Vollstreckungsauftrag ohne vorherige Zahlungsaufforderung
Habe einen Vollstreckungsauftrag erhalten ohne vorher jemals eine Zahlungsaufforderung und/oder Vollstreckungsankündigung erhalten zu haben. (Eventuell ist die Post beim Nachbarn gelandet, kam schon öfter vor)
Wie gehe ich jetzt am besten vor? Soll ich direkt den Vollstreckungsbeauftragten anrufen und nachfragen oder ist es sinnvoller erst eine Rechtsberatung einzuholen? Kann ich beweisen, dass ich das betreffende Schreiben nicht erhalten habe?
Kann ich noch EInspruch einlegen, sollte die Forderung nicht gerechtfertigt sein? Welche Konsequenzen drohen mit einer Zwangsvollstreckung (also Erzwingungshaft steht hier angekündigt; aber ist das relevant für SCHUFA oder sogar für's Führungszeugnis? Kann ich noch Ratenzahlung beantragen, sollte die Forderung nicht gerechtfertigt sein?
5 Antworten
Hallo "Grapefruiteis",
wenn Ihnen der Vollstreckungsbescheid nicht wirksam zugestellt wurde, so mangelt es hier an einer zwingenden Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung. Als Rechtsbehelf, um hier gegen eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über Vollstreckungsmaßnahmen vorzugehen, ist wohl die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) zu nennen. Sollte der Erinnerung stattgegeben werden, so wäre die Rechtsfolge, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid aufzuheben wäre.
Im Anschluss daran käme eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) in Betracht, um auch die Vollstreckbarkeit des Titels zu aus der Welt zu schaffen.
Als Schuldner selber sind Sie auch befugt, jede Verletzung von Verfahrensrecht selbst zu rügen, einen Rechtsbeistand benötigen Sie hierzu nicht.
Zudem sei angemerkt, dass die hier unter anderem genannte Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) im ersten Schritt wohl nicht das geeignete Rechtsmittel ist. Einwendungen, die die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffen, können nämlich nicht mit der Vollstreckungsabwehrklage verfolgt werden.
Herzlichen Dank, lieber "VersBerater", für den Zuspruch :)
Ich gebe hier zu bedenken, dass ein Bescheid, der per Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, auch vor Gericht als zugestellt gilt, selbst wenn der Adressat die Annahme verweigert. Es kann nicht angehen, dass ein Verwaltungsverfahren nur deshalb ausgehebelt wird, weil ein Beteiligter über ein übliches Verfahren nicht erreichbar ist.
Herzlichen Dank für die Auszeichnung.
Neben der umfänglich korrekten Antwort von "WillLoman" sei der Vollständigkeit halber noch ergänzt, dass nicht jeder Vollstreckung zwingend ein gerichtliches Mahnverfahren vorausgehen muss. Handelt es sich bei den Forderungen nämlich um Schulden gegenüber der öffentlichen Hand respektive Forderungen aus Beiträgen zur GKV, sind die erhebenden Stellen nach Fälligkeit zur sofortigen Vollstreckung kraft eigenem Beschlusses befugt. Sollte es sich hier um eine Forderung des FA handeln, wäre der erste Schritt - abgesehen von der umgehenden Kontaktaufnahme zum Vollstreckungsbeamten - die einreichung eines Antrages auf AdV gem § 361 AO, bei Schulden gegenüber der GKV hingegen wäre die zuständige Kasse zu kontaktieren (die allerdings nicht selbst beitreibt, sondern den Zoll beauftragt).
Setz dich mit dem Gerichtsvollzieher in Verbindung oder zahl deine Schulden,
Weiß ja gar nicht welche Schulden... Da liegt ja das Problem
Das kann dir der Gerichtsvollzieher genauer sagen.,
Jedem Vollstreckungsauftrag geht ein Mahnverfahren voraus. Das ist auch mit Sicherheit bei dir der Fall gewesen.
Setze dich umgehend mit dem Gerichtsvollzieher in Verbindung und schildere deine Situation. Oftmals lassen sie sich auf Ratenzahlungen ein, damit sie überhaupt Geld sehen.
Jetzt noch Einspruch einzulegen, ist sinnlos. Die Chance hattest du bei dem Mahnverfahren.
Eintrag in die Schufa ist durchaus möglich, das liegt im Ermessen des Gläubigers. Ein Eintrag in das Führungszeugnis dagegen ist eher unwahrscheinlich.
Zwangsvollstreckung bedeutet Pfändung, ggf. auch Abgabe der eidesstattlichen Erklärung (sofern keine Pfändung möglich ist). Abwenden kannst du das nur, indem du die Forderung begleichst. Weigerst du dich, kann Erzwingungshaft angeordnet werden.
Jetzt noch Einspruch einzulegen, ist sinnlos. Die Chance hattest du bei dem Mahnverfahren.
