Darf mein Chef eine Lohnkürzung durch Erpressung erwirken?
Ich bin in einem Einzelhandelsunternehmen mit 11 Beschäftigten tätig. Durch verschiedene unternehmerische Fehlentscheidungen hat mein Chef die Firma in eine wirtschaftliche Schieflage manövriert. Natürlich gibt er das nicht zu, also ist eine momentan schwierige Situation im Handel Schuld. Als Folge will er Einsparungen treffen und als Erstes seinen Angestellten ans Gehalt.
Er möchte uns per Ergänzung zum Arbeitsvertrag 1 Jahr lang 5% weniger Gehalt zahlen. Falls die Angestellten dieser Änderung nicht zustimmen, droht er die Hälfte der Belegschaft zu entlassen. Er will diese Änderung sogar rückwirkend zum 01.02. umsetzen. Aus meiner Sicht ist das Erpressung. Aktuell ist er übrigens gerade dabei 2 neue Arbeitskräfte einzustellen.
Darf er diese Änderung rückwirkend verlangen?
Ist es rechtens gleichzeitig 2 neue Arbeitskräfte einzustellen?
Muss ich dieser Änderung überhaupt zustimmen?
Falls ja, habe ich nach einem Jahr irgendeinen Anspruch auf mein normales ungekürztes Gehalt?
Kann er seine Drohung wahr machen und die halbe Belegschaft entlassen? Muss er irgendwelche Regeln dabei beachten?
Habe ich bei Kündigung nach 6 Jahren Anstellung Anspruch auf eine Abfindung und nach welcher Formel kann man diese berechnen?
Falls ich der Änderung zustimme und die Firma geht in 6 Monaten trotzdem pleite, kann ich dann beim Arbeitsamt irgendwie mein altes Gehalt geltend machen?
Da haben sich ein paar Fragen angesammelt, hoffentlich hat jemand dazu ein paar Antworten parat.
Dank und Grüße
Max
6 Antworten
Das geht natürlich gar nicht. Ich würde mich auf jeden Fall von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.
An und für sich wäre mir das völlig neu das ein Arbeitgeber (AG) rückwirkend verlangen darf. Ich meine er darf das unter keinen Umständen.
Da er auch gleizeitig 2 neue Angestellte einstellen will (eventuell mit ganz anderen Arbeitsvertägen) würde ich mal behaupten da ist was faul.
Falls er Leute von heute auf Morgen entlassen will kann er das unter 2 Punkten machen. Erstens, im Laufe der Probezeit ohne begründung. Oder Zweitens, Betriebsbedingt, allerdings wird dann eine Abfindung fällig. Sonst hat er nur die Möglichkeit die Verträge auslaufen zu lassen (nicht zu verlängern). Oder er würgt euh irgendwie 3 Abmahnungen rein (die allerdings Begründet sein müssen) und wirft diese Person raus.
Falls die Firma Pleite geht hast du berechtigung Arbeitslosengeld 1 zu beantragen. Wie lange das läuft und wieviel es ist kann ich dir allerdings nicht genau sagen. Auf jeden Fall deutlich mehr als der ALG 2 (Hartz 4) Satz.
Ich würde dir empfehlen dich an die Ver.di zu wenden. Dort kann dir am ehesten Fachgerecht und Kompetent geholfen werden.
Gegenfrage mit einbeziehung des Verdi was ich oben meinte. Habt ihr einen Betriebsrat? Falls nicht würde ich unter deinen genannten Umständen schleunigst einen Gründen mit deinen Arbeitskollegen. Hilfe bietet euch hier auch die verdi an.
Falls er sich dagegenstellen will, darf er das nicht!!!
