Jugendamt. Kindeswohlgefährdung. Auflage . Schwangerschaft?

6 Antworten

Liebe Julimum,

durch "Borderline" besteht erst einmal der Verdacht, dass Du größere Schwierigkeiten mit Deinem Kind haben wirst, als andere. (sicherlich kann man jetzt stundelang disktutieren, ob das legitim ist und ob man das per se unterstellen kann. Da hast Du sicherlich ein Stück weit recht. ) Doch das hat nichts mit Deiner Unfähigkeit zu tun! Du hast durch Deine Vergangenheit einfach einen größeren Rucksack, als andere Mamas. Das Jugendamt möchte Dir helfen. Denn, und da bin ich mittlerweile sehr froh drüber, es ist wirklich wissenschaftlich erwiesen, dass gerade Mama´s mit Deiner (und auch meiner Diagnose) oftmals größere Schwierigkeiten am Anfang haben. Ich arbeite selbst mit Mamas in solchen Gruppen zusammen, die mir oft davon erzählen. Diese Gruppe wurden ohne das Jugendamt organisiert. Allesamt sind das wirklich tolle! Mama´s, nur kann es eben Komplikationen geben.

Jetzt zu Deinem Fall: Du bist noch sehr jung. Deshalb wahrscheinlich diese sehr verschäften Maßnahmen. Und es klingt so, als wenn Du nach der Geburt alleinerziehend sein wirst. Dann ist es umso schwieriger.  Arbeite mit denen zusammen! Und versuch diese Hilfe wirklich als Hilfe zu sehen. Nicht als Angriff, nicht als Kritik, auch wenn es schwer ist. Natürlich ist das erst einmal komisch, vielleicht auch ungerecht, aber es geht jetzt erst einmal nicht anders. Leider kenne ich Deine Vita nicht und weiß nicht, was da im Einzelnen jetzt die Entscheidungsgrundlagen sind. Du kannst mit den Betreuern ja auch besprechen, dass Du dies, sollte es so sein, auch als zusätzliche Belastung empfindest. Ich hoffe sehr, dass dieses schon sehr enge Korsett dann bald gelockert werden kann, wenn die sehen, dass Du allein zurechtkommst. Du scheinst dem Jugendamt gegenüber sehr offen zu sein. Das ist natürlich gut, aber Du hast auch Rechte! - Recht auf Selbstbestimmung. Wie ist der Kontakt zu Deiner Mutter? Oftmals schwierig, oder gar nicht mehr vorhanden, weiß ich auch, aber vielleicht kann die Dich unterstützen...

Die Schweigepflichentbindung des Therapeuten empfinde ich persönlich schon fast als gesetzeswidrig!!. Ist aber gängige Praxis, dass weiß ich auch. :-( Das, was Du in einer Therapie erzählst, geht niemanden!, absolut niemanden etwas an. Eine Theraphie ist ein geschützer Rahmen und das sollte er auch bleiben. Bitte sprich hier ganz dringend mit Deinem Therapeuten darüber, sonst wird das langfristig zu einer Endlosschleife und kann tatsächlich böse enden (kenne einige Fälle). Sollte er darauf beharren, dann wechsel bitte den Therapeuten. Hier gibt es die zwei Jahre Sperrfrist. Nicht aber, wenn Du eine andere Therapieform wählst. Heißt, wenn Du jetzt eine Verhaltenstherapie machst, dann fang mit einer tiefenpsychologisch fundierten Therapie an. Um sofort einen Platz zu bekommen und weiterhin eine Therapie nachweisen zu können, kannst Du mit dem "neuen" Therapeuten auch erst einmal einen Antrag auf 25 Stunden stellen. Das geht in 90% der Fällen gleich bei der Krankenkasse durch. Das, was Du jetzt wirklich brauchst, ist einen fähigen Therapeuten im Rücken!! Denn wenn das Jugendamt vertrauliche Informationen Deines Therapeuten nutzt, um weiteren Druck auszuüben, ist das indisktubabel. Du kannst Dich gern auch via PN bei mir melden, falls Du Hilfe brauchst.