Das stimmt nicht. Wenn im Mahnverfahren etwas schiefgelaufen ist und kein Einspruch eingelegt wurde, steht immer noch die Vollstreckungsabwehrklage offen!
Hallo "HH1887",
gerne möchte ich ergänzen, dass Einwendungen, die die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffen, nicht mit der Vollstreckungsabwehrklage verfolgt werden können. Hingegen sind im Wege der Vollstreckungsabwehrklage materielle Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend zu machen.
Ergänzung:
Natürlich haben Sie aber recht, @HH1887. Materielle Einwendungen, wie hier die Vollstreckungsabwehrklage, sind geeignet, dem Titel die Tauglichkeit als Vollstreckungsgrundlage ganz oder teilweise zu nehmen; auch dann, wenn kein Einspruch eingelegt wurde. Dies sollte aber m.E. im zweiten Schritt, nach erfolgreicher Erinnerung, geschehen, sodass vorerst dem Gerichtsvollziehers der Vollstreckungsauftrag entzogen wird.
Hallo WillLoman,
mein Einwand war nur theoretischer Natur. Es ging mir nur um die Aussage
Jetzt noch Einspruch einzulegen, ist sinnlos.
vor allem im Zusammenhang mit der Aussage
Abwenden kannst du das nur, indem du die Forderung begleichst.
Dies ist in diesem Fall einfach nicht richtig. Die Möglichkeit anderer Vorgehensweisen vor dem Erheben des "großen Geschützes" der Vollstreckungsabwehrklage, stelle ich gar nicht in Abrede.
Wenn du eine Rechnung der Firma erhalten hast, dann müssen diekeine Zahlungsaufforderung schicken. Die Vollstreckung ist berechtigt zugestellt. Der Laie lässt sich da immer mit unprofessinellen Aussagen in die Irre leiten. Zahls eben gleich. Ansonsten Schufa.
Wenn du eine Rechnung der Firma erhalten hast, dann müssen diekeine Zahlungsaufforderung schicken. Die Vollstreckung ist berechtigt zugestellt
Was hat denn die Rechnung mit der Vollstreckung zu tun? Für die Vollstreckung muss ein gerichtlicher Titel vorliegen!
Der Laie lässt sich da immer mit unprofessinellen Aussagen in die Irre leiten.
Zum Thema Laie sage ich jetzt mal nichts... ;-)
Für die Vollstreckung muss ein gerichtlicher Titel vorliegen!
Nicht zwingend. Siehe andere Antwort.
Wenn schon zitieren, dann bitte nichts wichtiges weg lassen ;-)
Was hat denn die Rechnung mit der Vollstreckung zu tun? Für die Vollstreckung muss ein gerichtlicher Titel vorliegen!
Das FA oder andere Behörden schicken selten "Rechnungen". Wenn sie das im Ausnahmefall tun, sind sie damit auf den Zivilrechtsweg angewiesen und es muss trotzdem ein gerichtlicher Titel vorliegen.
Wenn schon zitieren, dann bitte nichts wichtiges weg lassen ;-)
OK, das war aber im Kontext dann reichlich missverständlich formuliert, insbesondere wenn man sich den Text des OP unmittelbar vor dem zitierten Text durchliest.
Das FA oder andere Behörden schicken selten "Rechnungen".
Das ist wahr - sie versenden Bescheide. Allerdings sollte man in einer Forendiskussion nicht zwingend davon ausgehen, dass die Teilnehmer diese Begrifflichkeiten so sauber auseinanderhalten. Ich wollte meine Anmerkung ja auch nur als Klarstellung verstanden wissen (und wir wissen immer noch nicht, um was es bei der Vollstreckung nun eigentlich geht...).
OK, wir sind uns also einig, das ein (öff.-rechtl.) Verwaltungsakt einem zivilgerichtlichen Titel gleich steht.
Wenn es also in der Frage um einen zivilrechtlichen Anspruch geht, muss vorher ein gerichtlicher Titel erwirkt werden; wenn es um einen öff.-rechtl. Anspruch geht, reicht ein (nicht nichtiger) VA, um Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.
Exakt so ist es. Gute Klarstellung :-)
Ok, danke. Nur weiß ich gar nicht, um was für ein Verfahren es sich handelt, weil ich keine Vollstreckungsankündigung erhalten habe. Ist nicht mal erwähnt ob zivilrechtlich (eben wegen Rechnung an einer Firma, die nicht bezahlt wurde) oder verwaltungsrechtlich (z.b. wegen Falschparken)... Und vorallm habe ich keine offene Rechnung (weder zivil noch verwaltungsrechtlich) bei meinen Unterlagen gefunden....
Die bislang einzig vernünftige Antwort, fachlich fundiert. DH