Kann ein der Verkauf eines Wikifolios (99% Totalverlust) bei der Erstattung von Abgeltungssteuer steuerlich geltend gemacht werden?
Hallo,
Ich habe gestern ein Wikifolio verkauft nachdem ich keine Hoffnung mehr hatte, das es zukünftig wieder steigen wird.
Der Gesamtwert des Wikifolios belief sich dabei beim Kauf auf 26.322,72 €, verkaufen konnte ich das Wikifolio nur noch für 2,56 €; es entstand ein Totalverlust in Höhe von 26.320,16 €. An Spesen für den Verkauf wurden mir nicht die sonst üblichen 6,50 € sondern nur 2,56 € berechnet.
Hinweis: In diesem Jahr habe ich bisher schon ca. 15.000 € Abgeltungssteuer durch Aktiengewinne (inkl. Wikifolios) zahlen müssen.
Wenn ich es richtig berechnet habe, hätte durch den so entstandenen Verlust ein Verlustverrechnungstopf in Höhe von -6.581,32 € (Kapitalertragssteuer) und -361,9726 € (Soli), also insgesamt -6.943,2926 € entstehen müssen.
Auf der heutigen Wertpapierabrechnung wurde mir jedoch kein Verlust ausgewiesen, mit folgendem Hinweis: "Es liegt gemäß Randziffer 59 des BMF-Schreibens vom 09.12.2014 keine Veräußerung nach § 20 Abs. 2 EStG vor, da der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt."
Soll das jetzt heißen, dass ich den Verlust nicht steuerlich mit meinen bisherigen Gewinnen verrechnen lassen kann, weil der Wert des Wikifolios bei Verkauf nicht die 6,50 € Ordergebühren überstiegen hat??? Wegen knapp 4 € fehlenden Ertrags bekomme ich also die 6943,2926 € nicht zurück erstattet?
Ist es möglich, dass mir der Verlust noch irgendwann auf eine andere Art bescheinigt wird, bzw. geht dies ggf. mit der Beantragung einer Verlustbescheinigung am Ende dieses Jahres, so dass der Verlust dann zumindest in der nächsten Lohnsteuererklärung berücksichtigt werden kann?
Gibt es noch eine andere Möglichkeit die so entstandenen Verluste mit meinen Gewinnen zu verrechnen? Wäre schon bitter wenn ich nun auch noch auf die knapp 6.943 € verzichten müsste.
Vielen Dank vorab für die Beantwortung meiner Fragen.
4 Antworten
Ich habe in dem Jahr einen Optionsschein um das Ganze steuerlich relevant zu machen zwei Tage vor Ablauf für 3 € verkauft. Es wurden von der Comdirect 9,90 € Spesen berechnet und dem Konto 6,90 € belastet.
Steuerlich wurde der Verkauf wie bei dir nicht berücksichtigt.
Ich hänge mich deshalb an die Frage dran.
Kann man den Verlust in der Erklärung geltend machen oder ist es eine Ungerechtigkeit im Gesetz? Das wissen, dass ein Verkauf, der nach Spesen zu keiner Auszahlung auf das Konto führt, steuerlich wie ein Verfall des Optionsscheins nicht berücksichtigt wird, scheint nicht sehr weit verbreitet zu sein.
Bei mir wie bei dir ergibt sich auch die Frage, warum das depotführende Institut nicht einfach in solchen Fällen den Erlös vor Kosten gutschreibt (und die Kosten getrennt und der einzelnen Transaktion nicht zuordenbar in einer "Abwicklungspauschale" am Jahresende in Rechnung stellt). Das sollte programmierbar sein.
Es nicht zu machen verursacht einen Schaden, der bei mir unter 200, bei dir fast 7.000 aber auch mal wesentlich mehr betragen kann.
Hierzu ist aktuell ein Verfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 32/16 anhängig.
Das FG-Niedersachsen hat hierzu bisher eine Entscheidung zugunsten des Steuerpflichtigen gefällt (Az. 2 K 12095/15).
