Sperrzeit ALG 1, weil ich eine Entfristung nicht annehmen möchte?
Hallo! Ich erfahre nächste Woche, ob mein befristeter Arbeitsvertrag entfristet wird. Nun ist es so, dass ich sehr unzufrieden mit meinem aktuellen Job bin, mich das mental stresst und ich eine Entfristung nicht annehmen würde. Nach langem Überlegen habe ich für mich entschieden, dass ich auch nicht erstmal die Entfristung annehme und einfach kündige, sobald ich einen neuen Job finde. Ich suche bereits nach Jobs, der Vertrag läuft noch 6 Monate. Aber falls ich nicht rechtzeitig etwas finden sollte: muss ich mit einer Sperrzeit beim Arbeitsamt rechnen? Kann diese 3 Wochen überschreiten? Danke schonmal.
2 Antworten
Die Gründe für eine Sperrzeit findest Du in §159 SGB III.
Für Dich relevant ist dabei erst mal nur Abs. 1 Nr. 1. Das ist der Fall, dass "die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)".
Ein befristeter Vertrag kann nicht gekündigt werden. Er endet mit dem Ablauf der Befristung automatisch. Damit läufst Du in die Sperrfrist nur hinein, wenn Du mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen würdest, um das Arbeitsverhältnis vorzeitig auf Deinen Wunsch zu beenden.
Die "Entfristung" ist eine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags, d.h. ein neuer Arbeitsvertrag, der sich an den bereits bestehenden, befristeten anschließt. Lehnst Du diesen ab, ist dies Dein gutes Recht und stellt nicht eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar (das ja mit dem Ende der Befristung einfach regulär endet). Damit folgt keine Sperrzeit, wenn Du den befristeten Vertrag einfach auslaufen läßt und den neuen, unbefristeten Vertrag nicht annimmst.
§15 Abs. 4 TzBfG sagt klar
Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.
Ist dies also nicht im Arbeitsvertrag direkt oder durch Bezug auf einen Tarifvertrag vereinbart, so gibt es keine ordentliche Kündigungsoption. Der Vertrag endet ordentlich nur mit dem Ende der vereinbarten Frist.
Einvernehmlich oder bei Vorliegen außerordentlicher Gründe kann ein befristeter Vertrag natürlich dennoch durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden.
Mir ist unklar, wo Du den allgemeinen Anspruch auf Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags hernimmst.
Nun habe ich mich zu diesem Thema schlau gemacht bzw. zumindest versucht. Du hast mit allen deinen Ausführungen recht. Es gibt im Internet wie üblich zwar auch andere Meinungen, auch von kompetenten Leuten wie Anwälten, aber die Mehrheit teilt deine Ausführungen. Rausgefunden habe ich noch, dass während einer Probezeit durchaus eine ordentlich Kündigung möglich ist. Lt. meinem Manteltarifvertrag ist ebenfalls jederzeit eine ordentliche Kündigung möglich. Mein befristeter Vertrag endet am 31.12.2022. Am 23.11.2022 ruft mich meine Sachbearbeiterin der Agentur für Arbeit an. Ich werde sie fragen, ob ich eine Sperrzeit zu erwarten habe, wenn ich einen neuen, wahrscheinlich wieder befristeten Arbeitsvertrag, nicht annehme.
Hallo und vielen Dank für deine ausführliche Antworte, das hilft mir sehr!
Ich hatte bisher gelesen, dass der AG eine "Arbeitsbescheinigung" für das Arbeitsamt ausfüllen muss und dort auch angekreuzt wird, ob mir eine Weiteranstellung angeboten wurde oder nicht. Das kann wiederum als "Arbeitsablehung" interpretiert werden. Laut §159 SGB III wäre das eine Sperrzeit von 3 Wochen, was in meinem Fall vollkommen tragbar sein sollte. Und versichert wäre ich durch das Arbeitsamt dann auch. Ich wollte nur nochmal die Frage in die Community stellen und sicher gehen, dass es nicht mehr als 3 Wochen sein könnten.
Die Arbeitsablehnung greift eigentlich nur, wenn die Stelle von der Arbeitsagentur angeboten wurde. In Deinem Fall handelt es sich um ein direktes Verlängerungsangebot des derzeitigen Arbeitgebers an Dich. Sollte dennoch jemand auf die Idee kommen, die Ablehnung der Verlängerung als Arbeitsablehnung zu interpretieren (da der Arbeitgeber die Arbeitsagentur beispielsweise davon unterrichtet), kannst Du wichtige Gründe anbringen, die einer Fortsetzung entgegensprechen:
ich sehr unzufrieden mit meinem aktuellen Job bin, mich das mental stresst
sollte etwas sauberer als ein zulässiger Grund formuliert werden.
Die Sperrfrist bekommst du nur, wenn das Arbeitsamt erfährt, dass du die "entfristung", was ein Wort, abgelehnt hast. Da stellst sich die Frage, wie sie das erfahren sollen.
Wenn sie es erfahren, bekommst du eine Sperrfrist. Aber! Da wir ja in einem Sozialstaat leben, wo keiner "verhungert", gehst du einfach aufs Amt und bekommst Hartz4 Satz, wenn du bedürftigt bist.
Und ja, das geht. Das hab ich auch gemacht, als ich gekündigt habe und einen Monat überbrücken musste, weil mein neuer AG nicht in die Pusche kam...
Hallo und danke auch dir für deine Antwort! Das Arbeitsamt könnte meine Ablehnung der Entfristung durch die Arbeitsbescheinigung erfahren, die beim Arbeitsamt eingereicht werden muss. Und das mit dem Sozialstaat stimmt natürlich. Ich möchte mich vorab nur informieren. Danke!
Da bin ich anderer Meinung: die Nichtannahme des neuen Arbeitsvertrags zur "Entfristung" ist nicht eine Lösung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des §159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Das befristete Arbeitsverhältnis endet regulär. Damit droht hier überhaupt keine Sperrfrist. Es gibt keine Pflicht zur Annahme eines Arbeitsvertragsangebots des Arbeitgebers.
Aber natürlich, wenn nicht Annahme des Arbeitsvertrages zu einer Arbeitslösigkeit führt.
Selbstverständlich kann ein befristeter Vertrag gekündigt werden. Z.B. 2 Monate vor Auslaufen. Die Ablehnung eines Angebot für einen unbefristeten Arbeitsvertrag zieht grundsätzlich eine Sperre von mindestens 3 Wochen nach sich. Die Agentur für Arbeit erfährt dies durch die Arbeitsbescheinigung.