Kann man hier §55 StPO anwenden?
Fiktives Szenario:
Einem Angeklagten wurde vor Gericht zur lasst gelegt, Drogen verkauft zu haben. Dies wurde in einem reinen Indizverfahren als schuldig abgeurteilt. Berufung wurde eingelegt, da die Anschuldigung nicht der Wahrheit entsprechen. Im Berufungsverfahren wurde ein höheres Strafmaß erwartet und während der Sitzung die Berufung zurück genommen, und aus juristisch taktischen Gründen - mit Zuspruch der Staatsanwaltschaft - das mildere Urteil aus erster Instanz 'angenommen'. Jedoch hat der nun verurteilte die Tat tatsächlich nie begangen (unschuldig verurteilt)
Nun zum wesentlichen: bald folgt eine Ladung als Zeuge, um eine Aussage gegen den vermeintlichen 'Drogenkäufer' zu machen.
Wenn der ehemalige Angeklagte und verurteilte die Tatsächliche Wahrheit sagt, dass nie ein Verkauf stattgefunden hat, dann ist es defacto ja auszulegen als uneidliche falschaussage. (aufgrund der Einlassung des Rechtskräftigen Urteils aus erster Instanz - formal betrachtet ein schuldeingeständniss?)
Desweiteren auch die Aussage: es hätte ein Verkauf von BTM stattgefunden, ist es schlichtweg gelogen. Was wiederum eine falschaussage ist.
Beide Varianten der Aussage können eine juristische Verfolgung auslösen. So zumindest meine Theorie und ich habe lange hin und her überlegt.
Vielleicht habe ich auch einen Denkfehler - aber sollte sich der Zeuge bei Fragen bezüglich dem Verkaufs von BTM, stehts auf §55 StPO berufen? Und muss man dieses auch begründen? 🤔
Mir ist bewusst dass dies keine Rechtsberatung ersetzt und im Zweifelsfall ein Anwalt der bessere Ansprechpartner wäre.
Dennoch, vielleicht gibt es unter euch kluge Köpfe die sich diesem abstrakten Denkspiel widmen möchten. :D
2 Antworten
Der Zeuge wird sich nicht auf § 55 StPO berufen dürfen. Das Verweigerungsrecht greift nämlich nicht ein, wenn der Zeuge wegen der Tat bereits rechtskräftig verurteilt ist. Dann ist eine weitere Verfolgung der Tat nämlich nicht zulässig.
Der Zeuge muss daher - wie jeder andere Zeuge auch - die Wahrheit sagen, also dass ein Verkauf nicht stattgefunden hat. Die Rechtskraft des Urteils bezieht sich nämlich nur auf den Tenor (also: Der Angeklagte wird wegen „Drogenhandels“ zu ... verurteilt“). Die Rechtskraft bezieht sich dagegen nicht auf die entscheidungsgründe.
Ich hoffe ich verstehe Deine Antwort nicht falsch. Ganz abschließend ist meine frage jedoch nicht beantwortet.
Doch hast Du und doch, ist sie.
Ich versuche es nochmal in vereinfachter Form:
Danke. Bei einfachen Gemütern wie mir hilft eine vereinfachte Darstellung immer.
Aufgrund der Annahme die Tat hätte tatsächlich stattgefunden, schon alleine durch die rückziehung der Berufung, liegt es nahe dass somit ein schuldeingeständnis stattgefunden hat.
Nein.
Es ist klar dass man für eine 'tat' nicht zweimal verurteilt werden kann.
Und weil das so ist, kann auch § 55 StPO nicht greifen.
Da dir für dein "Vergehen" Straffreiheit garantiert wird, kannst du die Aussage nicht verweigern. Du mußt "deine Wahrheit" aussagen, ganz egal, was die Gerichte in dem Hauptverfahren "festgestellt" haben.
Nebenbei: wenn ich unschuldig wäre, würde ich ein härteres Urteil in der 2. Instanz hinnehmen und weiter kämpfen!
Ein härteres Urteil in der zweiten Instanz kann es gar nicht geben.
Doch durchaus kann es das geben! Wenn Staatsanwaltschaft und Angeklagter Berufung eingelegt haben ist es durchaus möglich ein höheres Strafmaß auferlegt zu bekommen. Wenn der Richter nach Würdigung aller Beweise zu dem Schluss kommt dass ein höheres Strafmaß angemessen ist.
Ein höheres Strafmaß ist nur dann nicht möglich, wenn nur der Angeklagte Berufung eingelegt hat.
Derartige Details kannst du ja durchaus mal vorher mitteilen...
Steht in der Frage:
Im Berufungsverfahren wurde ein höheres Strafmaß erwartet und während der Sitzung die Berufung zurück genommen, und aus juristisch taktischen Gründen - mit Zuspruch der Staatsanwaltschaft.
Daraus ergibt sich aber nicht dass beide Seiten Berufung eingelegt haben. Und nur das ist relevant.
Vielen Dank für deine Antwort!
Ich hoffe ich verstehe Deine Antwort nicht falsch. Ganz abschließend ist meine frage jedoch nicht beantwortet.
Ich versuche es nochmal in vereinfachter Form:
Der Angeklagte hat die Berufung in zweiter Instanz aus taktischen Gründen zurück gezogen. Er konnte seine Unschuld offenbar dem Richter nicht glaubhaft machen.
Es kam sozusagen zu einem fehlurteil und der angeklagte wurde für schuldig befunden obwohl er die Tat nie begangen hat.
Aufgrund der Annahme die Tat hätte tatsächlich stattgefunden, schon alleine durch die rückziehung der Berufung, liegt es nahe dass somit ein schuldeingeständnis stattgefunden hat.
Gegen den vermeintlichen Käufer der btm läuft entsprechend ein Verfahren der angeklagt wird. Als Zeuge wird nun der oben genannte, zu Unrecht verurteilte, geladen der nun wahrheitsgemäß eine Aussage tätigen soll.
Es ist klar dass man für eine 'tat' nicht zweimal verurteilt werden kann.
Richter und Staatsanwalt erwarten nun sicher, dass eine belastende Aussage getätigt wird. Jedoch da die Tat in Wirklichkeit nie stattgefunden hat, wäre es eine Lüge. Und entsprechend eine uneidliche oder eidliche falschaussage. Die vermutlich zwar ohne Folgen bleibt, da von der Tat durch Annahme des Urteils ja auszugehen sei.
Sagt der zu Unrecht verurteilte jedoch die Wahrheit, dass dies nie stattgefunden hat, besteht tendenziell die Gefahr den Verdacht zu erwecken, er verübt mit der Aussage der Wahrheit eine falschaussage und läuft damit Gefahr strafrechtlich verfolgt zu werden.
Ein wichtiges Detail auch, der wegen erwerbes von btm angeklagte bleibt fester Überzeugung dabei, diese bei den oben genannten bereits verurteilten, erworben zu haben.
Es handelt sich dabei also um eine Art Lose-Lose Ausnahme Situation.