Können Steuerbescheide rückwirkend in Bezug auf die Einkunftsart geändert werden?
Ich habe in 2007 einen Gewerbebetrieb gegründet und beim zuständigen Finanzamt angemeldet.
Alle Steuerbescheide bis 2009 ergingen unter Vorbehalt, weil die Gewinnerzielungabsicht noch nicht abschließend geklärt werden konnte. Lediglich der Steuerbescheid 2009 erging außerdem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Während einer kürzlich durchgeführten Betriebsprüfung erklärte der Finanzbeamte, dass die Einkunftsart als Gewerbebetrieb nicht korrekt sei, weil die Vermietung von beweglichen Sachen nach §22 Nr. 3 ESTG grundsätzlich zu sonstigen Einkünften führt.
In einem Schreiben des FA wurde mir nun mitgeteilt, dass man beabsichtige, die Steuerbescheide bzgl. der Einkunftsart für die Jahre 2007-2009 rückwirkend zu ändern. Es werden §173 Abs 1 Nr. 1 sowie §164 Abs.1 AO als Begründung herangezogen.
Aus meiner Sicht kann das FA den Bescheid 2009 mit Hinweis auf §164 Abs.1 AO ändern, weil dieser Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist.
Die Bescheide 2007/2008 können nach meiner Auffassung mit Hinweis auf §173 Abs 1 Nr. 1 nicht mehr geändert werden, weil keine neue Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt geworden sind. Schließlich habe ich im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung in 2007 klar und deutlich angegeben, dass es sich um den Verleih von Motoryachten handelt.
Liege ich mit meiner Auffassung richtig ?
Vielen Dank.
3 Antworten
Richtig, sehe ich auch so. Eine neue Tatsache ist nicht erkennbar, höchstens eine neue Wertung einer bekannten Tatsache. Das eröffnet keinen Zugang zur Korrektur des Bescheides nach § 173. Man könnte allenfalls prüfen, ob enie Änderung nach §129 in Frage kommt, aber selbst da sehe ich kaum Chancen für das Finanzamt. Kann es sein, dass sie es mal "probieren" wollen?
Außerdem frage ich mich, wieso der Steuerbescheid überhaupt geändert werden muss. Regelungsinhalt eines Steuerbescheides ist die Höhe der Steuer. Sofern die sich nicht ändert durch die Umqualfizierung der Einkünfte, betseht überhaupt kein Korrekturbedarf, selbst wenn die Einkunftsart falsch bezeichnet ist. Der EStB ist kein Grundlagenbescheid für andere Steuerbescheide wie zB Gewerbesteuer.
Und schließlich zweifle ich noch stark daran, dass die Vermietung einer Sachgesamtheit oder beweglichen Sache zu 22 Nr. 3 gehört; eher noch zu § 21. Aber es kann in diesem Falle sogar dahinstehen, ob es nun gewerbliche Vermietung ist oder nicht. Wesentlich wird dies erst im Gewerbesteuerbescheid.
Ja, das ist ein anderer Sachverhalt (Verluste).
Inzwischen sind Herr Rautenmiro und aich auch übereingekommen, dass es womöglich tatsächlich keine 21er Einkünfte sind, weil es den Yachten an einer Eintragung im Schiffsregister mangelt.
22er können es aber nur dann sein, wenn es keine 15er sind, § 15 geht vor (sie Text zu §22 Nr. 3: "..soweit sie weder zu anderen Einkünften....gehören). Es kommt hier also auf die Ausgestaltung der Vermietungstätigkeit an, ob eine Gewerblichkeit zu bejahen ist. Das müsste also geprüft werden.
Die Aussage des FAs, dass es 22er seien, ist dafür ein wenig dünn.
Und dann steht ja sowieso noch die Frage der Korrigierbarkeit nach 164ff AO.
Also meiner Meinung nach hat das FA hier ziemlich dünnes Eis.
Genau, die Eintragung ins Schiffregister fehlt und kann jetzt zwar ohne Probleme vorgenommen werden. Nachträglich ist das aber nicht mehr möglich. Das ist der Trick. Das Ergebnis der Prüfung, ob es sich nicht doch um ein Gewerbe handelt, steht noch aus. Dennoch sind die Aussichten gemischt. Es gibt zumindest ein Urteil, das mich nicht hoffnungsfroh stimmt.
Top Antwort - DH!
Sehr schöner Aufbau der Lösung.. auch wenn wir uns in einem Punkt nicht einig sind... DH
Na dann schieß los.
Siehe meinen Beitrag... das war Teil meiner StB Prüfung
Hab ich dann auch gelesen.
Ich sehe alles so wie EnnoBecker mit einer Ausnahme
Die Vermietung von beweglichen körperlichen Gegenständen ist nach § 22 Nr. 3 EStG vom Finanzamt richtig eingruppiert worden.
Meine Weisheit nehme ich aus meiner persönlichen Steuerberaterprüfung 2005/2006 wo als Bsp. ein Wohnmobil in Aufgabe 3 gennant war. War auch Kuddelmuddel mit § 21/15/ u § 22 Nr. 3.... dort habe ich noch die Musterlösung der Prüfung und die richtige Lösung war § 22 Nr. 3 EStG...
Da würde mich mal eine nachprüfbare Quelle interessieren. Eine Yachtvermietung ist sowas von 21 oder 15... jedenfalls meinem Rechtsempfinden nach.
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Wie kommen wir hier in den 22?
DH.
du liegst richtig, wenn du dir sachkundigen Rat bei einem Steuerberater holst.
Ich glaube, bei DEM Grundlagenwissen des Fragestellers ist hier der StB entbehrlich.
Vielen Dank für die konstruktive Antwort. Zu der Frage, warum das FA sämtliche Steuerbescheide ändern will, möchte ich ergänzen: In der Gründungsphase sind naturgemäß zunächst Verluste angefallen, die mit anderen Einkünften verrechnet wurden und somit zu einer Minderung der Jahreseinkünfte geführt haben. Soweit es mir bekannt ist, können bei der Einordnung nach §22 verschiedene Einkunftsarten nicht mehr miteinander verrechnet werden. Verluste können lediglich vorgetragen werden und vermindern nicht das aktuelle Jahreseinkommen. Dieser Umstand hat bei Änderung des betreffenden Steuerbescheids eine erhebliche Steuernachzahlung (+ 6% Verzinsung der offenen Beträge) zur Folge. Es handelt sich also nicht um eine rein akademische Frage.