Insassenversicherung bei betrieblich veranlassten Fahrten nötig?

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Hallo Hans-Jürgen,

kein Kraftfahrzeug kann in Deutschland zugelassen werden ohne das Bestehen eines wirksamen und ausreichend hohen Haftpflichtschutz. Selbst das Mofa, Motorfahrrad, hat ein Versicherungskennzeichen.

Die Vorstellung, dass Du als Fahrgäste gerade eine Familie hast und fährst ganz unbeeindruckt, da nimmt ein anderer PKW Dir die Vorfahrt und Verursacht, dass es zu einem Überschlag mit Deinem PKW kommt.

Dieses Szenario es kommt zu 4 bis 5 Verletzten als Fahrgäste in Deinem PKW hat ja der andere Verkehrsteilnehmer durch seine Vorfahrtnahme Dir gegenüber verursacht. Mithin kommt seine Haftpflichtversicherung für die Körperverletzungen und sonstigen Schäden Deiner Fahrgäste auf.

Ich drehe den Fall eben mal um, Dein PKW hat wieder 4 bis 5 Fahrgäste, eine Klientenfamilie und Du bist abgelenkt, nimmst einem anderen PKW die Vorfahrt und krachst beim Ausweichen vor eine Mauer. In diesem Fall kommt Deine Kfz-Haftpflichtversicherung für Körperverletzungen und sonstigen Schäden Deiner Fahrgäste auf.

Da Du ja jetzt Unfallverursacher bist zahlt Deine Kfz-Haftpflichtversicherung.

Wissenswert

Übrigens:

Der Bund der Versicherten führt die separate Insassenversicherung in seinem Ranking der überflüssigen Policen auf Rang zwei – nach der Sterbegeldversicherung.

Das war ja noch Standard einmal schädigte Dich ein anderer Verkehrsteilnehmer und beim zweiten mal warst Du Unfallverursacher und kein finanzieller Schaden ist entstanden.

Bei einer Unfallverursachung durch einen Radfahrer oder Fußgänger, Du musst ausweichen und kommst von der Straße ab. Wieder Verletzte im PKW. Auch Privatpersonen als Radfahrer, Fußgänger, Skateboardfahrer haben für Ihr Verschulden eine Privathaftpflichtversicherung.

Diese zahlt für alle Körperverletzungen und sonstigen Schäden Deiner Fahrgäste.

Aber jetzt habe ich was ganz gemeines:

Da fährt so ein Autobastler, also so ein verantwortungsloser Heckenpenner, mit seiner nicht zugelassenen Schrottmühle, die nie ein Kennzeichen, TÜV oder eine Haftpflichtversicherung hatte auf Dich zu. Du weichst heldenhaft aus, aber gegen einen Baum und wieder 4 bis 5 Verletzte Fahrgäste mit Verletzungen und sonstigen Schäden durch den Unfall.

Der Unfallverursacher, dieser Heckenpenner hat ja kein Kennzeichen und keine Kfz-Haftpflichtversicherung, welche zahlen würde.

Wer zahlt nun?

In Deutschland sind nicht versicherte Autos extrem selten. Nur wer die Deckungszusage eines Versicherers hat, erhält auch eine Zulassung für sein Auto. Wird die Versicherung gekündigt, schickt diese wiederum eine Meldung an die Zulassungsstelle. Aus diesem Netz herauszukommen, ist nicht so einfach. Trotzdem: Auch hier gibt es einige „schwarze Schafe“, die ohne Versicherungsschutz fahren.

Für diesen seltenen Tatbestand Kraftfahrzeug ohne Versicherung fahren, haben alle Versicherungsunternehmen, auch Deine Versicherung in einen Fond eingezahlt.

Hier:

Willkommen beim Verein Verkehrsopferhilfe e.V. (VOH) – einer Einrichtung der deutschen Autohaftpflichtversicherer..

Die VOH hilft Verkehrsopfern in der Funktion als Garantiefonds bei Unfällen in Deutschland, die durch nicht ermittelte oder nicht versicherte Kraftfahrzeuge verursacht werden oder in denen das Auto vorsätzlich und widerrechtlich als „Tatwaffe“ eingesetzt wird oder der Autohaftpflichtversicherer insolvent wird.

Außerdem hilft die VOH Verkehrsopfern bei Unfällen im Ausland in der Funktion als Entschädigungsstelle nach der 4. KH-EG-Richtlinie.

Die endgültige Schadenbearbeitung erfolgt im Auftrag der VOH entweder durch in Deutschland zugelassene Autohaftpflichtversicherer oder in Untervollmacht für diese durch Schadenregulierungsbüros.

