Wie sieht das rechtlich bei Provokation aus?
Wenn eine Person mich stark provoziert (oder verbal belästigt), ich mich kaum noch beherrschen kann und sage ihr, dass ich zuschlage, wenn sie nicht aufhört. Sie hört nicht auf und ich schlage zu. Wer ist im Recht? Zählt Provokation als verbale Gewalt? Könnte ich die Person anzeigen oder sie mich oder wir beide uns gegenseitig?
7 Antworten
Hi Jules,
ein Aspekt wird praktisch von allen Antworten vernachlässigt, daher möchte ich den nochmals aufgreifen. Hannes hat ihn zutreffend in den Kommentaren benannt:
Sollte eine Beleidigung noch gegewärtig sein (gerade ausgesprochen werden), so liegt ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die Ehre vor, der sehr wohl im Rahmen der Notwehr beendet werden kann.
Gleichwohl muss man hinzufügen, dass die zeitlichen Grenzen ("gegewärtig") äußerst eng zu verstehen sind, ein Angriff auf die Ehre ist bei einer Beleidigung daher nach dem Aussprechen beendet.
Dein Fall scheint sich auf eine nachzeitige Reaktion zu beziehen, diese ist nicht mehr gerechtfertigt. Sicherlich wird das aber in der Strafzumessung berücksichtigt.
Viele Grüße, JS
Anzeigen kannst du jeden. Dafür muss nichts vorliegen, damit du das machen kannst. Sollte es sich allerdings um eine falsche Beschuldigung handeln, kannst du haftbar gemacht werden. Dennoch ist eine Anzeige keine Kategorie die wichtig wäre. Eher eine Verurteilung.
Doch auch hier, deine Körperverletzung wird nicht durch die Provokation gerechtfertigt. Also um deine Frage zu beantworten, anzeigen kann sie dich. Eine Verurteilung sieht dann anderes aus. Grundsätzlich rechtfertigt eine Provokation nicht, dennoch können bestimmte Vorraussetzungen vorliegen die einer Verurteilung entgegenstehen.
Schon richtig, nur vor den Ermittlungen ist dies kaum beweisbar. Wenn ich sage: Ich wurde von einer unbekannten Person verprügelt. In Wahrheit saß ich aber den ganzen Tag auf meinem dicken Po im Büro, dann wird die Anzeige so erstmal aufgenommen.
Das ist doch die ganze Crux mit der PKS, jeder hält die für was besonderes und meint da Besonderheiten herauslesen zu können. Nur wenn ich noch bei meiner Anzeige sage, ich bin sicher mein Nachbar wars, dann wird es sogar als "Täter ermittelt" aufgeführt.
Aber die Statistik der Strafverfolgung da kümmert sich niemand.
Darum, Anzeigen sind keine Kategorie die von belang ist.
Wenn ich eine falsche Anschuldigung ausspreche, mache ich mich selbst strafbar. Das sollte man schon dazu sagen, wenn man behauptet, man könne jemanden anzeigen, auch wenn gar nix vorliegt.
Sollte es sich allerdings um eine falsche Beschuldigung handeln, kannst du haftbar gemacht werden.
Keine Sorge ich weiß was ich tue. ;)
Ich behaupte auch nicht nur, das Anzeigen ohne weiteres möglich sind. Ich weiß es. Darum gibt es den Paragraphen der falschen Verdächtigung. Ein Korrektiv.
Du könntest die Person wegen Beleidigung nach § 185 StGB anzeigen. Aber: verbales rechtfertigt niemals Gewalt.
Wenn die Beleidigung gegenwärtig ist, ( Die Beleidigung noch ausgesprochen wird ) währe Gewalt Anwendung im Rahmen der Notwehr durchaus erlaubt.
Damit kann grundsätzlich auch Notwehr gegen Beleidigungen oder unerwünschte Bildaufnahmen ausgeübt werden.
Quelle:
https://www.strafrecht-bundesweit.de/strafrecht-blog/notwehr-oder-nothilfe
Habe ich auch schon oft gelesen. Und beleidigte Polizisten wenden diese Notwehr ja auch öfters an.
Ich persönlich halte aber bei schmähenden Wörtern Gewalt grundsätzlich für unangebracht, mitunter nicht verhältnismäßig.
Hannes, das ist eine Trockenübung. Ist die Beleidigung ausgesprochen, dann "ist die Beleidigung bereits verwirklicht und der Angriff erledigt."
Das steht so in deinem Link.
Richtig. Das Problem ist die Gegenwärtigkeit. Nur bei einer fortdauernden Beleidigung wäre Notwehr tatsächlich möglich, da sie ja darauf abzielt, einen Angriff zu beenden. Ist der Angriff schon beendet, ist es auch mit einer Notwehr aus.
Habe ich auch schon oft gelesen. Und beleidigte Polizisten wenden diese Notwehr ja auch öfters an.
Dass Polizisten Notwehr anwenden, ist eigentlich die Ausnahme. Deren Maßnahmen richten sich i.d.R. nach Verwaltungsrecht.
