Zeitarbeit, Abmahnung wegen "Arbeitsverweigerung"
Ein Bekannter arbeitet seit ca. 3 Jahren bei einer Zeitarbeitsfirma. Nun hat er mal wieder eine Kündigung bekommen, weil die keine Arbeit haben. Er wurde gefragt, ob er sich vorstellen könnte, in ca. 250km Entfernung zu arbeiten, was er nach Aussprache mit seiner Frau per Email verneinte. Daraufhin wurde ihm gesagt, er solle nun in 250km Entf. arbeiten, die Mail hätten sie nicht bekommen (die 1. und einzige nicht Erhaltene in der ganzen Zeit). Dieses hat mein Bekannter abgelehnt (die 1. Ablehnung eines Einsatzes überhaupt). Am darauffolgen Montag mußte er wg. gesundheitlichen Problemen zum Arzt und wurde krankgeschrieben. Als er dies der ZAF tel. mitteilte, wurde er vom "Chef" grob angefahren, angeblich hätte er einen Einsatz in der Nähe gehabt. Er wurde als "Lügner" bezeichnet und auch der Arzt wurde bezichtigt, bekannt dafür zu sein, auf Wunsch krankzuschreiben. Drei Tage später war eine Abmahnug im Briefkasten, wg "Arbeitsverweigerung" bezüglich des 250km entfernten Einsatzes, plus dem Zusatz "daraufhin werden wir Sie ab ... nicht mehr bezahlen". Das riecht schwer danach, daß die sich einfach darum drücken wollen, die Zeit ohne Einsatz bis zum Ausscheiden zu bezahlen. Kann man dagegen arbeitsrechtlich vorgehen und wenn ja, wie stehen die Chancen?
Würde ihm gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen, weil mich sowas tierisch aufregt!
13 Antworten
Ihren Schilderungen zufolge hat Ihr Bekannter mit diesem Arbeitgeber nicht das große Los gezogen. Das ist gleich ein ganzes Bündel an Entgleisungen von Seiten des "Arbeitgebers".
Arbeitsstelle in 250 KM Entfernung:
Es kommt darauf an was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Wenn ein Einsatz in größerer Entfernung vertraglich vereinbart wurde ist der Arbeitgeber im Recht.
Wenn der Arbeitsvertrag nicht hergibt dass Ihr Bekannter in 250 Kilometer Entfernung arbeiten muss, benötigt der Arbeitgeber das Einverständnis des Arbeitnehmers. Eine Ablehnung wäre dann auch nicht legal abzumahnen.
Arbeitsunfähigkeit:
Wenn ein Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, hat er gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf Lohnfortzahlung, egal wie sehr der Arbeitgeber tobt. Keinesfalls ist es zulässig anzukündigen den Arbeitnehmer ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu bezahlen.
Kündigung:
Mit welcher Begründung wurde Ihr Bekannter gekündigt. Wenn seit Zugang der Kündigung noch keine 3 Wochen vergangen sind und der Kündigungsschutz greift
mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb und
Arbeitsverhältnis besteht seit mindestens 6 Monaten
dann sollte Ihr Bekannter Kündigungsschutzklage einreichen.
Weiteres Vorgehen:
Es ist löblich dass Sie Ihren Bekannten unterstützen. Ihr Bekannter sollte schnellstmöglich zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht damit dieser ihn zu nachfolgenden Punkten rechtlich berät und gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht vertritt.
Beratung hinsichtlich Kündigungsklage
Prüfung Arbeitsvertrag hinsichtlich Einsetzbarkeit.
Zulässigkeit der Abmahnung wegen arbeitsverweigerung
Wie die Chancen Ihres Bekannten stehen ist mit den gegebenen Informationen leider nicht sicher vorherzusagen.
Wehren Sie sich, ich wünsche Ihrem Bekannten viel Erfolg!
Peter Kleinsorge
Sehr gute Antwort!
Noch zur Ergänzung:
- Wenn eine Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt vorliegt, dann hat die Abmahnung keinen Bestand.
- Der Anwalt wird wahrscheinlich gegen die Kündigung klagen. Theoretisch ist Ihr Bekannter im Erfolgsfall dann wieder eingestellt. Praktisch einigt man sich meistens vor Gericht auf eine Abfindung. Bei drei Jahren sind das mindestens ca. 1,5 Monatsgehälter, wenn die Gründe des Arbeitgebers wirklich so schlecht sind wie hier dargestellt, dann wird das Gericht sogar etwas mehr vorschlagen.
Wie immer eine gute und hilfreiche Antwort :) DH
Es kommt darauf an, was in seinem Arbeitsvertrag steht. Wenn dort keine km-Beschränkung steht, hätte er die 250km akzeptieren müssen. Ansonsten reicht ein kurzer Verweis auf den Vertrag. Und dann sollte er die Kündigung nicht akzeptieren und sich mögl. schnell einen Anwalt holen.
Dem Arzt sollte er mitteilen, dass der AG das sagte. So kann er was dagegen machen, wenn er will.
genau so.
Evtl. auch Widerspruch gegen die Abmahnung.
Bei einer Abmahnung hat der betroffene Arbeitnehmer 3 Möglichkeiten.
Zustimmen und unwidersprochen hinnehmen
Ist die Abmahnung teilweise berechtigt, so kann er eine Gegendarstellung schreiben. Diese Gegendarstellung ist mit der Abmahnung zusammenhängend in die Personalakte zu nehmen.
Stimmt die Abmahnung gar nicht und die Firma ist nicht bereit, die Abmahnung zu annullieren, bleibt der Klageweg.
Im von Dir geschilderten Fall würde ich zu Punkt 3 raten. Eine Beratung bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht kostet zunächst mal nicht die Welt. Dann kann man entscheiden, was man macht.
Eine persönliche Anmerkung: Zeitarbeit ist ok so wie diese ursprünglich mal gedacht war. Was die ganzen schwarzen Schafe in der Branche daraus gemacht haben, ist widerlich. Es ist an der Zeit, da wirlklich mal aufzuräumen.
Gibt es nicht eine Wegstrecke zur Arbeit die einem AN zugemutet werden kann? Ich denke, die lag weit unter den 250 km. Bin mir aber nicht so ganz sicher
Eigentlich gehört ja bei der Anstellung in einer Zeitarbeitsfirma von vorne herein eine Rechtsschutzversicherung. Die kostet natürlich. Es bleibt ihm jetzt gar nichts übrig, als gegen diese Abmahnung Klage zu erheben, Das geht am Arbeitsgericht kostenlos. Hingehen und zur Niederschrift klagen.
Rechtsschutz ist vorhanden. Was bedeutet " zur Niederschrift klagen"?