Kann ich einen Immobilienkaufvertrag auch nach zwei Jahren noch anfechten wegen arglistiger Täuschung?

6 Antworten

Denke nicht, geh stark von aus das du Verträge unterschrieben hast, auch beim Notar.

Ob er mit dem Notar befreundet ist oder nicht spielt keine Rolle, selbst wenn die verheiratet sind.

Du hast Geld bekommen und somit aus deiner Finanziellen und seelischen Notlage rausgekommen. Eine Rückwirkung aus dem Grund weil du dich nicht informiert hast und unterm Marktwert verkauft hast ist kein Grund, der Notar ist nicht für die Preisgestaltung verantwortlich. Es spielt auch keine Rolle ob das ganze sehr eilig war oder nicht, es gibt Termine.

So wie ich es jetzt herauslese scheint es ein komplizierter Fall zu sein.

Da es deiner Meinung nach um Betrug bzw. schweren Betrug geht, liegt die Verjährungsfrist bei 10 Jahren. Strafrechtlich hast du also jederzeit die Möglichkeit dagegen vorzugehen.

Das große Problem, es ist kein Problem wenn die andere Partei mit dem Notar befreundet ist.

Grundsätzlich ist aus juristischem Sinne da nicht viel zu machen. Du hast einen Kaufvertrag unterzeichnet und zugestimmt. Die kaufende Partei hat sich meiner Meinung nach weder straf- noch zivilrechtlich belangbar gemacht.

Das einzige was ich hier versuchen würde wäre den § 105 BGB durchzusetzen. Darunter Absatz C.:

"Nichtigkeit bei vorübergehender Störung der Geistestätigkeit oder bei Bewusstlosigkeit." In diesem Fall ist der Vertrag nichtig und kann angefechtet werden.

Nur ist da das große Problem, wie willst du das lupenrein nachweisen.

Der Fall scheint mir unfassbar komplex und ist nichts für diese Plattform. Wenn du die finanziellen Mittel besitzt solltest du einen Fachanwalt einschalten, ansonsten Drücke ich dir für die Zukunft beide Daumen. Das Leben geht schließlich weiter und bereitet jeden von uns Tiefpunkte und Glücksmomente.

Also zunächst vorab empfehle ich dir bei solchen Summen dringend um die Beurteilung durch einen fachkundigen Rechtsbeistand. Ich und andere Foren Mitglieder können dir nur eine rechtliche Einschätzung geben.

I. Was Deine Ausgangsfrage zur Anfechtbarkeit angeht ist folgendes zu sagen. Wenn Du arglistig getäuscht wurdest und diese Täuschung erheblich, dh. kausal für den Kaufvertrag war, dann kannst Du deine Willenserklärung natürlich anfechten. Für diese Anfechtung gilt eine Jahresfrist ab Entdeckung der Täuschung, § 124 BGB. Es kommt auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Irrtums an. Aus deiner Frage geht nicht konkret hervor, über welchen Umstand Du von deinem Vertragspartner getäuscht wurdest.

  1. Ich schätze Du zielst auf den Minderwert ab. In diesem Falle könnte aufgrund der Ausführungen zum Verhältnis des Notars zum Vertragspartner an § 123 Abs. 2 S. 1 BGB zu denken sein. Denn eine Täuschung kann zweifelsfrei auch durch Unterlassen begangen werden, sofern hierfür eine Aufklärungspflicht bestand. Ein Notar ist, soweit ich das beurteilen kann, regelmäßig gerade dazu berufen über den marktüblichen Preis aufzuklären. Gegenüber deinem Vertragspartner kann deine Willenserklärung dann angefochten werden, wenn er die Täuschung durch den Notar zumindest kennen musste. Das legen deine Ausführungen zur Person des Käufers mit Blick auf dessen Erfahrung im Immobilienmarkt zumindest nahe. Gleichwohl ersetzt dies keinen Beweis im Prozess.
  2. Deinem Beitrag lässt sich auch entnehmen, dass der Käufer eine gewisse Zwangslage aufgebaut hat. Zwar kann ihm deine seelische Situation nicht angelastet werden, doch in diesem Falle wäre eher an eine Drohung zu denken. Allerdings müsste er eine die freie Willensbildung beeinflussende Zwangslage geschaffen haben, indem er ein künftiges Übel in Aussicht gestellt hat. Dafür lassen sich keine Anhaltspunkte finden. Das "Drängen" auf den Kaufvertrag ist freilich zulässig.
  3. Gesetzt den Fall ein Anfechtungsgrund liegt vor müsstest Du vielleicht nochmal drauf eingehen, wann Du den Irrtum, dh. den weit unter Marktpreis liegenden Kaufpreis, festgestellt hast. Es sei noch darauf hingewiesen, dass ein Irrtum eine Fehlvorstellung voraussetzt; warst Du dir im Klaren, dass der Kaufpreis bei weitem nicht marktüblich ist, kann die Anfechtung nicht statthaft sein, weil die Täuschung des Geschäftsgegners in diesem Falle nicht kausal war. Ab da an hast Du ein Jahr Zeit die Anfechtung unter Nennung des Anfechtungsgrundes zu erklären. Hast Du möglicherweise eine Mitteilung an Notar oder Geschäftsgegner gemacht, die zwar nicht explizit von Anfechtung redet, wodurch sich aber dein Wille hierzu ergibt? Dies würde genügen, wenn sich diese Erklärung als Anfechtungserklärung auslegen ließe.