Wer darf denn einen BR (Betriebsrat) gründen? Grundsätzlich jeder Arbeitnehmer in einem Betrieb. Die Initiative zur Gründung eines Betriebsrates geht immer von den Beschäftigten eines Betriebes selbst aus. Tun Sie sich mit Gleichgesinnten zusammen, drei engagierte Kollegen können die Gründung eines Betriebsrates betreiben. Eine Abstimmung darüber ist nicht erforderlich. Auch der Arbeitgeber kann eine Gründung nicht verhindern. Tatsächlich darf er das gar nicht, will er sich nicht strafbar machen. Im Betrieb müssen jedoch mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sein, von denen drei das passive Wahlrecht besitzen. Das bedeutet, dass sie sich zur Wahl aufstellen lassen können.
Wünsche dir und deinen Kollegen viel erfolg und irgendwo deinem Chef das ihr nicht dicht machen müsst.
Toi Toi Toi und Viel glück
Mfg Veno
Ja wow. Eine 2 Wochen Frist bei den Leuten mit Probezeit. Die sind ganz schnell vorrüber.
Nochmal zum Thema Abfindung. Wenn ein Arbeitgeber eine rechtmäßige Kündigung ausspricht, braucht er grundsätzlich keine Abfindung zu zahlen! Das heisst die Verträge müssen auslaufen!
Es ist jedoch möglich, dass der Arbeitgeber im Falle einer betriebsbedingten Kündigung dem gekündigten Arbeitnehmer gemäß § 1a KSchG eine Abfindung anbietet (muss). Zum Entstehen des Abfindungsanspruchs muss der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hinweisen, dass er die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist von drei Wochen eine Abfindung beanspruchen kann. Die Höhe der Abfindung beträgt gemäß § 1a Absatz 2 KSchG ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Was ist an dem "gerede" über Abmahnungen denn falsch? Erklärs mir.
Die Abmahnung ist für die verhaltensbedingte außerordentliche (fristlose) Kündigung in § 314 Abs. 2 BGB geregelt. Die Vorschrift ist entsprechend auch auf ordentliche (fristgerechte) Kündigungen anwendbar. Daneben ergibt sie sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die Zahl der erforderlichen Abmahnungen hängt jeweils vom Einzelfall ab. Insbesondere bei leichteren Pflichtverstößen (etwa bei geringfügiger Verspätung) können nicht nur eine, sondern zwei oder drei Abmahnungen für eine Kündigung nötig sein. Andererseits kann bei sehr schwerwiegenden Pflichtverletzungen (Diebstahl, Unterschlagung) unter Umständen auch ohne Abmahnung gekündigt werden.
Was möchtest ihr? Sichere Arbeit bei 5 Prozent weniger oder ALG 1 sicher wenn der Richter beim Arbeitsgericht die freundliche Lösung des Arbeitgebers ohne Entlassungen? Da ist 5 % nichts gegen die Entlassung. das Gehalt kann durch ergänzende Sozialhilfe aufgestockt werden!
Das was der Chef vorhat scheint z.t. überhaupt nicht rechtens zu sein. Red ihm doch nicht son Müll ein.
Eine Gehaltskürzung geht nur über eine Änderungskündigung. Diese muss wiederum fristgerecht erfolgen. Da kann man euch wirklich nur raten, euch alle in die innere Kündigung zu begeben und nach etwas anderem Ausschau zu halten. Froh werdet ihr da alle nicht mehr.
Verlangen kann er gar nichts, bitten darf er euch aber sehr wohl darum.
Wenn der Betrieb die volle Belegschaft nicht mehr traegt, kann er natuerlich betriebsbedingt kuendigen. Sollte kein Kuendigungsschutz bestehen (nicht mehr als 10 Vollzeitkraefte, "Teilzeitler" zaehlen anteilig, Auszubildende ueberhaupt nicht), ginge das sogar sehr einfach und ohne Begruendung.
Mit Erpressung hat das recht wenig zu tun. Vielmehr scheint der Chef der Meinung zu sein, mit dieser Massnahme den Betrieb retten zu koennen. Ob ihm dies aber gelingen wird, darf wohl bezeifelt werden.
die Fristen sind allerdigs einzuhalten, auch in der Probezeit.
Eine Abfindung ist kein MUSS, ich kenn jedenfalls kein Gesetz darüber.
Dein Gerede über die Abmahnungen ist falsch und unsinnig.