Darf ein freier Mitarbeiter einfach nicht mehr erscheinen?
Hallo zusammen,
ich habe ein kleines Unternehmen und vor einigen Monaten einen freien Mitarbeiter eingestellt.
Der Dienstvertrag sieht so aus, dass der Projektumfang mit ca. 500 Stunden angegeben ist. Die Abrechnung erfolgt monatlich per Rechnung nach tatsächlichem Aufwand.
Im Vertrag selber ist die ordentliche Kündigung erst zum 01.03.14 möglich.
Nun sagt dieser freie Mitarbeiter aber, dass er ein besser bezahltes Projekt gefunden hat und auch einfach von jetzt auf gleich gehen kann, weil in dem Vertrag keine Mindestlieferung vereinbart ist.
Ich hätte ja auch keine Mindestabnahme seiner Stunden vereinbart.
Kann er wirklich einfach so gehen? Ich bin ziemlich aufgeschmissen...
Danke für eine Antwort!
3 Antworten
Für die Beantwortung der Frage müßte man den Vertrag vorliegen haben.
In der Tat kann ein unvorsichtig formulierter Vertrag dazu führen, daß ein freier Mitarbeiter Leistungen von heute auf morgen nicht mehr erbringen muß. In der Regel wird ein Vertrag jedoch
eine Zeitdauer für die Erbringung von Leistungen nennen
den voraussichtlich zu vergütenden Umfang an Leistungen nebst Vergütungskonditionen spezifizieren
und Arbeitsinhalte mit ggf. genauen zeitlichen Vorgaben und Quality Gates vereinbaren.
In diesem Fall kann der freie Mitarbeiter vor Erbringung der vertraglich zugesicherten Leistungen nicht einfach das Handtuch werfen, da die Annahme des Auftrags eine Zusage zur Erbringung der Leistungen war. Es wird eine Zielerreichung in Verbindung mit Schätzwerten für den Leistungsumfang als Vertragsinhalt vereinbart.
Sagt der Vertrag dagegen nur, daß voraussichtlich ein Umfang von max. 500 Stunden bs zum 28.02.2014 zu leisten ist und genauere Details (zeitliche Planung, Leistungsumfang und -inhalte) ad hoc abzustimmen sind, trägt der Auftragnehmer ein Risiko der Nichtauslastung durch fehlende Aufgaben. Also muß der Auftragnehmer auch andere Tätigkeiten einplanen, die für Auslastung sorgen. Es kommt nun auf die genauen Wortlaute im Vertrag an, ob der Auftragnehmer nach Ausbleiben von Aufgaben unter Berufung auf fehlende Mindestkontingente auf eine weitere Leistungserbringung komplett verzichten oder nur eine Verschiebung auf den nächstmöglichen Zeitraum vornehmen kann.
Du hast eine Zeitdauer angegeben, die Vergütungskonditionen und - was noch wichtiger ist - einen geschätzten Umfang. Es wird zwar davon gesprochen, daß die Abrechnung monatlich nach geleistetem Aufwand erfolgt, aber das betrifft tatsächlich nur die Verteilung der (ca. 500) Stunden auf die Vertragsdauer. Die Abrechnung bedeutet nicht, daß mit nur 100 Stunden Inanspruchnahme zu rechnen ist, sondern daß nur unklar ist, wie viele Stunden genau in welchem Monat mit welchen Reisekosten etc. zu leisten sind. Die ungefähr zu erwartende Summe an Stunden hast Du jedoch spezifiziert.
Der Text deutet auf ein konkretes Arbeitspaket mit ca. 500 Stunden hin. Drei Monate zu 173 Stunden kämen hin, d.h. das wäre eine Vollzeitauslastung gewesen. Wenn Du nun noch im Dezember bereits ca. ein Drittel des Kontingents abgerufen hast, dann hätte für den freien Mitarbeiter kein Grund bestanden, eine andere Beschäftigung zu suchen oder anzunehmen. Somit kann er auch nicht einfach alles liegen lassen und verschwinden. Hättest Du ihn im Dezember im Unklaren gelassen und vom Kontingent Null abgerufen, so wäre jedoch ein Anlaß gewesen, eine andere Beschäftigung zu suchen, da ja auch der Beginn im Januar unklar gewesen wäre.
Gehen wir also davon aus, daß er bereits Vollzeit im Dezember am Projekt gearbeitet hat. Folglich wirst Du ihm nun einen freundlichen Brief schreiben, in dem mit Fristsetzung und Vorbehalt von Schadensersatzansprüchen die Wiederaufnahme und fristgerechte Fertigstellung der beauftragten Arbeiten eingefordert wird.