II. Soweit der Kaufvertrag nicht angefochten werden kann, ist an eine Nichtigkeit gem. § 138 Abs. 2 BGB zu denken. Das wurde völlig zu Recht bereits angesprochen und ist mE nicht fernliegend. In diesem Falle hättest du einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückgabe und Rückübereignung des Grundstücks gegen Rückzahlung des Kaufpreises.

Pauschalerweise kann ein Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen nicht bestimmt werden. Viel mehr ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Ausgangspunkt ist unstreitig die Differenz von Kaufpreis und Marktwert. Allerdings sind auch geschäftstypische Risiken zu berücksichtigen. Du hast angedeutet, das Grundstück sei mit vielen Lasten versehen. Wenn dies nicht bereits seinen Niederschlag im Marktwert gefunden hat, so wird das zugunsten der Käufers zu berücksichtigen sein. Eingebürgert hat sich aber die Faustregel von 100 % Differenz. Sprich: Ist das Grundstück das doppelte oder mehr wert, so ist ein (objektiver) Wucher naheliegend (f. Immobilienkäufe BGH, NJW 2009, 363 (364)). Indes ist auch zu bedenken, ob das Grundstück als solches eher hoch - oder "minderwertig" ist. Bei einem grundsätzlich weniger werthaltigen Grundstück sind Anpassungen nach oben möglich.

Daneben setzt der Tatbestand die Ausnutzung einer Zwangslage voraus. Du warst in einem seelischen und finanziellen Ausnahmezustand, im Immobiliengeschäft unerfahren. Der Käufer müsste sich dies gerade zu Nutze gemacht haben. Eine konstitutive Unterlegenheit ist mE nicht ausreichend. Die verwerfliche Gesinnung wird nach der Rechtsprechung aber regelmäßig vermutet (BGH NJW 2001 (1127)). Es ergeben sich also gewisse Erleichterungen. Auch kann sicherlich die Kaufmannseigenschaft des anderen einbezogen werden.

Nicht verschweigen möchte ich, dass teilweise vertreten wird den Kaufpreis infolge eines Wuchervertrages nach oben anzupassen, anstatt ihn für nichtig zu halten. Halte ich für falsch, weil Abs. 2 ein Spezialfall des Abs. 1 ist und dieser bereits die Rechtsfolge anordnet: Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes. Du müsstest daher in der Lage sein, den Kaufpreis zurückzuerstatten.

III. Stützt man sich nicht auf die Nichtigkeit des Vertrages, sondern erkennt dessen Bestand an, so bleibt es dir selbstverständlich unbenommen Schadensersatzansprüche gegen deinen Vertragspartner bzw. den Notar wegen einer etwaigen Aufklärungspflichtverletzung geltend zu machen, §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Da es hier um eine Täuschung geht, ist die Konkurrenz zur Anfechtung unbeachtlich. Dies hätte den Vorteil, dass der Schuldner auf deinen vollen Schaden haftet und Du lediglich eine Pflichtverletzung nachweisen musst sowie die Höhe des Schadens.

Es gilt sich mit einem guten Anwalt zusammenzusetzen und verschiedene Optionen durchzudenken. Nicht immer ist die Lösung, nach der man möglicherweise das meiste Geld bekommt auch die beste, weil nicht unerhebliche Prozessrisiken damit einhergehen und auch prozessökonomische Aspekte manchmal Zurückhaltung gebieten. Wichtig ist mir nur: Ich glaube nicht, dass Deine Situation aussichtslos ist und durchaus Musik in dem Fall sein kann. Genaueres zu beurteilen traue ich mir aber nicht zu und sollte auch nicht auf einer solchen Plattform sein.

Viel Erfolg

Ich muss mal kurz nachfragen.

Deine Großeltern sind irgendwann verstorben, es gab ein Testament, einen Notartermin, einen Erbschein, du wurdest ins Grundbuch eingetragen. Richtig?

Das geht erfahrungsgemäß alles nicht von heute auf morgen.

Du hättest dir also eigentlich lange Gedanken machen können, was mit dem Grundstück passieren soll.

Dann hast du leider einen Unfall, jemand kommt auf dich zu und bietet dir an, das Grundstück zu erwerben. Du stimmst zu, ohne dich zu informieren (zum Notar hast du es ja auch geschafft), erscheinst beim Notar, dessen Aufgabe übrigens nur in der Beurkundung besteht, unterschreibst.

Das war alles nicht besonders klug, fürchte ich. Tut mir leid.

Vom Notar wurde ich weder zur Preisgestaltung noch sonstwie aufgeklärt.

Warum auch? Das ist nicht seine Aufgabe. Er hat da ja auch keine Ahnung von. Er berät dich zu dem Vertrag. Zu dem man übrigens mit einer bestimmten Frist geladen werden muss, da kann man nicht sagen "innerhalb weniger Tage"

Alles sehr eilig, der Preis von ihm bestimmt.

Klar, so ein Vertrag wird auch unter den beiden Parteien verhandelt. Wenn du alles abgenickt hast - warum sollte er dann freiwillig mehr zahlen?