Ich wünsche Dir und dem kleinen Stückchen Wunder in Deinem Bauch
von ganzem Herzen alles Liebe

Herzlich




Sanja2  24.05.2017, 08:02

Was du am Anfang schreibst finde ich gut, aber an dem Punkt an dem es um den Therapeuten geht stimme ich dir nicht zu. Die Schweigepflichtsentbindung zum Therapeuten ist hier für die Fragestellerin sehr positiv einzuschätzen. Kein guter Therapeut wird deshalb die Therapieinhalte weitererzählen, es geht für das Jugendamt eher darum zu erfahren wie die aktuelle Stabilität einzuschätzen ist, wie die Prognose ist, wie schlimm die Erkrankung wirklich ausgeprägt ist, wie Therapiebereit die Fragestellerin ist. Ein guter Therapeut wird auch immer die Ressourcen und Fähigkeiten des Patienten berichten. Es spricht auch nur für die Fragestellerin das sie diese Schweigepflichtsentbindung von sich aus gegeben hat. Übrigens kann die Fragestellerin diese jederzeit wieder zurück nehmen.

Camomilla  24.05.2017, 08:14
@Sanja2

Ja, das mag sein. Hier kann man jedoch unabhängige Gutachter*innen zwischenschalten. Denn das Vertrauen zwischen Patientin und Therapeuten ist durch die mögliche Weitergabe von Informationen immer angespannt und gedrückt. Und eine Schweigepflichstentbinung hat eben seine Tücken. Aber ich sehe das ähnlich wie Du. Bis auf diesen Punkt.

Sanja2  24.05.2017, 20:25
@Camomilla

ein guter Therapeut spricht auch mit dem Klienten ab was er weitergibt. Er wird deshalb nicht lügen, aber der Klient weiß was gesprochen wird. Der Klient gibt ja auch nur die Schweigepflichtsentbindung wenn er dem Therapeuten vertraut.

Camomilla  25.05.2017, 02:35
@Sanja2

Prinzipiell stimmt das. Dennoch nicht bei einer Verhaltensstörung, die gerade darauf fußt, dass diese Menschen im Besonderen größte Schwierigkeiten mit Vertrauen haben.

Camomilla  25.05.2017, 06:00
@Camomilla

Kurzer Nachtrag: Zwei Sozialarbeiter*innen und eine feste Betreuungsperson im Jugendamt können sehr gut entscheiden, wie sich die junge Mama entwickelt. Ein Therapeut sollte ausschließlich die Aufgabe haben, sich um die "Heilung" (Erarbeitung von neuen Handlungsmechanismen) der Patientin zu kümmern. Denn schließlich soll die Julimum irgendwann auf eigenen Beinchen stehen können. Therapie ist ein geschützer Raum, der wirklich nur im absoluten Notfall geöffnet werden sollte. Dies sehe ich hier eben nicht, da das Hilfsnetzwerk drumherum sehr gut ist.

Hier haben Menschen große Sorge um dich und dein Kind. Du hast Borderline, das geht nicht einfach so weg. Die Hormone in der Schwangerschaft haben oft sehr positive Wirkungen auch auf psychische Erkrankungen, aber um so größer ist oft der Einbruch nach der Schwangerschaft. Es ist richtig, dass hier sehr genau hin geschaut wird. Ich bitte dich dringend deine Einstellung zu dem allen zu verändern. Versuch es doch mal als Hilfe zu betrachten und nicht als Kontrolle. Klar haben die Menschen die da alle so kommen sollen auch eine Kontrollfunktion, aber in erster Linie haben sie den Auftrag dir zu helfen. Du kannst dort auch von deinen Schwierigkeiten und Unsicherheiten sprechen. Das führt auf keinen Fall dazu das man dir das Kind weg nimmt. Offenheit und Ehrlichkeit führt zu Vertrauen. 

Den Kampf gegen das Jugendamt kannst du nur verlieren. Zusammenarbeit mit dem Jugendamt wird aber dir und deinem Kind viele Vorteile bringen.

ja, dass dürfen sie. 

Wenn alles gut läuft, kommen die auch bald nicht mehr 12 Std. die Woche. 

Glaube mir aber auch, dass ist gut für dich, das Kind und deinen Freund. Mit dem Kind ändert sich alles und es sind sehr große Belastungen die da auf dich zukommen. Schlafmangel, Kindergeschrei, Erschöpfung etc. Von daher lass es auf dich zukommen.

Mit Kind wird alles ganz anders und mit der Vorerkrankung sind Vorkehrungen zu treffen. 

"Geht das so einfach das sie mir die Auflage erteilen obwohl kein Grund zur kindeswohlgefährdung da ist ?"

Im Prinzip nein, in der Praxis aber eher ja.

Denn praktisch genügt es, wenn das Jugendamt zur Überzeugung gelangt ist, es läge ein Kindswohlgefährdung vor; dann dürfen die das.

Meist liegen die vom JA mit dieser Überzeugung auch richtig; ist ja deren täglich Brot.

Aber die Schwierigkeit tritt auf, wenn das JA mal irrtünlich zu der Überzeugung gelangt.