Läuft die Frist ohne Reaktion ab, wären Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Ein Schaden ist Dir übrigens jetzt schon entstanden, da ja ggf. die fristgerechte Fertigstellung gefährdet ist und Ersatz gesucht werden muß, um potentiell einzuspringen.
Noch ein Hinweis: der Vertrag spezifiziert zwar keine konkrete Mindestabnahme einer Leistung, wohl aber "Der Umfang der Tätigkeit beträgt ca. 500 Stunden." Es wäre daher anzunehmen, daß der tatsächliche Umfang zwischen vielleicht 400 und 500 Stunden liegt (-20%). Die kurze Vertragslaufzeit deutet auch auf ein konkretes Arbeitspaket hin, das fristgerecht zum 28.02.2014 fertigzustellen ist.
Das hört sich schon mal gut an. Habe ich auch Mittel für den Fall, dass der freie Mitarbeiter unmotiviert die Stunden absitzt oder die Arbeiten zur Unzeit beispielsweise nachts erledigen möchte?
Absitzen wäre ja eine Leistungsverweigerung.
Seltsame Zeiten sollten nur dann ein Problem sein, wenn Projektgründe (z..B. Meetings) dagegenstehen.
Definiere die Dinge ergebnisorientiert. Man schätzt gemeinsam eine Teilaufgabe vom Zeitbedarf ab, dann werden in ggf. enger Abstimmunng die Leistungen erbracht und man wendet sich dem nächsten Punkt zu. Diese Vorgehensweise kannst Du insbesondere bei der Vereinbarung von Kontingenten sogar schon im Vertrag vereinbaren.
Danke für die Tipps. Das werde ich auf jeden Fall beim nächsten Mal berücksichtigen. Leider ist das Kind jetzt schon in den Brunnen gefallen und er möchte halt natürlich lieber woanders arbeiten, wo er mehr Geld bekommt. Und ich kann ihm jetzt ja als Freiberufler auch nicht vorschreiben, wann er zu arbeiten hat. Solange er die Arbeit nicht verweigert, könnte er ja beispielsweise auch Samstags und Sonntags 20 Stunden pro Tag arbeiten. Oder sehe ich das falsch?
Nicht ganz. Da er nach Aufwand abrechnet, werden Dir die geleisteten Stunden pro Arbeitstag transparent gemacht. Damit muß der freie Mitarbeiter eigentlich im Rahmen der Arbeitszeit von max. 10 Stunden pro Tag (mit Reisezeiten kann das auch mehr sein) bleiben. Er könnte jedoch Samstags und Sonntags die Leistungen erbringen oder in den Nachtstunden, wenn das Ergebnis stimmt und Du keine besonderen Anforderungen in diese Richtung hast.
"Damit muß der freie Mitarbeiter eigentlich im Rahmen der Arbeitszeit von max. 10 Stunden pro Tag (mit Reisezeiten kann das auch mehr sein) bleiben." Und uneigentlich? Ich hoffe, dass wir uns irgendwie einig werden. Nur ich will gewappnet sein, wenn er sowas versuchen möchte.
Er soll den geleisteten Aufwand pro Woche aufsummieren und Dir nennen. Dann ist es seine Sache, wann er wieviel arbeitet.
Also wenn er darauf besteht, 20 Stunden am Tag zu arbeiten, kann ich nichts dagegen machen. Richtig?
Ich wage mir jetzt nicht die Qualität der Arbeitsergebnisse vorzustellen, wenn jemand 20 Stunden am Tag wirklich arbeiten würde, aber im Grunde ist jeder für sich eigenverantwortlich. Dich als Arbeitgeber betrifft nur eine Fürsorgepficht zu einem gewissen Grad. Ich würde hier jedoch klar empfehlen, eine ergebnisorientierte Arbeitsweise und dazu eine Dokumentation zu wählen, die Dich von der Verantwortung der Arbeitszeitaufteilung freistellen.
Wenn Krankenkasse und Finanzamt eine Betriebsprüfung bei Dir machen, dann solltest Du vorsorglich schon Steuerberater, Strafverteidiger und Insolvenzrechtler parat stehen haben. Was da vereinbart wurde ist doch niemals ein Vertrag mit einem freien Mitarbeiter sondern ein getarnter Arbeitsvertrag. Ergo hast Du Dich der Hinterziehung von Lohnsteuer und Sozialabgaben schuldig gemacht.
Wenn die ordentliche Kündigung erst zum 01. 03. 14 mgöoch ist, müßte ja ein Grudn für eine ausserordentliche Kündigung angegeben sein.
