommen?
Ich hoffe man versteht meine Frage und kann Sie mir beantworten :).
Gruß
4 Antworten
Wenn sich der Herr Schmitz demnächst Maier nennt ändert das an seinen Schulden nichts. Genauso ist es bei den Dir ins Auge gefaßten Plänen. Eine "Unternehmensgründung" schützt Dich kein bißchen vor Gläubigern, es sei denn, das Unternehmen würde eigene Rechtspersönlichkeit haben.
Dementsprechend schwierig wird es für Dich: Das was Du "Geschäftskonro" nennst und es mit der Hoffnung verbindest, es sei vor dem Gläubigerzugriff geschützt, gibt es nicht. Du kannst selbstverständlich ein P-Konto als Geschäftskonto in der Definition nutzen die bei Banken üblich ist, nämlich als Zahlungsverkehrskonto für Geschäftsvorgänge. Das Gesetz (ZPO) verbietet das nicht, ob die Bank das mitmacht, ist die andere Frage. Keinesfalls darfst Du dann aber ein zweites Girokonto eröffnen. Pro Person darf immer nur ein einziges P-Konto bestehen. Andere Konten sind deshalb ungeschützt und unterliegen dem Gläubigerzugriff.
Die Situation wird noch schwieriger für Dich weil die gesetzlichen Vorschriften für das P-Konto an sich nicht für selbstständige Tätigkeiten und deren Besonderheiten ausgerichtet sind. Der Selbständige hat bekanntlich einerseits Betriebsausgaben die er von dem Umsatz bezahlen muß und er hat andererseits unregelmäßige Zahlungseingänge. Letztlich wird das dazu führen, dass der Unternehmer mit P-Konto Dauergast beim Vollstreckungsgericht sein wird.
Was sind die Alternativen? Die Gründung einer Kapitalgesellschaft ist sicher keine. Man braucht dazu nicht nur ein Gründungskapital das man als ALG2-Empfänger -zumindest legal- nicht haben wird. Vor allem ist dann pfändbares Vermögen vorhanden.
So mancher schickt in derartigen Situationen einen Strohmann als Unternehmensinhaber vor. Das bewegt sich allerdings in einem Graubereich und wenn man nicht eine Person hat, der man unbedingt vertrauen kann, kann es böse Überraschungen geben.
Da hast Du mich wiederum falsch verstanden: Es geht nicht darum, ob Rechnungszahlungen auf ein P-Konto eingegen dürfen, es geht darum, ob man als Kontoinhaber dann erst mal seine eigenen Rechnungen vom Guthaben bezahlen darf und das ist nicht der Fall, bzw. wäre nur der Fall, wenn man jeweils die Zustimmung des ollstreckungsgerichts dazu einholt, dass die jeweils geschützten Beträge entsprechend angepasst werden. Das aber ist ein nahezu aussichtsloses Unterfangen.
Gehen tut alles, aber solche Situationen sind schwierig.
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Ein Gewerbe (Kleingewerbe gibt es nicht) kann jeder anmelden.
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Wenn der ALG II Empfänger ist, muss er alle 6 Monate die Anlage EKS ausfüllen udn so seine Erträge nachweisen, weil danach seine Bezüge (und ggf. Rückzahlungen) festgesetzt werden.
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Natürlich können die Einnahmen auf seinem Konto gepfändet werden. Auf jeden Fall mit P-Konto arbeiten, wenn die Bank das als Geschäftskonto akzeptiert.
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Die Erträge, wenn sie den pfändungsfreien Betrag übersteigen, müssen für die Schuldentilgung verwendet werden.
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Wenn man für die GRündung fachkundige Hilfe engagiert (Gründungscoaches werden hoch bezuschusst, wird man diese Probleme sehr gut lösen können. Wo ein Problem, da eine sachkundige Lösung.
Danke für deine Antwort.
Zu 1. Ich meine kein Kleingewerbe sondern Kleinunternehmen ohne UmSt. Wie das ganze läuft ist mir aber bewusst und das dies an sich ein Gewerbe ist.
