Erwerbsminderungsrente, 36/18 Prozent des letzten Bruttos?
Hey Community,
hab ne Frage zur Erwerbsminderungsrente. Man unterscheidet ja zwischen der vollen EWR und der halben EWR. Bei der vollen erhält man im Falle der Erwerbsminderung 36 Prozent des letzten Bruttos und bei der halben 18 Prozent.
Verdient man nun 2.000€ netto, so hat man Brutto circa 3500€ bei Steuerklasse 1
So würde man also 1260€ EWR erhalten, wenn man die volle EWR bekommt. Gehen von diesen 1260€ anschließend noch Steuern oder sonstige Abgaben ab oder habe ich dann wirklich die 1260€ auf dem Konto?
Ziel ist es die Versorgungslücke zu errechnen um zu schauen wie viel man durch eine zusätzliche private BU abdecken müsste um die Lücke zu schließen.
Ich hoffe ihr könnt mir helfen.
5 Antworten
Die EMR wird wie jede andere Rente behandelt. Sie ist nach § 22 EStG unter Sonstige Einkünfte zu finden. Also voll steuerpflichtig. Da gilt auch nicht die Ertragsteilbesteuerung bei verkürzten Leibrenten, da da der Verweis auf § 55 EStDV fehlt. Wurde auch schon mal erfolglos geklagt.
Am einfachsten ist, du nimmst einen der zahllosen Lückenrechner im Internet.
Die Faustregel gilt (leider) noch immer, dass man 1.000 Euro absichern soll. Das ist die Differenz zwischen aktuellem Nettoeinkommen und der vollen EMR. Circa. Plusminus.
Man kann auch die halbe EMR nehmen. Es kommt eben immer drauf an, was man selber meint. Die einen sagen, nimm die voll EMR, da bei der halben sowieso ein 450 Euro-Job dazukommt und dann ist man wieder beim Betrag, den man durch die volle EMR bekommt.
In der Realität setzen aber zum einen die Gesellschaften einen Riegel vor (die erlauben die Absicherung nur bis zu einem Grad des aktuellen Nettos), zum anderen aber die finanziellen Möglichkeiten.
Bei der vollen erhält man im Falle der Erwerbsminderung 36 Prozent des letzten Bruttos und bei der halben 18 Prozent.
Das sind Näherungswerte, kommt aber in etwa hin.
Gehen von diesen 1260€ anschließend noch Steuern oder sonstige Abgaben ab oder habe ich dann wirklich die 1260€ auf dem Konto?
Das ist die Bruttorente, von der werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen (etwa 10%).
Die Rente ist in Teilen steuerpflichtiges Einkommen (abgekürzte Leibrente). Die Steuern werden nicht abgezogen, sondern sind im Rahmen der Einkommensteuererklärung festzusetzen. Es herrscht bei Rentenbezug Abgabepflicht.
Ziel ist es die Versorgungslücke zu errechnen um zu schauen wie viel man
durch eine zusätzliche private BU abdecken müsste um die Lücke zu
schließen.
Ca. 80% vom Netto sind Versorgungslücke.
Dazu ein paar wichtige Hinweise:
- Eine Berufsunfähigkeit ist noch keine Erwerbsminderung. Nur weil eine Versicherung die BU nach ihrer Defintion festgestellt hat und die Rente zahlt, heißt das nicht, dass die DRV auch eine Erwerbsminderung feststellt.
- Die BU-Rente ist daher stets für den Worst-Case zu kalkulieren. Es gibt kein gesetzliches Bereicherungsverbot bei der BU-Absicherung. Im Best-Case hat man aus BU-Rente und EM-Rente mehr Netto als vorher.
- Die Ermittlung der Versorgungslücke ist Teil der Beratung und Bedarfsanalyse bei jedem guten Versicherungsvermittler oder -makler. Letzterer hat ein großes Angebot in Frage kommender Versicherer und steht auch rechtlich auf deiner Seite.
- Übersehen wird auch gerne mal die Versorgungslücke im Krankheitsfall. Nach 6 Wochen ist der Arbeitgeber raus aus der Nummer und es gibt Krankengeld. Dies ist aber deutlich niedriger als das Arbeitseinkommen und unterliegt ferner dem Progressionsvorbehalt. Diese Lücke sollte durch ein privates Krankentagegeld geschlossen werden.
- Es gibt auch formale Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente. 60 Beitragsmonate und 36 Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren vor Antragsstellung. Ansonsten scheitert der Antrag schon daran, auch wenn rein medizinisch eine EM vorläge (§ 43 SGB VI). Damit wären wir wieder beim Worst Case!
Interessanterweise wird den Jungfachmännern noch immer das Bereicherungsverbot gelehrt.
Es steht ja auch eins im § 200 VVG, der bezieht sich aber auf die Krankenversicherung, nicht die BUV, de facto am ehesten also auf das private Krankentagegeld.
Vielen Dank für die tolle Antwort. Bedeutet also von den 1260€ gehen dann nochmal ca. 10 Prozent weg, so dass man dann also ca. 1134€ erhält. Somit wäre die Versogungslücke in meinem Beispiel: 1600 - 1134 = 466€. Diese müsste man dann also per BU auf jeden Fall absichern. Das BU und EW nicht dasselbe sind ist mir bewusst. Es geht hier um eine Präsentation in der ich das ganze vereinfacht Veranschaulichen möchte um die Wichtigkeit einer BU Versicherung zu verdeutlichen.
