Gastronomie: Sind angestellte Mitarbeiter schadenersatzpflichtig für kaputte Trinkgläser?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Deine Einschätzungen zur Arbeitnehmerhaftung sind richtig - das Risiko, daß Gläser beim Kellnern, Spülen etc. zerbrechen, ist ständig gegeben.

Grundsatz: "kann passieren" = einfache Fahrlässigkeit = keine Haftung - zudem wären das Bagatellschäden, für die ebenfalls nicht gehaftet werden müsste.

Eine pauschale Haftung ist unzulässig; der Arbeitgeber muß einer Person ein schuldhaftes Vergehen nachweisen; dann muß geklärt werden, welcher Grat des Verschuldens vorliegt.

Pauschal kann eine Haftung ebenfalls nicht geltend gemacht werden - es muß ein exakter Schadenbetrag ermittelt werden.

Die Mitarbeiter sollen sich auf keinen Fall darauf einlassen, irgendwelche Beträge zu zahlen; vor allen Dingen sollten sie keine Individualvereinbarung unterschreiben, daß man mit der Haftung einverstanden wäre...

Sollte rechtswidrig etwas vom Gehalt abgezogen werden, dann ist das schriftlich nachzufordern und ggf., bei Nichterstattung, vor dem Arbeitsgericht einzuklagen.

Wenn der ArbG keine entsprechenden zumutbaren Versicherungen hat (dazu ist er im Rahmen der Schadensminimierung grundsätzlich verpflichtet) dann scheidet ggf. sogar ein Haftungsanspruch auch über die leichte Fahrlässigkeit aus, bzw. vermindert den Anteil, den ein ArbN ggf. zahlen müsste.

DerSchopenhauer  17.09.2015, 09:02

Der Hinweis auf die Versicherung geht über den Fall hier hinaus und ist nur ein allgemeiner Hinweis, daß fehlende Versicherungen sich positiv bzgl. der Haftung der ArbN auswirken...

DerSchopenhauer  17.09.2015, 09:08
@DerSchopenhauer

Noch ein allgemeiner Hinweis:

Auch das bisherige Verhalten, Dauer der Betriebszugehörigkeit etc. des ArbN spielt bei der Arbeitnehmerhaftung eine Rolle - natürlich ist auch das Gehalt von Bedeutung...

Nur auf den Grat des Verschuldens abzuzielen würde nicht reichen...

SteHa1983 
Beitragsersteller
 17.09.2015, 12:14
@DerSchopenhauer

Vielen Dank für die Bestätigung - es war nicht einfach in der Diskussion einen sachlichen (rechtskonformen) Standpunkt zu vermitteln, da die Sache doch sehr polarisiert und auch emotional betrachtet wird...

Es bleibt allerdings zu befürchten, dass die Mitarbeiter das dennoch so akzeptieren müssen / werden oder andernfalls über kurz oder lang ihren Job los sind, Gastronomie ist traditionell eine ganz extreme Ellenbogenbranche und es ist klar wer am längeren Hebel sitzt. An sich sehr bedenklich, wenn man eigentlich recht hat, es sich aber nicht "leisten" kann.

Ich vermute fast das ist so ein "ich versuchs jetzt mal und mache Druck, weiß aber dass es nicht legitim ist"-Ding. Wer dann zahlt ist praktisch selber schuld - unterschrieben wurde da meines Wissens nichts. Gibt es dazu vielleicht einen BAG-Fall aus der Rechtssprechung den man zitieren könnte, bzw. in welchem Paragraphenkreis bewegt sich das, §254 bzw. 276 und...? Für mich als nicht-Juristen ist es schwierig zu erfassen, da hier BGB-Einzelgesetze auch auf den Bereich Arbeitsrecht im speziellen Anwendung finden, es ist anscheinend nicht separat geregelt?