Demnach finde die im BMF-Schreiben vom 09.12.2014 Rz. 59 genannte Auffassung der Finanzverwaltung im Gesetz (§ 20 Abs. 2 S.1 Nr. 1, Abs. 4 S.1 EStG) keine Grundlage.
Außerdem seien damit die steuerlichen Folgen bzgl. der Veräußerungsverluste von der Gebührengestaltung der Bank abhängig.
Das FG war weiter der Meinung, dass ein Antrag gem. § 32d Abs. 4 EStG nicht die nach § 20 Abs. 6 S.5 EStG benötigte Verlustbescheinigung der Bank erfordere, da diese nach § 44 Abs. 1 S.3 EStG an die Auffassung der Finanzverwaltung gebunden ist.
Ob es sich bei derartigen Fällen um eine Missbrauchsgestaltung handelt, auf welche die Finanzverwaltung insbesondere ihre Meinung stützt, muss der BFH entscheiden. Das FG hat hierzu nichts gesagt.
Siehe:
D.h. Verlust erklären und ggf. Einspruch mit Hinweis auf das anhängige Verfahren einlegen.
Das Verfahren und die Seite die Valeskix erwähnt hat, hatte ich inzwischen auch gefunden.
Hier für alle, die es interessiert der Link zu dem vollständigen Text der niedersächsischen Rechtsprechung:
Habe inzwischen auch meiner depotführenden Bank eine Nachricht zu dem Thema geschrieben. Meist dauert es so 1-2 Tage bis sie darauf antworten.
Im Moment hört es sich für mich danach an als würde meine depotführende Bank auch nicht dazu verpflichtet sein mir am Jahresende den Verlust in einer Verlustbescheinigung aufzulisten.
Trotzdem scheint man den Verlust dann in der Lohnsteuererklärung geltend machen zu können.
Hab ich das so weit richtig verstanden?
Du hast es genau richtig verstanden.
Vermutlich wirst du die Zahlen auf deiner Anlage Kap erläutern.
Wenn nicht, übernehme die Zahlen aus der Erträgnisaufstellung und füge die Verkaufsabrechnung, in welcher der Verlust ausgewiesen aber auch vermerkt ist, dass der Verlust nicht berücksichtigt ist, hinzu. Als Verweis auf das BHF-Urteil habe ich mir die Antwort von Valeskix ausgedruckt.
Je nachdem, was sich bis dahin tut und wie dein Finanzamt reagiert, musst du halt mit Hinweis auf das laufende Verfahren Einspruch einlegen.
Die Bank muss sich an ein BMF-Schreiben, nicht aber an einem laufendes BFH-Verfahren halten. Dort nachzufragen wird nichts bringen.
Den Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG stellt man dadurch, dass man auf der Anlage KAP in Zeile 5, Kennziffer 2 eine "1" einträgt und damit den Steuereinbehalt für bestimmte Kapitalerträge überprüfen lassen möchte (Stand: Formular 2016).
Ausgehend davon, dass es sich grds. um Veräußerungen handelt, die der KapESt unterliegen, sind die nicht bescheinigten Veräußerungsverluste m.E. in Zeile 11, Kennziffer 26 einzutragen.
Du kannst doch die Bank bitten, die Verkaufsabrechnung zu stornieren und eine neue Abrechnung mit Verkaufsspesen von 2,55 EUR zu erstellen.
Dann übersteigt der Verkaufserlös die Ordergebühren (um 1 Cent) und Du kannst den Verlust mit Deinen Gewinnen verrechnen.
Doof darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!
Warum soll man sich wegen der Minderung einer Verkaufsprovision um 0,01 EUR mit der Steuerabteilung der Bank unterhalten müssen? Die haben sicher andere Probleme.
Meine Betreuer bei der Bank würde das veranlassen. Man muss nur mit ihnen reden.
Glaubst du, dass das irgendeine Bank macht? Ist dir ein Fall bekannt?
Die Steuerabteilungen, mit denen man sich da unterhalten müsste, haben Leute drin, die ungerne Ausnahmen machen.