Spekulationsfrist Eigentumswohnung, Aufnahme Flüchtlinge?
Ich beabsichtige in 2023 meine Eigentumswohnung zu verkaufen. Ich bin dort seit 2021 gemeldet und eingezogen und lebe da auch bis 2023. Nun habe ich ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und bei den Behörden auch unter dieser Adresse gemeldet. Die Beiden bewohnen je ein Zimmer und nutzen Küche und Bad mit. Miete nehme ich nicht. Verwirke ich damit meine Steuerfreiheit eines möglichen Gewinns beim Verkauf ? Im Netz habe ich dazu nur gefunden , dass auch die Überlassung an Dritte (außer mein Unterhaltspflichtiges Kind) die Steuerfreiheit verwirkt.
Danke für Ihre/Eure Hinweise!
3 Antworten
Zum einen gibt es in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zwei Alternativen. Die Veräußerungen von Grundstücken ist von der Besteuerung ausgenommen unter der Voraussetzung, dass das WG wie folgt genutzt wurde:
•„im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken“ (Alt. 1) oder
•„im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken“ (Alt. 2).
Für Alternative 2 ist keine Ausschließlichkeit gefordert. Was der Gesetzgeber allerdings mit der Unterscheidung beabsichtigte, ist nicht so ganz klar. Ferner ist nach dem Wortlaut in der Alt. 1 unklar, ob sich die Ausschließlichkeit auf den räumlichen Umfang der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken oder auf das zeitliche Erfordernis bezieht. Die Verwaltung stellt hier auf das zeitliche Erfordernis ab, denn im BMF-Schreiben v. 05.10.2000 IV C 3-S 2256-263/00 ist von "ununterbrochen" die Rede.
Wichtiger ist jedoch der Blick auf den Begriff "eigene Wohnzwecke". Sowohl das o. g. BMF-Schreiben als auch der ESt-Kommentar von Herrmann/Heuer/Raupach erachten es als unschädlich, wenn der Stpfl. Teile eines WG einem Dritten (also nicht Angehörigen) unentgeltlich überlassen hat, sofern die dem Stpfl. zu eigenen Wohnzwecken verbliebenen Räume noch den Wohnungsbegriff erfüllen und ihm die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. [Musil in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 309. Lieferung 02.2022, § 23 EStG, Rz. 130]
Nach allem Dafürhalten sollte es für Dich also kein größeres Problem geben.
Dass der Steuerberater dies aber nicht recherchiert hat, wundert mich.
Man könnte sich jetzt spitzfindig an dem Erfordernis abarbeiten, inwieweit die verbleibenden Räume noch den Wohnungsbegriff erfüllen, aber wer dies angesichts der speziellen Umstände wirklich in Erwägung zieht, da weiß ich auch nicht mehr. Ich würde Dir daraus keinen Strick drehen.
Sehr gern :-)
Grundsätzlich ist es im Steuerrecht erstmal egal welche Notlage herrscht.
Da keine Miete verlangt wird, ist auch die Gewinnerzielungsabsicht augenscheinlich nicht gegeben. Die Überlassung würde hier eher bedeuten das du die Wohnung komplett räumst und sie einem fremden Dritten komplett überlässt.
Wahrscheinlich wird der Bearbeiter am Ende auf "deiner Seite stehen", sprich es wird wohl nicht zu deinen Ungunsten entschieden.
ABER:
Es ist hier natürlich immer auch der Gesamtfall entscheidend und wie der Bearbeiter das Recht auslegt. Im Zweifelsfall steht dir der Rechtsweg jedoch offen und ein Gericht würde das am Ende klären.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Solche speziellen. Dinge würde ich mit einem Steuerberater besprechen
Danke! Das habe ich schon. Nur leider gabs wohl noch keine Rechtssprechung dazu. Ich hatte gehofft dass Ggf auch Finanzbeamter hier ließt oder jemand schon mal ähnlichen Fall unbürokratisch gelöst bekommen hat .
Wow!!! Danke für die ausführliche Antwort!!!