Vielleicht kann man die betroffenen Mitarbeitern ein wenig ermutigen und dem Lokalbetreiber mit einem greifbarem Beispiel klar machen dass das so nicht korrekt läuft. Manchmal macht man es mit dem Reden aus :-)

DerSchopenhauer  17.09.2015, 13:46
@SteHa1983

Hier noch Infos mit §§:

http://www.bartsch-rechtsanwaelte.de/media/docs/rm/arbeitnehmerhaftung.pdf

"andernfalls über kurz oder lang ihren Job los sind"

Ich denke, Du gibst mir Recht, daß das kein Argument sein kann - dann müsste man sich ja alles gefallen lassen - bei einer Kündigung kann hier schnell ein direkter Zusammenhang gesehen werden - da reagieren Arbeitsgerichte sehr empfindlich darauf - auch bei MA eines Kleinbetriebes wirkt ein Mindestkündigungsschutz - und der wäre unter diesen Voraussetzungen verletzt...

Das Ganze hat zudem auch etwas mit Selbstachtung zu tun...

SteHa1983 
Beitragsersteller
 17.09.2015, 19:47
@DerSchopenhauer

Nochmal danke - das ist eine recht treffende Zusammenfassung zum Thema. Manchmal wünsch ich mir ein Jurastudium :-)

Sehr treffend formuliert, und doch ist die Arbeit gerade im Gastronomiebereich zu Mindestlohn ein echter Knochenjob, noch dazu in den allermeisten Fällen im Service auf Geringverdiener- / Aushilfsbasis.

Wer es da länger aushält, dem bleibt oft nicht allzu viel Platz für Selbstachtung, denn dann wird meist wirklich das Geld gebraucht. Leider ist man dabei trotzdem relativ austauschbar (meinen viele Lokalbetreiber, gutes Personal für Küche und Service zu finden ist extrem schwierig geworden, meiner Meinung nach). Ich befürchte ja, dass sich die Damen und Herren viel zu viel gefallen lassen, warum auch immer. Da werden Vorschriften teils schon enorm gebogen bis es passt, oft zum direkten Nachteil des Personals, zum Beispiel Ruhe- und Pausenzeiten. Hohe Fluktuation ist auch ein Anzeichen, wie ein Haus geführt wird... Die die bleiben mucken in der Regel nicht (mehr) auf oder sind auf das Einkommen angewiesen.

Wenn es bei einer Weigerung zur Zahlung kaputter Gläser nicht die Kündigung ist, die man in der Tat in direkten Zusammenhang bringen könnte, dann gibt es genug Mittel und Wege um Querulanten so kontinuierlich zu drangsalieren bis sie "freiwillig" gehen, das geht schon mit der Schichtverteilung und dem zwischenmenschlichen Umgang an. Auch kennen sich die Lokalbetreiber "am Ort" so ziemlich alle, wir sind hier eher ländlich geprägt, so dass man in der Branche dann auch gar nicht mehr Fuß fasst ohne weiter weg zu fahren. Es ist einfach ein heißes Eisen, deswegen auch mein Vermerk dass es schon kontrovers und auch emotional diskutiert wurde.

DerSchopenhauer  17.09.2015, 23:41
@SteHa1983

Nun - ich kann Deine Argumente durchaus nachvollziehen - es liegt in der Natur der Sache, daß Recht durchsetzen gelegentlich auch mit eigenen, oft finanziellen, Nachteilen verbunden sein kann - hier muß jeder einzelne für sich selbst entscheiden, ob er seine Selbstachtung über Bord wirft; wer Unrecht dauerhaft hinnimmt schadet allerdings auf Dauer allen ArbN - wenn sich jeder ArbN wehren würde, käme kein ArbG mehr auf die Idee sich rechtswidrig zu verhalten, denn er würde kein Personal mehr finden - denn das ist genau die Intention gewisser Arbeitgeber - sie wissen, daß sie immer wieder jemanden finden, den sie ausnutzen können...

