Darf mein Neffe (17) auch gegen den Willen seiner Eltern bei uns leben (Tante + Lebensgefährte)?
Natürlich denkt man bei dieser Frage als erstes an den Gang zum Jugendamt.
Nur möchten wir damit nicht evtl. etwas auslösen, was der junge Mann auf keinen will.
Er hat nämlich Angst, dass durch seinen Gang zum Jugendamt auch seine Stiefgeschwister aus der Familie genommen werden, was diese auch nicht wollen. Denn die Verhältnisse lassen schon seit vielen Jahren zu wünschen übrig und auch das Jugendamt steht bereits seit Jahren in Kontakt mit der Mutter. Nur leider lehnt sie jede weitergehende Hilfe ab.
Und wir wissen leider auch nicht, ob wir ihm hier ein neues zu Hause garantieren können (aus rechtlichen Gründen, Entscheidung Jugendamt /Familiengericht), auch wenn wir es ihm noch so gerne garantieren würden. Die entsprechenden Gedanken dazu haben wir uns schon lange gemacht und sind uns auch absolut darüber bewusst, dass wir uns damit einer großen und verantwortungsvollen Aufgabe stellen.
Leider ist unser Verhältnis und auch das Verhältnis zu den Großeltern aufgrund von ständigen Hilfeversuchen, die von den Eltern lediglich als Angriffe gegen sie gewertet werden, auch sehr schlecht. Aber hier fühlt er sich wohl, sicher und ernst genommen und ist wann immer er darf, in den Ferien oder am Wochenende, hier. Leider sind er und wir da immer auf die derzeitige Laune seiner Eltern uns gegenüber angewiesen.
Es geht ihm aus folgenden Gründen schon lange nicht mehr gut zu Hause:
So lange er denken kann, kommt es schon zu außerordentlich schweren Auseinandersetzungen zwischen seiner Mutter und sämtlichen Lebensabschnittsgefährten, welche auch immer wieder körperlich wurden und dann auch nicht selten zu Polizeieinsätzen geführt haben.
Zu Hause herrscht oftmals eine sehr angespannte Stimmung, welche sich wohl durch verbale Auseinandersetzungen zwischen der Mutter und ihren drei Kindern (Stiefgeschwister) begründet.
Er fühlt sich oft alleine, weil er den ständigen Auseinandersetzungen durch den Rückzug in sein Zimmer versucht zu entgehen.
Er wird durch häufige Wohnortwechsel immer wieder aus dem Kreis seiner Vertrauten gerissen.
Das Verhalten seiner Mutter und die Haushaltsführung lässt seiner Meinung nach Besuche von Freunden nicht zu.
Wir würden nun gerne seinem absoluten Wunsch erfüllen, hier bei uns zu leben. Und würden auch gerne dann sämtliche Verantwortung (Erziehung, Verpflegung, Wohnraum und Zeit) für ihn übernehmen. Nur kann das Jugendamt dem auch gegen den Wunsch der Eltern zustimmen, oder besteht dann für ihn die Gefahr ggf. in eine Pflegefamilie oder in einem Heim untergebracht zu werden?
Und an welche "Adressen" kann man sich sonst noch wenden, um kompetente Auskünfte dazu zu erhalten?
Für kompetente Auskünfte und Hilfreiche Tipps wären wir sehr dankbar.
3 Antworten
Er hat nämlich Angst, dass durch seinen Gang zum Jugendamt auch seine Stiefgeschwister aus der Familie genommen werden, was diese auch nicht wollen.
Die Sorge ist berechtigt. Allerdings könntet ihr es auch so machen, das ihr die Tatsache das das Jugendamt darin schon involviert ist nutzen. Er ist der jenige um dessen wohl es geht und dessen wunsch muss mit berücksichtigt werden. Er soll beim Jugendamt mal vorbei gehen und die Idee als einen Lösungsweg vortragen, nicht als beschwerde. Wenn du willst kannst du ihn auch dabei begleiten und dem Amt bestätigen, das du bereit wärst bist zu dseiner Selbstständigkeit die verantwortung zu übernehmen.
Ihr könntet, so fern es stimmt, damit Argumentieren, das es die Situation im Haus der Mutter etwas entspannen kann. Da er 17 ist, ist es für das Jugendamt vielleicht auch etwas leichter da, es recht wenig kosten dadurch hat und die Zeit in der es mit ihm noch zu tun hat nicht mehr lang ist.