Zu 2. bis 5. Das wusste ich bereits, trotzdem danke für die Mühe :).
Das alles über dem Limit eines P-Kontos gepfändet wird und werden darf ist mir bewusst. Ich würde gerne, allein der Übersicht halber, ein extra Geschäftskonto bei einer Bank einrichten. Kann ein Gerichtsvollzieher bei einer Pfändung dann trotzdem an das gesamte Vermögen des Geschäftskonto, auch wenn das private Konto ein P-Konto ist und man den Gewinn/Lohn/Gehalt vom Geschäftskonto auf das P-Konto bekommt? Von dem Geschäftskonto geht ja wenn nur der eigentliche Gewinn/Lohn auf das eigene private Konto und das man damit seine Schulden begleichen sollte bzw. über dem Limit gepfändet werden kann ist ja klar. Mir geht es nun um das Geschäftskonto.
Wenn es denn so sein sollte dass man auch mit dem Geschäftskonto bei privaten Schulden haftet (von dem ja vor dem eigentlichen Gewinn noch Betriebskosten, Ausgaben für Waren etc. weg gehen) dann würde man sein Gewerbe (Kleinunternehmen) ja gleich in den Sand stecken, wenn man es mal so sieht.
Wie sieht es damit aus? Ich denke mal dass es diese Problematik nicht erst seit heute gibt und hoffe das jemand eine Erklärung bzw. auch eine Idee hat wie man das am besten händelt (mal abgesehen davon die ganzen Schulden zu bezahlen!).
Versteh´ doch. Es gibt kein Geschäftskonto. Es ist Dein Konto. Und Du bist Schuldner.
Wenn Dein Geschäft lauft, kannst Du etwas für den Schuldenabbau tun. Wenn nicht, so wachsen Deine Schulden weiter.
Jedes Konto was auf Deinem Namen geführt wird, ist dem Zugriff der Gerichtsvollzieher ausgesetzt.
Eine Abtrennung ist so nicht möglich.
Du könntest das regeln, wenn Du eine Vertrauensperson hast. Die gründet eine UG und über diese UG kannst Du dann arbeiten und das verdiente Geld dann für die Tilgung einsetzen.
Worum es hier aber doch geht sind doch bei monatlich z.B. 2000EUR Einnahmen erstmal die ganzen Steuern, Auslagen, Aufwendungen, Gebühren usw. abzuziehen, bevor man alles auf den pfändungsfreien Betrag reduziert.
Ich beziehe meine Waren z.B. aus dem Ausland. Mal sind es mehr, mal sind es weniger Umsätze. Ich kann nunmal keinen festen Betrag monatlich voraussagen, sondern erst im Nachhinein berechnen. Bis dahin muss das ganze flexibel sein.
Kann doch nicht sein, dass man nur bis zur Pfändungsfreigrenze verdienen kann, damit der GV nichts abziehen kann und dann erst noch Steuern usw. gegenrechnen kann um schlussendlich sein Netto zu errechnen. Wie soll man da jemals die Miete aus eigener Tasche zahlen können?
Natürlich ist es möglich - weshalb auch nicht?
Ob es zu empfehlen ist? Hängt immer von der jeweiligen Situation ab! Bei manchen würde ich ja sagen. Bei vielen nein.
Und ja, dein Geschäftskonto kann und wird gepfändet werden. Ausweg: Gründung einer Kapitalgesellschaft.
Liegen Pfändungen vor, kann beim Amtsgericht eine spezielle Erhöhung beantragt werden, damit du deine laufenden Geschäfte tätigen kannst.
Quelle: eigene Erfahrung! bin selbst verschuldet und selbstständig. Bei Fragen quatsch mich an.
und wie hast du das gemacht? bin nur beim Fiskus in den roten zahlen und würde gerne weiter selbstständig bleiben.vielleicht können wir dazu mal privat reden?
