Probleme mit Steuerklasse 6 und Minijob?

4 Antworten

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Ein Minijob kann wahlweise mit oder ohne Steuermerkmale ausgeübt werden. Wenn er ohne Steuerkarte ausgeübt wird sind 2% Pauschsteuer durch den ArbG zu zahlen, die er allerdings auch auf den ArbN abwälzen kann. Der ArbG bestimmt grundsätzlich nach welcher Methode abgerechnet wird.

Ich vermute Du hast, ohne es zu wissen, den Minijob mit Steuermerkmalen ausgeübt = Steuerklasse I - Du hattest aber keinen Lohnsteuerabzug, weil der Betrag unter dem steuerfreien Grundbetrag liegt - daher ist Dir das wahrscheinlich bisher noch nicht aufgefallen...

Die ArbG müssen am ELSTAM-Verfahren teilnehmen (Datenaustausch mit dem Finanzamt) - wenn Dich nun, was auch richtig und sinvoll ist, der neue ArbG mit Hauptjob anmeldet (Steuerklasse I) wird automatisch der Minijob auf Steuerklasse VI gesetzt, denn für jedes 2. und weitere Arbeitsverhältnis wird man in die Steuerklasse VI eingestuft.

In diesem Augenblick werden Deine Minijobeinkünfte aus 2015 komplett als Arbeitseinkommen gerechnet und Deinem Jahresbruttoarbeitslohn hinzugerechnet - ggf. kann es im ungünstigsten Fall sogar zu einer Steuernachzahlung kommen, weil die Monate bis zur Arbeitsaufnahme des Hauptjobs auch zu versteuern sind, da beide Jobs mit ihrem Jahresbrutto (bzw. mit dem später zu ermittelnden zu versteuernden Einkommen zvE) zusammengerechnet den steuerlichen Grundfreibetrag überschreiten (denn für Januar bis April hast Du ja keine Lohnsteuer abgeführt) - ansonsten erhälst Du die zuviel gezahlte Steuer zurück.

Du bist, wenn Du nach Steuerklasse VI besteuert wirst, zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.

Was ist zu tun:

Entweder den Nebenjob aufgeben oder ihn ohne Steuermerkmale weiter ausüben; das macht aber evtl. der Arbeitgeber des Minijobs nicht mit - mit dem solltest Du zunächst sprechen - Du wüdest dann bei ELSTAM mit Steuerklasse 6 abgemeldet - ansonsten bleibt der Steuerabzug, was in diesem Jahr vielleicht nicht so schlecht ist (wegen ggf. Nachzahlung) und Du erhälst ansonsten die zuviel gezahlte Lohnsteuer dann zurück.

DerSchopenhauer  02.06.2015, 13:17

Muß der ArbG des Minijobs auf Pauschalversteuerung umstellen, wenn Du ihn darum bittest?

Der Arbeitgeber kann dieses Wahlrecht nur nach billigem Ermessen ausüben, d. h. er hat die berechtigten Belange des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (§ 241 Abs. 2; § 315 BGB).

Danach müsste der ArbG Deinem Wunsch nach Pauschalversteuerung nachkommen, da eine weitere Besteuerung nach Steuerkmerkmalen für Dich nachteilig wäre (Progression des Steuersystems ist zu beachten!!).

Der ArbG wird durch die Pauschsteuer ja auch nicht zusätzlich belastet, da er diese auf Dich abwälzen kann - diese 2% könntest Du bei der Einkommensteuererklärung allerdings nicht geltend machen, da es kein steuerrechtlicher Individualabzug ist.

Daher solltest Du auf den Umstieg zur Pauschalbesteurung bestehen ...

darkjedi1109 
Beitragsersteller
 02.06.2015, 21:59

Danke für diese Antwort - jetzt bin ich noch deutlich schlauer. Ich denke, dass es jetzt geändert wird. Inwiefern dann noch nachberechnet wird hab ich zwar noch nicht ganz verstanden - werde es aber spätestens bei meiner Steuererklärung nächstes Jahr sehen.

DerSchopenhauer  03.06.2015, 07:34
@darkjedi1109

Prognose:

bisher: nur Minijob auf Steuerkarte: 12 * 300 € = 3.600 € < 8.354 € (steuerlicher Grundfreibetrag) - also keine Steuern und auch kein Lohnsteuerabzug)

Lohnsteuer = Vorauszahlung eines ArbN auf die zu erwartende Jahressteuerschuld

Hauptjob ab 01.05. + Minijob mit Steuermerkmalen (01.01. - 31.12)

8 * 1.400 € = 11.200 € + 12 * 300 = 3.600 € = 14.800 € Jahresbrutto

Lohnsteuer (also Vorauszahlungen) leistest Du aber nur für die 11.200 € - hier würden aber, durch Anrechung 1.000 € + Sozialabgaben wahrscheinlich überhaupt keine Jahressteuern anfallen oder höchstens 100 €, wenn keine anderen Einkünfte vorliegen würden.

Bei 14.800 € würden aber Steuern anfallen:

grobe Schätzung: 640 € Steuern bei 12.000 € zvE

Mai - Dez. würden Minijob mit Klasse VI = 640 € Lohnsteuer bezahlt

Bei Hauptjob: 560 € Lohnsteuer bezahlt

= Erstattung ca. 560 € - das hängt damit zusammen, daß Du den Hauptjob nicht das ganze Jahr hast.

Dennoch sollte man den Minijob umstellen (und zwar rückwirkend zum 01.01.).

Also - mit einer Nachforderung dürfte nicht zu rechnen sein - sollte bis Mai oder im Laufe des Jahres ALG-I oder Krankengeld bezogen werden, würde das zvE etwas höher besteuert.

