Kann ein Ausbildungsverhaeltnis per e-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur wirksam gekuendigt werden?
Gem. BGB § 126a kann die elektronische Form die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform ersetzen, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Bei der Kuendigung eines Arbeitsverhaeltnisses ist dies aber nicht moeglich, weil BGB § 623 hierfuer die elektronische Form ausdruecklich ausschliesst.
Im BBiG finde ich jedoch keine derartige Ausschlussbestimmung. Dies muesste nach meinem Verstaendnis doch bedeuten, dass ein Ausbildungsverhaeltnis durchaus auch per e-Mail gekuendigt werden kann, wenn diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.
Sehe ich das richtig oder habe ich da etwas uebersehen?
3 Antworten
Im § 22 Abs. 3 BBiG steht, dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Es steht hier zwar nicht ausdrücklich (wie im § 623 BGB), dass die Schriftform ausgeschlossen ist, das braucht es aber auch nicht.
Im § 126 Abs. 3 BGB steht ja, dass die elektronische Form erlaubt ist, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, ich sehe allerdings im § 22 BBiG nicht, dass dort irgend etwas steht, dass eine andere als die schriftliche Form, etwa durch Tarifvertrag zulässig ist. Nicht alles was explizit nicht verboten ist, ist automatisch erlaubt.
Außerdem gibt es im § 10 Abs. 2 einen Hinweis auf die Anwendung des § 623 BGB auf das Ausbildungsverhältnis. Da steht:
"Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden".
oder habe ich da etwas uebersehen?
Du siehst, Du hast etwas übersehen.
Danke fürs Sternchen
Noch einen Fehler entdeckt, Asche auf mein Haupt ;-((
dass die Schriftform ausgeschlossen ist,
Gemeint ist, dass die elektronische Form ausgeschlossen ist. Ich war wohl noch nicht ganz wach
Im § 126 Abs. 3 BGB steht ja, dass die elektronische Form erlaubt ist, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, ich sehe allerdings im § 22 BBiG nicht, dass dort irgend etwas steht, dass eine andere als die schriftliche Form, etwa durch Tarifvertrag zulässig ist. Nicht alles was explizit nicht verboten ist, ist automatisch erlaubt.
Wenn BGB § 126 Abs. 3 regelt, dass die elektronische Form die Schriftform ersetzten kann, sofern sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, heisst das nach meinem Verstaendnis, dass die elektronische Form nur dann die Schriftform nicht ersetzen kann, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Es ist also eine gesetzliche Regelung erforderlich, die das Ersetzen der Schriftform durch die elektronische ausdruecklich untersagt. Schreibt das Gesetz also einerseits die Schriftform vor, untersagt die elektronische Form aber nicht ausdruecklich, ist die elektronische Form nach meinem Verstaendnis zulaessig. So haben wir es ja auch beispielsweise bei der Kuendigung von Mietvertraegen.
Außerdem gibt es im § 10 Abs. 2 einen Hinweis auf die Anwendung des § 623 BGB auf das Ausbildungsverhältnis.
Das hatte ich tatsaechlich uebersehen. Darueber werde ich mir wohl noch ein wenig den Kopf zerbrechen muessen. So ganz ueberzeugt bin ich naemlich noch nicht. Warum schreibt BBiG § 22 Abs. 3 dann ueberhaupt die Schriftform vor, wenn sie auch ohne eine ausdrueckliche Erwaehnung im BBiG vorgeschrieben waere?
Bin mal gespannt, was dazu noch so alles kommt.
Warum schreibt BBiG § 22 Abs. 3 dann ueberhaupt die Schriftform vor, wenn sie auch ohne eine ausdrueckliche Erwaehnung im BBiG vorgeschrieben waere?
Weil im Ausbildungsverhältnis, im Gegensatz zum "normalen" Arbeitsverhältnis, außer der Schriftform vorgeschrieben ist, dass der Kündigungsgrund genannt wird.
Macht Sinn. So langsam ueberzeugst du mich.
Auch dort im 2. Absatz der Hinweis auf die Regelung des BBiG § 10 Abs. 2 (ohne diesen ausdruecklich zu benennen). Das ist hier wohl der Knackpunkt, den ich urspruenglich nicht bedacht hatte.
Dieser verflixte BBiG § 10 Abs. 2 scheint mir meine ganze huebsche These voellig zu zerschmettern. Dabei hat die mir doch so gut gefallen.
Tut mir leid, Du hast aber gefragt ;-))
Im BBiG finde ich jedoch keine derartige Ausschlussbestimmung.
Du nennst die Bestimmung doch selbst. 263 BGB: Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.
BGB 623 bezieht sich aber doch ausdruecklich auf Arbeitsverhaeltnisse und eben nicht auch auf Ausbildungsverhaeltnisse.
du hast was übersehen
Bei der Kuendigung eines Arbeitsverhaeltnisses ist dies aber nicht moeglich, weil BGB § 623hierfuer die elektronische Form ausdruecklich ausschliesst.
damit hast dir die Frage selbst beantwortet
auch eine Lehre ist ein Arbeitsverhältnis
auch eine Lehre ist ein Arbeitsverhältnis
Nein.