Ausserdem hat sich der Fahrer ohne Versicherung ganz erheblich strafbar gemacht.

Aber selbst in diesem absoluten Ausnahmefall würden die finanziellen Schäden Deiner Fahrgäste aus dem Fond der Verkehrsopferhilfe entschädigt.

Ach ja, Du nimmst beruflich bei der Jugendhilfe auch mal Familien mit. Die Unfallbeispiele sind mit einem Van, also VW Sharan, Ford Galaxy, Opel Zafira, VW Bus oder Mercedes Vito, sonst hast Du nicht so viele Sitzplätze anzubieten und meine Horrorbeispiele haben weniger Verletzte.

Jetzt habe ich wirklich viel geschrieben, um Dich von einer wirklich sinnlosen regelmäßigen Ausgabe von einigen Euro abzuhalten.

Das können Berater wirklich nur um 2 Uhr am Morgen leisten, sonst bekommt ja kein anderer mehr seine Finanzfrage beantwortet.

Lieber Hans-Jürgen, ich hoffe Du bist jetzt echt beruhigt, da brauchst Du nichts zu versichern. Wir hier bemerken echt immer zu erst, finanzielle Lücken durch fehlenden Versicherungsschutz entstehen. Dann gehen die Finanzfragen, um ausbleibende Entschädigungen.

Alles Gute & Herzliche Grüße

Sebastian


Hjlahann 
Beitragsersteller
 28.08.2017, 23:48

Lieber Sebastian,

da Du Dich so gut auskennst, gestatte bitte noch eine Frage: macht es keinen Unterschied, ob es eine berufliche Fahrt ist oder nicht und muss ich dafür bei meiner Autoversicherung angegeben haben, dass ich das Auto beruflich (gewerblich) nutze? Oder ist die Haftpflichtregelung davon unberührt?

Nochmal ein fettest DANKE und liebe Grüße

Hans-Jürgen 

Rentner1978  29.08.2017, 05:57
@Hjlahann

Hallo Hilahann, vielen Dank für Deine Präzise Frage nach dem Charakter eines beruflich, gerwerblich im Gebrauch befindliches Auto.

Nein!!!

Der gesetzlich vorgeschriebenen Kfz-Haftpflichtversicherung ist diese Unterscheidung zwischen gewerblich und privat auisdrücklich vom Gesetzgeber untersagt.

Rentner1978  29.08.2017, 06:10
@Rentner1978

Nochmals vielen Dank für die Abgrenzung der Situation mit dem Beispiel eines Wildunfall.

Der Gesetzgeber hat da aber auch tatsächlich eine Abgrenzung eingebaut was die Haftung anbelangt.

Der Fonds der Verkehrsopferhilfe e.V. (VOH) zahlt nur dann, wenn Du Dich eigentlich hättest absolut darauf verlassen können, dass Dein Schädiger versichert ist.

Dies ist bei einem Kraftfahrzeug der Fall, aber bei einem Unfall mit Wild u.s.w.. wußte man ja immer das hier keine Versicherung besteht.

Hjlahann 
Beitragsersteller
 28.08.2017, 23:40

Lieber Sebastian,

tausend Dank für Deine sehr ausführliche Antwort! Dann ist also der Hinweis meines Arbeitgebers, keine Klienten im eigenen Auto mitzunehmen, weil sie nicht versichert sind, ein Märchen, oder?

Darf ich noch eine andere Frage stellen? Was ist bei einem Unfall aufgrund höherer Gewalt, z.B. durch Wildwechsel oder so? Zahlt da auch die VOH?

Und nochmal danke für die viele Mühe!

LIebe Grüße

Hans-Jürgen

Hallo,

"......Ist es nötig, dafür selbst eine Insassenversicherung abzuschliessen? Viele sagen, dass sei unsinnig, weil die Schäden an den Insassen von der eigenen Haftpflichtversicherung oder der des Unfallverursachers übernommen werden."

Und genauso kenne ich es auch !

habe dazu noch folgendes gefunden: 

https://www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/link1804451A.html


Hjlahann 
Beitragsersteller
 28.08.2017, 23:41

Super, vielen Dank! Auch für den Link :-)

Eine solche Versicherung ist überflüssig.

Problematisch wird es nur, wenn der eigene Ehepartner oder Kinder bei einem Unfall verletzt werden. Da man da eh Unterhaltsverpflichtet ist, wird die Haftpflicht sich um Zahlungen drücken, da das Geld quasi nur von der linken in die rechte Tasche fließt.


Hjlahann 
Beitragsersteller
 28.08.2017, 23:42

Vielen Dank, der Hinweis ist sehr hilfreich!