Wir war die Vereinbarung zu den Stunden und zu den geleisteten Tätigkeiten.
Es ist ja wohl ein Dienstvertrag und kein Werkvertrag. War eine Mindestanzahl von Stunden vereinbart? Welche Tätigkeiten zu dem Projekt hat der freie Mitarbeiter denn übernommen?
Einfach wegbleiben, weil ein anderer besser zahlt ist nicht ausreichend.
Die Kündigung eines Vertrages zur Unzeit, oder ohne hinreichenden Grund kann Schadenersatzansprüche auslösen.
Schließlich muss nun Hals über Kopf udn zu praktisch jedem Preis ein Ersatz gesucht werden. Die Mehrkosten muss der tragen.
Dienstvertrag §§ 611 ff BGB.
fristlose Kündigung aus wichtigem Grund § 626 ist nciht gegeben.
Schadenersatzanspruch nach § 628 (2) BGB
Es muß gar keine Kündigung erfolgen, sondern wenn man in einem unvorsichtig formulierten Vertrag nur sehr lose einen Leistungsabruf darstellt, der kein Mindestkontingent und keine Maximalvorlaufzeit bis zur Erbringung vorsieht, kann der Vertrag einfach weiterlaufen und auslaufen.
Angenommen, man schließt im Juli 2013 einen Vertrag bis Ende Februar 2014 mit einem maximalen Kontingent an max. abrufbaren 100 Personentagen zu je 8 Stunden. Es tut sich nichts bis im Januar. Nun kommt der Auftraggeber und möchte Vollzeit den Auftragnehmer im Januar und Februar einbinden. Der Auftragnehmer kann hier billigerweise widersprechen und eine Vorlaufzeit von durchaus vier Wochen in Anspruch nehmen, denn es ist nicht zu erwarten, daß er auf sofortigen Abruf wartet, wenn dies vertraglich nicht so vereinbart ist. Je nach der Art des Geschäfts können sogar acht Wochen Vorlauf plausibel sein, wenn beispielsweise dafür erst Voraussetzungen zu schaffen sind.
Wir hören hier nur die Auftraggeberseite... da hört sich ein solches Problemchen immer drastisch an. Welche Grundlage genau besteht, erkennen wir nur aus dem Vertrag und der Historie.
Möglich ist alles, aber die Darstellung widerspricht m. E. dieser Annahme, denn anscheinend waren ja monatlich stunden geleistet und abgerechnet worden und nun sagt der AN einfach, ich habe was besseres und komme nicht mehr.
Natürlich hängt es von der Vertragsformulierung ab, aber wenn ca. 500 Stunden Projektumfang geplant waren und bisher erheblich weniger geleistet wurde und vor allem das Projekt nicht beendet, halt ich die Version "Kündigung durch konkludentes Verhalten" für wahrscheinlich.
Ausserdem kommt der Frager nciht umhin sich Jemanden als Ersatz zu holen.
Also den bisherigen AN schriftlich auffordern udn Schadenersatzforderung androhen. Kostet (fast) nichts, kann aber was bringen. Und eben wenn man den anderen hat, Schadenersatz fordern.
Hallo gandalf94305, ein Mindestkontingent habe ich bewusst nicht festgelegt. Ich wollte flexibel bleiben. Es gibt immer wieder Auftragsspitzen und dann auch wieder Zeiten wo gar nichts läuft.
Heißt das, ich habe Pech gehabt?
Genaues kann man nur sagen, wenn man den Vertrag kennt.
Es kommt wirklich auf die Punkte an mit den 500 Stunden für das Projekt.
Wenn der auf Abruf verfügbar sein sollte, ist er m. E. auch verpflichtet.
Ich bleibe bei meiner Ansicht ihn unter Hinweis auf möglichen Schadenersatz, aufzufordern tätig zu werden.
Danke für die Antwort.
Die relevanten Passagen im Wortlaut: " Der Dienstvertrag ist gültig vom 01.12.2013 bis 01.03.2014. [...] Der Auftragnehmer wird in folgendem Projekt tätig sein für (mich): xx Der Umfang der Tätigkeit beträgt ca. 500 Stunden. [...] Es gilt ein Stundensatz von xx EUR. Die Abrechnung erfolgt monatlich nach tatsächlichem Aufwand."
Ich habe somit eine Zeitdauer für die Erbringung von Leistungen und den voraussichtlich zu vergütenden Umfang an Leistungen nebst Vergütungskonditionen spezifiert,auch Arbeitsinhalte. Aber keine Mindestlieferung oder ähnliches.
Heißt das, er kann einfach gehen? Habe ich Schadensersatzansprüche?