Das BGB § 623 gilt trotzdem, weil das Berufsbildungsgesetz BBIG § 10 Abs. 2 allgemein auf die Geltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen verweist.
Junge, bist du schnell ;-)
BGB 623 bezieht sich aber ausdruecklich auf Arbeitsverhaeltnisse. Meine Frage bezieht sich hingegen auf Ausbildungsverhaeltnisse. Somit gelten die Regelungen des BBiG und eben nicht die des BGB zur Kuendigung von Arbeitsverhaeltnissen. Dort finde ich aber kein Verbot der elektronischen Form.
Bestimmungen aus dem allgemeinen Arbeitsrecht können auch gelten. Wenn das BBiG etwas nicht regelt, kann das eine "Regelungslücke" sein. Oder es sollen Bestimmungen aus dem BGB gelten.
Er hat recht, ein Ausbildungsverhältnis ist lt. aktueller höchster Rechtsprechung kein Arbeitsverhältnis.
Dort steht aber im Gegensatz zu BGB 623 nicht, dass die elektronische Form ausgeschlossen ist. Somit greift nach meinem Dafuerhalten BGB 126a, der die elektronische Form gerade bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform dann ausdruecklich zulaesst, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.
okay, aber im BBiG §22 Abs. 3 steht in Schriftform - wenn müsste dort eine Ergänzung sein, die die elektronische Form zulässt. das steht da nicht.
also Grauzone; oder wie oder was?
wenn müsste dort eine Ergänzung sein, die die elektronische Form zulässt
Nein, eben nicht. Wenn die elektronische Form nicht ausdruecklich ausgeschlossen wurde, gilt BGB § 126a.
Das gleiche haben wir beispielsweise bei der Kuendigung von Mietvertraegen. Dort ist zwar die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben (BGB § 568 Abs. 1), die elektronische Form aber nicht ausdruecklich ausgeschlossen. Da nun aber BGB § 126a die elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur an Stelle einer gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform ausdruecklich zulaesst, koennen Mietvertraege auch auf diesem Weg wirksam gekuendigt werden.
Bei Arbeitsverhaeltnissen - nach meinem Verstaendnis aber nicht auch bei Ausbildungsverhaeltnissen - ist dies jedoch nicht zulaessig, weil BGB BGB § 623 die elektronische Form bei der Kuendigung eines Arbeitsverhaeltnisses ausdruecklich ausschliesst.
Wenn das BBiG etwas nicht regelt, kann das eine "Regelungslücke" sein. Oder es sollen Bestimmungen aus dem BGB gelten.
Wieso in diesem Fall die Regelungen des BGB gelten sollen, obwohl doch eigentlich das BBiG die fuer Ausbildungsverhaeltnisse geltenden Regelungen enthaelt, kann ich nicht nachvollziehen.
Aber warten wir mal ab, bis unsere Arbeitsrechtexperten Familiengerd, Hexle2, RobertLiebling, DerSchopenhauer u.s.w. wach sind. Bin gespannt, was die dazu sagen. Koennte spannend werden. Vielleicht bekomme ich aber auch maechtig eins aufs Dach ;-)
Wieso in diesem Fall die Regelungen des BGB gelten sollen, obwohl doch eigentlich das BBiG die fuer Ausbildungsverhaeltnisse geltenden Regelungen enthaelt, kann ich nicht nachvollziehen.
Weil das Berufsbildungsgesetz BBIG mit § 10 Abs. 2 allgemein auf die Geltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen verweist, soweit sich aus dem Ausbildungsvertrag nichts (rechtlich erlaubt) Anderes ergibt.
Somit ist die Bestimmung des BGB § 623 zur zwingenden Schriftform der Kündigung von Arbeitsverhältnissen auch auf Ausbildungsverhältnisse anzuwenden!
Es besteht somit auch keine "Regelungslücke".
Weil das Berufsbildungsgesetz BBIG mit § 10 Abs. 2 ...
Ja, das hatte ich urspruenglich nicht bedacht. Hexle2 hat mich aber schon vor ein paar Stunden darauf hingewiesen und somit ist die Sache geklaert. Meine These war falsch.
Hexle2 hat mich aber schon vor ein paar Stunden darauf hingewiesen
Sorry, habe ich leider nicht gesehen.
Sorry, habe ich leider nicht gesehen.
Ist schon in Ordnung. Ausserdem hatte ich dich (neben anderen) ja in einem Kommentar auch ausdruecklich um eine Stellungnehme gebeten bzw. erwaehnt, dass ich mir eine solche wuensche.
Weia ... hab ich auch nicht gesehen/nicht darauf geachtet! ☹️
Nachtrag:
Gemeint ist das BBiG, habe ich vorher vergessen zu schreiben