Ob man derzeit als Leistungsempfänger von ALG2 zugleich selbstständig sein darf, kann ich leider nicht beantworten. In der Vergangenheit war dies definitiv möglich, 2011/12 gab es jedoch Überlegungen, dies zu unterbinden.
Für die Anmeldung eines Gewerbes ist zumindest die eigene finanzielle Lage rechtlich nicht von Belang. Wenn man jedoch als Gewerbetreibender regelmäßig und leichtfertig (oder gar vorsätzlich) mehr Geld verbrennt als erwirtschaftet, kann ein Gewerbeverbot drohen. Speziell in Verbindung mit SGB II.
Nur der Korrektheit wegen:: "Kleingewerbe" gibt es nicht, es gibt eine sogenannte Kleinunternehmerregelung, die allen Gewerbetreibenden unter bestimmten Voraussetzungen diverse Erleichterungen z.B. in Bezug auf Gewinnermittlung und Steuerlast einräumt.
Bei Kleinunternehmern oder einfachen Gewerbetreibenden (allgemein gesprochen bei Personengesellschaften wie der GbR und OHG) gibt es keine Unterscheidung zwischen Privat- und Unternehmensvermögen, es läuft letztlich alles auf den eigenen Namen, auch ein etwaiges Geschäftskonto Anders wäre es bei Gründung einer Unternehmensform wie der GmbH (oder anderer Kapitalgesellschaften, KG, AG, etc.), da diese eine eigene juristische Person darstellt. Erst dann wäre entscheidend, ob eine Forderung gegen einen privat oder gegen das Unternehmen vorliegt. Bei Kleinunternehmern dagegen existiert nur eine Person, die mit ihrem Gesamtvermögen sowohl privat wie auch für das ausgeführte Gewerbe vollumfänglich haftet.
Für eine Pfändung ist nur entscheidend, gegen welche Person zu pfänden ist, nicht in welcher Angelegenheit (privat/geschäftlich), So kann sowohl das Geschäftskonto aufgrund einer privaten Schuld gepfändet werden, als auch das Privatkonto aufgrund einer geschäftlichen Forderung. Es kann sogar noch weiter gehen: betreibet man ein Gewerbe zusammen mit weiteren Personen (z.B. als GbR oder OHG), dann können geschäftliche Forderungen an die GbR/OHG gegen das Privatvermögen jedes einzelnen der beteiligten Personen vollstreckt werden.
Bei einer Kapitalgesellschaft dagegen können private Forderungen nicht gegen das Unternehmensvermögen vollstreckt werden, allerhöchstens gegen die Anteile, die die Privatperson am Unternehmen besitzt. Umgekehrt ist es deutlich komplexer, da es von den einzelnen Unternehmensformen abhängt.
Bezüglich eines Pfändungsschutzkontos: Soweit mir bekannt (man möge mich ggf. korrigieren), darf man neben einem P-Konto keine weiteren Konten führen. Also auch kein Konto welches als Geschäftskonto dienen soll. Die Banken würden die anderen Konten einfach kündigen oder einfrieren, zudem werden alle Dispovereinbarungen zurückgezogen.
Vielen vielen Dank für deine Antwort. Diese kann man verstehen und ich kann damit sehr gut etwas anfangen. An sich haben sich dadurch meine Fragen geklärt. Danke dafür. Nochmal zu "Kleingewerbe gibt es nicht". Ist mir an sich bewusst, weiß auch nicht warum ich zu Kleinunternehmen immer Kleingewerbe sage :P. Hat sich irgendwie so eingespielt... Sollte ich mal lassen. Nochmal zu deiner Antwort: Nein zum Glück keine Schulden beim FA. Mit denen hatte ich bis dato noch nie das Vergnügen. Du hast mir auf jedenfall sehr geholfen.