Wenn man einmal davon ausgeht, daß der ArbG sich nicht bereichern möchte, sondern er durch die Schadenersatzleistung die Aufmerksamkeit des ArbN erhöhen möchte, daß möglichst wenig Bruch entsteht, dann könnte man versuchen einen Kompromiss zu vereinbaren.

Analog zum Mankogeld könnte der ArbG ein "Bruchgeld" zum Gehalt zahlen - der ArbN muß dann bis zur Höhe des Bruchgeldes für die von ihm verursachten zerbrochenen Gläser haften (unabhängig vom Verschulden) - das würde bei einem ArbN zu einer größeren Umsicht im Umgang mit den Gläsern führen - wenn er kein oder nur wenig Bruch produziert, dann ist das verbleibende Bruchgeld eine zusätzliche Prämie, für achtsames Arbeiten...

Das würde dem Wunsch des ArbG nach mehr Aufmerksamkeit, und einer damit verbundenen Schadensminimierung auch entsprechen und wäre aus meiner Sicht ein fairer Umgang miteinander.

Hallo, die Frage lässt sich einfach beantworten, NEIN! Kaputte Gläser oÄ muss kein Angestellter ersetzen. Gewinn und Risiko trägt der Unternehmer!

Hefti15  17.09.2015, 01:08

Eigenwillige Antwort. Also, der Angestellte / Arbeitgeber kann im Betrieb "munter" alles zerstören? Ist das Risiko des Arbeitgebers?

So einfach ist die Sache sicher nicht.

AlderMoo  17.09.2015, 01:22
@Hefti15

Mitarbeiter sind nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz regreßpflichtig. So einfach ist das!

Deine Einschätzung ist korrekt.

Ich kenn das aus dem Wachdienst, in Bezug auf Schlüssel. Dafür schließt der AG eine Versicherung ab, die für eine eventuellen Verlust oder Beschädigung aufkommt. Für deinen Fall gilt natürlich das Gleiche, der Kneipier kann den Schande nur bei grober Fahrlässigkeit auf die Angestellten abschieben, und auch dann nur mit dem tatsächlichen Schaden

3 bis 4 Euro sind völlig überzogen.

Hab da noch eine Link gefunden, der da weiter helfen dürfte, auch wenn das nicht ganz deinem Beispiel entspricht.

http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-04/arbeitsrecht-haftung-arbeitnehmer

Er darf er die Kosten nicht an die Mitarbeiter weiter geben. Allerdings finde ich das nicht so schlimm, weil die Menge An Geschirr die in der Gastronomie kaputt gehen sind schon beachtlich und das liegt einfach daran dass die Mitarbeiter fahrlässig damit umgehen. Wenn man selbst in die Tasche greifen muss, denkt man 2 mal drüber nach ob ein Tablett mit Gläsern mehr als 2 cm Auflagefläche braucht bevor man es irgendwo drauf stellt.

Die Gläser werden in der Regel von der Brauerei gestellt. Der Typ will sich scheinbar an seinen Mitarbeiter gesundstoßen.

Armseelig.

SteHa1983 
Beitragsersteller
 17.09.2015, 01:15

Das Lokal ist brauereifrei - unabhängig davon verlangen die Brauereien inzwischen häufig auch schon einen Obolus für Gläser, und es ist ein eher gehobenes Restaurant, also durchaus nicht nur Bierhumpen im Einsatz (die ja eh recht stabil sind).

AlderMoo  17.09.2015, 01:18
@SteHa1983

Das unternehmerische Risiko (dazu gehört auch der Einsatz von schnellebigen Betriebsmitteln) tragen nicht die Mitarbeiter mit. Sie werden ja auch nicht am Gewinn beteiligt.

SteHa1983 
Beitragsersteller
 17.09.2015, 01:21
@AlderMoo

Der Meinung bin ich grundsätzlich ja auch - mir hat unter anderem auch die Dame im Service leid getan... Deswegen suche ich maßgeblich nach stichhaltigen Beweisen / verwertbaren Belegen dafür dass die Nummer nicht ganz koscher ist ;-)