Es müsste Theoretisch nur übers Jugendamt vom Vormundschaftsgericht das Sorgerecht auf euch übertragen werden und somit auch der Anspruch auf sein Kindergeld. Vielleicht kann man das Amt auch umgehen und sich direkt ans Gericht wenden, aber das weiß ich nicht.
damit ein Sorgerecht "übertragen" werden kann, muss es zuvor "entzogen" werden...
Ok, auf Sorgerecht mag es dann zutreffen, aber es gibt sicher auch zwischen Lösungen. Denn so lange das Kind im Heim ist, bleibt doch das Sorgerechht dennoch bei dem Jeweiligen Elternteil, nur das Aufendhaltsbestimmungsrecht ändert sich dabei, oder sehe ich das Falsch. Letztlich muss das Jugendamt auch den Wunsch des Kindes, na ja eigendlich fast erwachsenen, berücksichtigen.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teil des Sorgerechtes. Angenommen ein Kind wurde in Obhut genommen (weil eine akute Gefährdung vorlag), muss das Jugendamt möglichst schnell danach ein Gespräch mit den Eltern führen um sich das Einverständnis dieser einzuholen bzw. einen Antrag von diesen, auf "Hilfe zur Erziehung" - oft in Form von "Heimerziehung" - gem. §34 SGB VIII. Dann behalten die Eltern das Sorgerecht (inklusive also Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Gesundheitssorge etc, etc.).
Stellen die Eltern keinen Antrag - stimmen also nicht zu, bekommt das Jugendamt diese Einverständniserklärung also nicht und ist damit gezwungen (bei also der vorliegenden akuten Kindeswohlgefährdung) beim Familiengericht den Entzug/Übertragung zu beantragen - eben um für das Wohl des Kindes handeln zu DÜRFEN. I.d.R. - ja, wird vom Richter dann zunächst nur die Aufenthaltsbestimmung, u. vielleicht Gesundheitsfürsorge, etc. entzogen/übertragen - also nur TEILE des Sorgerechtes.
Ja, das Jugendamt muss den Wunsch des Kindes berücksichtigen und tut das auch. Aber wenn keine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt, fehlt dem Jugendamt die rechtliche Grundlage GEGEN den Willen der Sorgeberechtigten handeln zu können. Das Jugendamt kann also noch so viel Verständnis für den Jugendlichen haben - und seinen Willen noch so sehr berücksichtigen, die Sorgeberechtigten stehen (wenn aus fachlicher Sicht keine akute Gefährdung vorliegt) ÜBER dem Jugendamt.
Also auch die Aufenthaltsbestimmung kann, da es ein Teil des Sorgerechtes ist, NUR von einem Gericht entzogen/übetragen werden.
Und wenn er einfach von sich aus weg bleibt, oder Ausziehen tut? Passiert ja normalerweise, wenn ein Kind in Lehre geht, oft.
Wenn ein Teil des Sorgerechtes entzogen wurde und ein Kind in Pflege ist, müste ja auch das Kindergeld entzogen werden oder? Denn das Kind ist in dem Fall ja nicht mehr in der Obhut des eigendlichen Sorgeberechtigten.
Ja, wenn ein Kind in Pflege ist - WEIL die Sorgeberechtigten einen entsprechenden Antrag gestellt haben, oder eben (bei Entzug) der Pfleger/Vormund des Jugendamtes, geht das Kindergeld ans Jugendamt/Pflegefamilie.
Wenn er einfach weg bleibt - und die Sorgeberechtigten sich darüber nicht beschweren, aber auch nicht zustimmen, "dann ist das so" - ja, - ist ja aber hier nicht gefragt worden :) bzw. offensichtlich hat "Licht22" dabei kein gutes Gewissen auf Dauer. Spätestens wenn noch irgendeine wichtige Entscheidung ansteht, wirds schwierig ohne die Unterschrift der Sorgeberechtigten /bzw. eine Vollmacht von diesen.
In einem solchen Fall, wo "das einfach so ist " hat die eigenmächtig erklärte "Pflege"-Familie natürlich auch keinen Anspruch auf das Kindergeld.
Auch Letzteres wäre natürlich zu regeln - ganz ohne Jugendamt und ohne Gericht - wenn die Sorgeberechtigten zustimmen und man das untereinander bespricht.