Dann werden die Eltern des Kindes, für die der Irrtum offensichtlich sein dürfte, unkooperativ gegenüber dem JA sein.

Und was folgert das JA basierend auf der Überzeugung es läge eine Kindswohlgefährdung vor daraus?

Dass die Kindswohlgefährdung noch größer ist als gedacht, weil die Eltern sind uneinsichtig und unkooperativ; was von der Erfahrung her richtig wäre, wenn tatsächlich Kindswohlgefährdung vorläge. Woraufhin den Eltern das JA als noch dümmer und ablehnenswerter erscheint, woraufhin sie noch weniger kooperieren.

Womit das ganze sich am Ende so hochschaukeln kann, dass das JA halt eine Inobhutnahme macht.

Und dann endet das ganze vorm Familiengericht; und wem glaubt das Familiengericht eher? Klar, dem Jugendamt, weil deren Einschätzung Kindswohlgefährdung ja häufig stimmt.

Und vor allem weil auch die Erfahrung mit umgekehrten Fällen existieren, wo die Eltern sich einfach konsequent weigern, die Gefährdung ihrer Kinder zu erkennen und das JA völlig zu Recht an der Sache dranbleibt.

Womit meine Empfehlung ist, das ganze nicht mit Konfrontation anzugehen, sondern möglichst mit langsamer Überzeugung, aber Bereitschaft mitzumachen. Das JA sitzt am längeren Hebel.

Z.b. sage ihnen, dass du die Auflagen zwar erstmal akzeptierst; aber sie aus deiner Sicht übertrieben erscheinen, Begründung so ähnlich wie hier geschrieben, und du es deshalb gerne sehen würdest, wenn die Auflagen so nach 1 bis 4 Monaten noch mal überdacht werden; denn es wäre ja ungeschickt, wenn so viel Arbeitsaufwand des JA ein ganzes Jahr an deinen Fall geht und es vielleicht gar nicht notwendig ist.

Die dürfen das. Die haben schneller einen Gerichtsbeschluss als du denkst.

Bei Borderline gibt es kein "war mal". Das bleibt für immer. Und ist immer eine Kindeswohlgefährdung.

Gerade bei so jungen Müttern wie Dir, sind die Auflagen, die das Jugendamt beschlossen hat, sehr sinnvoll. Auch nicht Borderliner profitieren davon sehr.

Das Jugendamt steht mit dem halben Fuss im Knast, wenn dem Kind etwas passiert, da wollen die ganz sicher sein.

carn122004  24.05.2017, 10:19

"Die haben schneller einen Gerichtsbeschluss als du denkst."

Auch wenn sie den schnell kriegen, wozu brauchen die den?

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__42.html

"

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

...

2.eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und

...

b)eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann"

Wer beurteilt, ob denn eine familiengerichtliche Entscheidung noch rechtzeitig eingeholt werden kann?

Der/die MitarbeiterIn, die vor Bergen von Akten sitzt und sich garantiert über die 0,5-2 Stunden zusätzliche Arbeit "freuen" würde, die das Erwirken einer Gerichtsenscheidung bedeuten würde, die aber sowieso wie vom JA gewünscht ausfallen würde.

Ein Gericht braucht es also nicht mal unbedingt. Die sitzen am ganz langen Hebel. Folglich ist Krieg mit denen eine ganz blöde Idee, selbst wenn die mal inhaltlich irren sollten, sofern der Schaden des möglichen Irrtums eher vorübergehend verkraftbar ist.

Menuett  24.05.2017, 13:09
@carn122004

Ja, das dürfen sie. Im Notfall.

Und wenn die Eltern dagegen sind, brauchen sie ganz schnell einen Gerichtsbeschluss.

Elternrechte sind Grundrechte, auf Dauer geht das nicht so einfach.

carn122004  24.05.2017, 14:49
@Menuett

"brauchen sie ganz schnell einen Gerichtsbeschluss."


Nein, denn es ist kein Zeitlimit angegeben zu dem ein Gerichtsbeschluss erwirkt sein muss.

In Absatz 3 steht zwar "unverzüglich", was dann mit Abs. 3 Nr. 2 auf den ersten Blick so klingt, als müssten die halt genauso wie die Polizei nach Festnahme sehr schnell dem Haftrichter darlegen muss, warum die Haft angebracht ist, dem Familienrichter eben darlegen, warum die Inobhutnahme angebracht ist.

Aber in der Praxis ist das nicht so, weil im Gegensatz zur Haft eben keine Frist ist (nach 24 h muss ja bei Haft der Richter entscheiden).