Notwehr und Maßnahmen nach Verwaltungsrecht - Unterschied?
Unmittelbarer Zwang und Notwehr ist zwar nicht das Gleiche, aber deswegen muss man kein Fass aufmachen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsrecht_(Deutschland)
(Furbo, mal abgesehen von der juristischen Akribie finde ich die gesetzliche Situation persönlich unbefriedigend.
Es gibt nämlich Charaktere, die gezielt durch verbale Aggression eine Gewalttätigkeit generieren, um sich einen Rechtsvorteil zu verschaffen. - So, wie ich es im Wild-West Beispiel angeführt habe.
Meiner Meinung geht es dabei um Unterwerfung durch strukturelle Gewalt, wobei ein Schaden durch Tätlichkeit als Teil der Strategie bewusst in Kauf genommen wird. Zu strafrechtlichen Konsequenzen kommt es deshalb auch nur dann, wenn der intrigante Kontrahent zu hoch gepokert hat - nicht unbedingt aus Scham.
Aber ich kann mich irren. In der Vorlesung begann seinerzeit der Dozent die kausale Verkettung erst ab dem ersten Hieb.)
Wieso weisst du das nicht? Jeder halbwegs Rechtskundige weiss, dass sich Polizeibeamte zwar auch auf das Notwehrrrecht beziehen können, es aber i.d.R. nicht müssen, da der Verwaltungszwang ausreicht.
In der Vorlesung begann seinerzeit der Dozent die kausale Verkettung erst ab dem ersten Hieb
Auf den ersten Hieb muss nicht gewartet werden. Es reicht für die Notwehr aus, wenn der Angriff unmittelbar bevorsteht.
Wieso ich das nicht weiß? Weil ich von Recht genau 0 Ahnung habe und nur dummen Mist schreibe, vor denen du diverse Gutefrage.net User ja immer warnst....
Ich sehe bei verbal geäußerten Beleidigungen auch im juristischen Sinne keinen Angriff.
Daher halte ich die Notwehr oder auch verwaltungsrechtliche Gewaltmaßnahmen allein bei schmähenden Wörtern für rechtlich arg bedenklich.
Beleidigung ist ein Angriff auf ein Rechtsgut, die Ehre. Und dieses Rechtsgut darf man verteidigen, notfalls mit Gewalt.
Bestes Beispiel ist dieses ( Fake- ) Video hier:
https://www.youtube.com/watch?v=27o2hdOFPXo
Die Polizisten gehen und haben offenbar die Identität des Wohnungsinhabers längst geklärt. Darauf wird einer der Polizisten beleidigt.
Ob nun das stürmen der Wohnung und das festhalten des Täters nur durch die 2 Beleidigungen ( "Du Wi**ser/Sie Wi**ser" ) gerechtfertigt ist, wage ich zu bezweifeln.
Zwar fragt der Polizist nach dem "Du Wi**ser" noch einmal tolerant und mahnend nach, und hätte nach Einsicht des Täters wohl keine weitere Maßnahme ergriffen, und der Täter beleidigt ihn dennoch noch einmal ( "Sie Wi**ser" ), aber hier muss man den Täter ja zu gute halten, dass er keine beleidigenden Wortsalven hinausposaunte, sondern nach "Sie Wi**ser" der "Angriff" beendet war.
Dennoch stürmen die Polizisten ohne das ein gegenwärtiger "Angriff" oder Gefahr in Verzug vorlag die Wohnung, und überwältigen zu viert - oder auch nur zu dritt - den Mann.
Juristisch sehe ich hier also durch die Polizisten den Hausfriedensbruch und die gefährliche Körperverletzung als gegeben an.
Ja notfalls. Aber ab wann ist bei Beleidigung die Gewalt als Verteidigung gerechtfertigt.
Info: Mir geht es hier nicht ums diskutieren, sondern ums verstehen und dazulernen.
MaikGold - das ist hier doch schon ausreichend geklärt durch den Link von Hannes. Der dort erklärende Jurist stellt gewissermaßen fest, dass Du einem aufs Maul hauen darfst, damit ers nicht aufmachen kann, um dich zu beleidigen. Aber Du darfst ihm nicht aufs Maul hauen, weil er dich gerade beleidigt hat.
Du hast dich auf alle Fälle strafbar gemacht, du darfst nämlich niemanden körperlich angreifen. Wenn er dich beleidigt etc. kannst du ihn aber ebenfalls anzeigen.
*Würdest dich strafbar machen
Es kam ja noch nicht zur Gewalt.
Das ist die klassische Wild-West-Situation.
"Zieh!" ruft der schnelle Revolverheld vorher.
Und nachher: "Ihr habt's alle gesehen: Er hat zuerst gezogen."
Wenn Du zuschlägst, bist Du rechtlich erledigt - mit oder ohne Provokation.
Damit eine Anzeige angenommen/verfolgt wird muß schon eine Straftat vorliegen/angezeigt werden. Sonst schickt dich die Polizei einfach wieder weg.