10% + Steuern!!!
Diese werden nur nicht an der Quelle abgezogen wie vom Arbeitslohn sondern im Einkommensteuerbescheid festgesetzt und sind dann fällig.
Eine BU-Rente unter 1.000,- € p.M. abzuschließen, ist eine Falschberatung und wird KEIN seriöser Makler oder Vermittler eingehen.
Tritt nämlich der Worst Case ein und man hat eine BU-Rente von z.B. 750,- € vereinbart, landet man aufstockend in Hartz IV oder Grundsicherung.
In dem Fall hätte man sich die Beiträge komplett sparen können und der einzige der was davon hatte, war der Vermittler und der Steuerzahler, der eben etwas weniger aufstocken muss.
Wenn du eine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung bekommst, sieht die Berechnung etwas anders aus.
Eine Rente wird aus dieser Formel berechnet:
Monatliche Rentenhöhe = Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x Aktueller Rentenwert x Rentenartfaktor
Bei einer vollen EM-Rente liegt der Rentenartfaktor bei 1 und bei einer teilweisen EM-Rente bei 0,5.
Die Rente wird hier nicht aus deinem letzten Verdienst berechnet, sondern aus den Entgeltpunkten, die du bereits erzielt hast. Somit aus dem versicherungspflichtigen Einkommen deines ganzen Lebens.
Genauere Infos findest du hier: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/05_Kurz_vor_und_in_der_Rente/01_Kurz_vor_der_Rente/04_wie_sich_die_rente_berechnet/wie_sich_die_rente_berechnet_node.html
Die Rentenformel ist mir bekannt, jedoch lese ich überall, dass man 36/18 Prozent des letzten Bruttos erhält.
Ich weiß zwar nicht, wo du das gelesen hast. Aber wenn du eine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung bekommen solltest, hat das nichts mit deren Berechnung zu tun. Dort verwendet man ausschließlich die Rentenformel.
Das ist eine kurze Möglichkeit der Berechnung. Genauer gehts dann eben mit der Formel. Aber um das mal schnell im Kopf auszurechnen, geht der Wert auch.
Dem würde ich nicht zustimmen. Denn hätte ein Versicherter zuletzt nur einen geringen Verdienst gehabt, aber 20 Jahre zuvor sehr viel verdient, entspricht diese Berechnungsart nicht mal ansatzweise seiner Rentenhöhe.
Für 80% stimmts aber. Und nicht umsonst ist das nur eine Näherung. Und jeder mit etwas gesundem Menschenverstand wird auch selber draufkommen, wenn es da seit kurzem eine große Einkommensänderung gab. Egal in welcher Richtung.
Nein, deine Rechnung kann oder kann nicht stimmen. Die Rente wird nicht aus dem letzten Bruttoverdienst ermittelt, Wenn nur eine kurze Beitragszahlung oder viele Anrechnungszeiten in deinem Versicherungsverlauf bestehen, dann kann man diesen Richtwert der groben Rentenberechnung total vergessen. Fordere von deiner zuständigen DRV eine aktuelle Rentenberechnung für eine EM Rente an. Dann hast du alle benötigten Daten!
Hallo turnmami,
du hast natürlich recht, es ist aber in der Individualversicherung erlaubt diese "Nährungswerte" zu nutzen. Natürlich legen wir als Makler immer Wert darauf die Renteninformation des Mandanten vorgelegt zu bekommen. Was aber tun, wenn sie noch keine 27 sind oder gar die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt ahben. Deshalb die Nährungswerte, diese sind in der Regel auch noch sehr positiv gerechnet, da, wie du schon geschrieben hast, die Entgeltpunkte entscheidend sind.
Hi Dickie5! Eine Rentenauskunft würde man auch vor 27 bekommen. Sobald die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, bekommt man -natürlich nur auf Anfrage- eine Rentenauskunft.
Hallo bigftkiler,
Sie schreiben unter anderem:
Erwerbsminderungsrente, 36/18 Prozent des letzten Bruttos?Antwort:
Diese Art von Berechnungen sind grobe Richtschnur!
Jeder Einzelfall ist anders!
Wer vor dem diversen Renteneintrittsalter die Erwerbsminderungsrente in Anspruch nimmt, muß mit lebenslangen Abzügen von bis zu maximal 10,8 % rechnen, hinzukommen die Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung und ggf. Steuern!
Auszug siehe die Details ab Seite 24 der o.a. DRV-Broschüre:
Rente schon in frühen Jahren – Zurechnungszeit und Abschläge
Beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit
Konrad
Interessanterweise wird den Jungfachmännern noch immer das Bereicherungsverbot gelehrt. Obwohl das noch nie stimmte. Und auch die Lebenspezialisten müssen da erst mal nachfragen, wenn man die drauf anspricht.
BU ist eine Summenversicherung und zahlt das aus, was vereinbart wurde.
Was dann evtl. der Staat macht ist aber wieder eine andere Sache....