Wenn also die Kinder am Freitag um 17 Uhr in Obhut genommen werden, dann heißt unverzüglich, dass der Bearbeiter halt am Montag nach dem Kaffee um 10 die Sachen fürs Gericht zusammenschreibt, das dem Chef um 13 Uhr hinlegt, der hat sich es bis 16 Uhr durchgeschaut, legt es dem Bearbeiter mit "Ok" wieder auf den Schreibtisch, der es - da ja schon längst Feierabend ist - nächsten morgen um 10 nach dem Kaffee dann ans Gericht abschickt.

Dort wird es dann von der Poststelle nach dem Morgenkaffee am nächsten Tag an den zuständigen Richter weitergeleitet, der dann am nächsten Tag Zeit findet, es sich anzuschauen. Stellt fest, dass ihm da noch was unklar ist, schreibt ans JA zurück, die kriegen das Schreiben Freitag rein, Montag morgen liegt es dann aufm Schreibtisch, Antwort wird formuliert, die geht dann etwas schneller noch am Montag raus, und liegt Dienstag Mittag wieder beim Richter.

Der diktiert dann ne Entscheidung, die ihm am Mittwoch morgen vorgelegt wird. Dann setzt er seinen Hans drunter.

Macht also 11 Tage zwischen Inobhutnahme und der "unverzüglichen" Entscheidung des Familiengerichts.

@:alle JA- und Familiengerichtsmitarbeiter, bei denen das vielleicht etwas zackiger geht: das ist ein Beispiel zur Verdeutlichung, dass "unverzüglich" ein völlig wertloser Begriff sein kann; weil das vorher geschilderte genügt formal der Anforderung "unverzüglich" leider auch.

Und was passiert nun, wenn der Familienrichter die Inobhutnahme für unzulässig erklärt hat? Sorfortige, also diesmal in wirklichem Wortsinn, Rückgabe der Kinder, also ein JA Mitarbeiter fährt zur Pfelgefamilie, packt die Kinder ein und fährt sie zum Haus der Eltern? Nein.

Denn erstmal muss das JA nachdenken, ob und wie die Kinder möglichst schonend zurückgeführt werden können; also erstmal Eltern kontaktieren, darüber reden, Gesprächstermin, blabla, wo dann halt nochmal ein paar Tage ins Land gehen kann.

Und dann kann das JA auch auf die Idee kommen, dass ein zu schnelle Rückführung keine gute Idee ist, weil ein bischen Kindswohlgefährdung war ja doch da, die Kinder fühlen sich gerade bei der Pflegefamilie wohl und nicht schon wieder einen solchen Wechsel, etc.

Und ruckzuck sind nach rechtswidriger Inobhutnahme durch das JA die Kinder trotzdem einen Monat von den Eltern getrennt und das JA hat gegen KEIN EINZIGES GESETZ verstoßen, womit es natürlich völlig folgenlos bleibt (außer halt die JA-Leitung weiß, mit welchem Begriff der rechtswidrige Entzug der Kinder und Festhalten an einem für dei Eltern unbekannten Ort teils gegen den Willen der Kinder zu bezeichnen wäre, wenn man nicht zum Glück durch § 32 SGB VIII geschützt wäre und die JA-Leitung hat rein aus Anstand nach sowas den Daumen drauf).

Fehler ist einfach, dass dem § 42 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII ein KLARES Zeitlimit fehlt mit der Rechtsfolge bei Überschreitung der unverzüglichen Rückgabe der Kinder. Genauso wie halt bei Haft und Schlendrian der Polizei der Verdächtige 1440 Minuten nach Inhaftierung wieder rauszulassen ist.

Menuett  24.05.2017, 15:16
@carn122004

11 Tage sind schnell...

carn122004  25.05.2017, 09:31
@Menuett

Die Antwort hatte ich befürchtet. 11 Tage gelten als schnell. Die Polizei würde sich über den Standard echt freuen, der würde einige Ermittlungsverfahren und Polizeiaktionen erheblich vereinfachen.

Tja, wenn 11 Tage schnell sind, dann heißt das, dass das JA im Augenblick, wo sie der Meinung sind es läge Kindswohlgefährdung vor, problemlos den Eltern für 30 Tage oder mehr die Kinder wegnehmen können.

Und die Eltern haben absolut gar keine rechtliche Handhabe dagegen. Folglich müssen die Eltern dem JA nötigenfalls in den Allerwertesten kriechen, wenn das eben erforderlich ist, um zu vermeiden, dass sich beim JA diese Meinung ausbildet.

Denn 30 Tage Kinder weg und auf Gericht hoffen sind für Eltern 30 Tage Alptraum.

Folglich sitzt das JA am ganz langen Hebel.