Zusatz:
Eine Möglichkeit, sich trotz Schulden und drohender Pfändung selbstständig zu machen und geschäftlich die Liquidität zu wahren, wäre die Gründung einer UG(mbH). Die Grundung erfordert kein hohes Stammkapital, dafür müssen die Gewinne mit 50% auf das Stammkapital "angespart" werden, bis 25000 erreicht sind und die UG in eine reguläre GmbH umgewandelt werden kann. Da auch die UG eine eigenständige juristische Person darstellt, sind deren Konten (als "echte" Geschäftskonten) sicher vor einer privaten Pfändung. Wegen des geringen Stammkapitals kann man sich aber kein Gehalt auszahlen, sonst wäre die Firma unmittelbar insolvent. Zudem ist man - trotz haftungsbeschränkung - als geschäftsführender Gesellschafter automatisch besonderen Risiken ausgesetzt. Bei einer UG speziell wegen des geringen Stammkapitals einer gelegentlich drohenden Insolvenzverschleppung, was wiederum dazu führt, dass man durchaus auch hier mit seinem Privatvermögen in die Haftung kommen kann. Auch wenn es erstmal verlockend klingt - sowas sollte äußerst gut überlegt sein.
Schwieirg wird es jedoch, wenn das FA Gläubiger ist, da es auf jeden Fall von der UG und deren Wert wüsste. Als Gläubiger kann das FA durchaus den Anteil an der UG pfänden (bei 100% also die ganze UG) und ggf. zu Geld machen, z.B. versteigern, oder auch Auflösen, um so Zugriff auf das Stammkapital zu erhalten. Dagegen würde es helfen, wenn man die UG zusammen mit einer anderen Person (z.B. Ehefrau mit Gütertrennung) besitzt und die Satzung entsprechend gut durchdenkt. Das FA kann so z.B. nur eine Abfindung aus dem Zugriff auf die Anteile des Schuldners erzielen, aber nicht die UG beeinträchtigen.
Auch für deine Antwort, danke dafür. Zur "Hoffnung": Ich habe nicht die Hoffnung dass dadurch Schulden einfach so flöten gehen. Mir geht es lediglich um den vorzeitigen Schutz der Gelder des Unternehmens um damit die Unternehmenskosten und Rechnungen der Wareneinkäufe bezahlen zu können ohne befürchten zu müssen, dass das Geld vorher weg ist und man dadurch mit dem Unternehmen noch mehr Schulden herbei ruft. Die Schuldentilgung oder Regelung dieser spielt für mich in dieser Sache eine ganz andere Rolle. Zum P-Konto: Du schreibst dass die gesetzlichen Vorschriften für das P-Konto nicht für selbständige Tätigkeiten ausgerichtet sei. Dies ist jedoch nicht ganz richtig. Dies betrifft echte Firmen. Jedoch gibt es eine Klausel die besagt, dass ein P-Konto von jeder natürlichen Einzelperson, Freiberufler oder Kleinunternehmer geführt werden darf. Da können die Banken garnichts. Und selbst wenn Sie etwas machen würden, wäre es rechtswidrig da dies im Gesetz steht. Also mit dem P-Konto an sich bin ich sehr gut vertraut. Meine Bank hat schon so einige Sachen diesbezüglich versucht die mit einer Klage gegen die Bank endeten. Und diese hat nicht gewonnen... Mir war nur bis eben nur nicht bewusst, bzw. habe ich vergessen dass ein Kleinunternehmen ja die natürliche Person selbst ist. Deshalb muss ja bei Kleinunternehmen in Rechnungen etc. auch immer der Vor- und Zuname des Inhabers angegeben werden. Das ist wohl bei mir untergegangen. Letztendlich wird es darauf hinauslaufen dass das private P-Konto nebenher auch als Geschäftskonto fungieren wird. An sich rechtlich kein Problem. Da kann auch die Bank nichts bei einem P-Konto bei Kleinunternehmen. Mit einem Geschäftskonto wäre es jedoch einfacher und vorallem übersichtlicher für einen selbst und auch für das Finanzamt. Deshalb hatte ich diesen Gedanken und habe diese Frage gestellt. ;)