Es braucht das Einverständnis der Eltern bzw. der Sorgeberechtigten, da gibt es keinen Weg drum herum. Auch das Jugendamt braucht das Einverständnis der Sorgeberchtigten - wie du ja schon daran siehst, was du oben beschrieben hast: Das Jugendamt ist seit längerem mit der Mutter in Kontakt - aber sie lehnt alle Hilfsangebote ab. Dann kann auch Jugendamt erstmal nix machen - es sei denn die Umstände werden so gravierend dass eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt.
Um ansonsten gegen den Willen der Eltern handeln zu können, braucht das Jugendamt das Sorgerecht - es muss also einen Entzug des Sorgerechtes beim Familiengericht beantragen. Diese Mühe macht sich das Jugendamt natürlich nur, wenn entsprechend ausreichende Gründe vorliegen, denn, wenn die Chance bestehen soll, dass der Richter das Sorgerecht entzieht, müssen schon wirklich extrem krasse Gründe vorliegen- insbesondere bei einem schon 17jährigen ! (deutliche psychische u. körperliche Gewalt, absolute Vernachlässigung etc.).
Natürlich hätte das Jugendamt anschließend auch die Pflicht zu überprüfen ob der Neffe bei euch bleiben kann - bzw. würde das schon innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens passieren. Aber da würde dann schon kein Drama mehr draus gemacht werden - zumal es sowieso nur noch um ein Jahr ginge und er mit 17 schon ein sehr deutliches Mitspracherecht hat - bzw. sowieso NIchts gegen seinen Willen gemacht werden kann - daher bräuchtet ihr sicher keine Sorge zu haben, dass er in eine Wohngruppe kommt.
Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass, nach dem was du hier beschreibst, ein Familienrichter den Eltern das Sorgerecht entziehen wird (insbesondere bei einem 17jährigen).
Die größere Chance wäre da sicherlich eher noch, die Einwilligung auf dem außergerichtlichen Weg zu holen:
- Entweder durch ein gemeinsames Gespräch beim Jugendamt oder (da ihr das ja nicht wollt und natürlich auch erstmal, für die Mutter, einen eher weniger freundlichen Eindruck machen wird).
- Durch ein gemeinsames Beratungsgespräch /Vermittlungsgespräch in einer Familienberatungsstelle (gibts wie Sand am Meer - einfach für deinen Wohnort googeln). Dies ist dort auch anonym möglich.
- Beides wären auch Adressen sich z.B. mal telefonisch dazu beraten zu lassen - bei beiden Stellen anonym möglich.
Wenn das geschafft ist - können die Sorgeberechtigten euch für das restliche, verbleibende Jahr, noch eine Vollmacht ausstehen (sie behalten weiterhin das Sorgerecht!), damit ihr im Alltag wichtige Entscheidungen noch für ihn treffen könnt.
Darf mein Neffe (17) auch gegen den Willen seiner Eltern bei uns leben (Tante + Lebensgefährte)?
nein entweder warten bis er 18 ist oder zum jugendamt was anderes geht nicht.
Dass das Jugendamt eingeschaltet werden muss, ist schon klar. Nur würden wir gerne die Gefahr ausschließen, dass er dann ggf. in eine Pflegefamilie kommt und nicht zu uns. Und dass seine Geschwister deswegen auch aus der Familie genommen werden. Kann das passieren?
das könnt ihr nicht ausschließen seid ihr als pflegefamilie eingetragen? ich denke mal nein somit kommen alle kinder erstmal ins heim dann müsst ihr antrag auf pflege stellen was ungefähr sagen wir ca 1 jahr dauert.
ja das kann passieren das das jugentamt gleich alle kinder mitnimmt.
@ Licht 22: Das Jugendamt "MUSS" nicht unbedingt eingeschaltet werden - nur wenn es auf allen anderen Wegen (z.B. Beratungsstelle und Mediation - siehe meine Antwort) zu keiner einvernehmlichen Lösung mit den Sorgeberechtigten kommt. Falls man sich mit Hilfe einer außenstehenden Fachkraft (Mediatorin etc.) einigen kann, stellen die Sorgeberechtigten euch eine Vollmacht aus und fertig. Da bekommt das Jugendamt (und auch das Gericht) überhaupt nix von mit...
Ja und genau das "nur" ist das Problem: So einfach ist es leider nicht, damit ein Sorgerecht "übertragen" werden kann, muss es zuvor "entzogen" werden... und dafür muss einiges vorliegen - gerade heute, wo das "Elternrecht" eine nette Stärkung erfährt...