DerSchopenhauer  03.06.2015, 08:15
@DerSchopenhauer

Sollte das rückwirkend nicht gehen, dann sollte der Minijob völlig neu angemeldet werden, da die Pauschsteuer nicht ans Finanzamt geht sondern an die Knappschaft...

darkjedi1109 
Beitragsersteller
 03.06.2015, 10:10
@DerSchopenhauer

Super - vielen Dank für das Rechenbeispel.
Ich habe mit meiner Personalsachbearbeiterin gesprochen, sie versucht das zu deichseln und ich erfahre Anfang nächster Woche, ob das geklappt hat. Ansonsten sage ich denen, dass sie mich entweder neu anmelden müssen oder ich da aufhören werde.
P.S.: Schopenhauer gehört zu meiner Lieblingsliteratur ;-)

DerSchopenhauer  03.06.2015, 10:15
@darkjedi1109

"Schopenhauer gehört zu meiner Lieblingsliteratur"

...das ist nicht verkehrt...denn heute gilt leider oft:

"Das Publikum ist so einfältig, lieber das Neue als das Gute zu lesen."

Du bist nicht als Minijob, sondern als Sozialversicherungspflichtiger Job abgerechnet worden. Beides ist moeglich, hat auch bestimmte Vorteile je nach Situation. In deiner Situation ist allerdings die pauschale Abrechnung als Minijob das einzig sinnvolle. Das geht bis 450 Euro. Das musst du sofort mit deinem AG klaeren, dass die dich pauschal als Minijobber abrechnen muessen/sollen.

Hast du vorher brutto=netto rausbekommen (Minijob) oder wurde da auch ueber Steuerklasse abgerechnet und Abzuege vorgenommen, aber halt mit Steuerklasse 1 und daher nur wenig Abzuegen?

Ob der bereits abgerechnete Monat noch mal zu korrigieren ist, das vage ich zu bezweifeln. Aber danach fragen solltest du, wenn es deren Fehler war, dann sollten sie sich zumindest was einfallen lassen.

Man kann sich zu viel gezahlte Steuern zwar am Jahresende zurueck holen, das betrifft aber nur den Steuernteil, nicht sie Sozialversicherungen fuer Rente, Arbeitslosenversicherung usw, die kann man dadurch nicht zurueck holen.

darkjedi1109 
Beitragsersteller
 03.06.2015, 10:12

Bisher habe ich immer brutto=netto bekommen und daher ist es mir auch nie aufgefallen, dass ich falsch angemeldet war. Wie auch immer - mein Arbeitgeber ist da gesprächsbereit und hat schon gesagt, dass das sein Fehler war. Ich bin daher zuversichtlich, dass ich das Geld auf irgendeinem Wege wieder zurück bekomme.
Vielen Dank für die Antwort!

Du wirst bei dem Job nicht als Minijob geführt. Der Arbeitgeber muß Dich ummelden. Die Steuern bekommst über Jahresausgleich ersetzt, den Rest nur anteilig.

darkjedi1109 
Beitragsersteller
 02.06.2015, 12:40

Vielen Dank für diese Antwort!
Sehr ärgerlich das Ganze - zumal die gute Frau (die mich anscheinend überall sonst richtig angemeldet hat - Minijobzentrale, Krankenkasse, Sozialversicherung etc) mittlerweile in Rente ist und ihr "Chaos" jetzt erstmal durchforstet werden muss.
Wenigstens kann ich mich trösten, dass der Fehler wohl nicht bei mir liegt und hoffentlich behoben wird.

Hier ist aufgrund der Erstmeldung durch neuen AG das LSt-Merkmal beim Minijob automatisch - und zwar falsch - gesetzt worden. Bitte bei der Personal/Lohnstelle des 2. AG die Lohnsteuermerkmale korrigieren lassen; das Beschäftigungsverhältnis bleibt weiter ein Minijob, solange Du keinen weiteren Minijob hast.  Die zuviel gezahlte LSt erhältst Du im Rahmen der EStE 2015 im nächsten Jahr angerechnet/erstattet. Die anteiligen SV-Anteile jedoch nicht.

Hinweis: Solltest Du jedoch noch einen weiteren Minijob haben, ist die Abrechnung korrekt. Denn bei einer sv-pflichtigen Hauptbeschäftigung kann unabhängig von der Entlohnung nur der erste Nebenjob ein Minijob sein; jedes weitere Beschäftigungsverhältnis muss dann zwingend mit LSt-Kl. 6 abgerechnet werden.

DerSchopenhauer  02.06.2015, 12:55

"das Beschäftigungsverhältnis bleibt weiter ein Minijob, solange Du keinen weiteren Minijob hast."

Grundsätzlich richtig - aber beim Minijob hat der ArbG ein Wahlrecht ob er nach Steuermerkmalen oder mit 2% Pauschsteuer abrechnet - und hier wurde offensichtlich Steuermerkmale gewählt.

Damit unterliegen auch die Einkünfte aus dem Minijob der vollen Besteuerung - und zwar von Januar an...

Das wirkt sich immer dann negativ aus, wenn parallel eine Hauptbeschäftigung ausgeübt wird...

FordPrefect  02.06.2015, 14:10
@DerSchopenhauer

Das stimmt, daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht. Das fände ich allerdings hinterrücks doch eher seltsam, wenn man bedenkt, dass gemäß OP der Minijob schon seit 2009 offenbar ohne LSt-Merkmale abgerechnet worden war. WIMRE ist eine einseitige Änderung doch ohne Änderungskündigung an dieser Stelle in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis gar nicht möglich?

darkjedi1109 
Beitragsersteller
 02.06.2015, 22:00

Danke auch für diese Antwort - ich habe aus allen Antworten viel gelernt und weiss jetzt auch was ich machen kann/soll/werde!