(Arbeitsrecht) Nach 30 Jahren: Gehaltskürzung oder Kündigung!?
Liebe Community,
eine Bekannte hat Probleme auf der Arbeit: Sie ist seit knapp 30(!!) Jahren als Arzthelferin in einer Praxis angestellt und hatte bis vor Kurzem auch keine Probleme mit Ihrem Chef und den Kollegen. Dann hat der Chef seine Geliebte in die Praxis geholt und die hat dann so eine Art Zickenkrieg mit meiner Bekannten angefangen und versucht, den Chef gegen sie aufzuhetzen.
Vor gut einem Jahr hat sich meine Bekannte wg. psychischer Probleme krankschreiben lassen. Zum Ärger auf der Arbeit kamen versch. Belastungen aus dem privaten Umfeld dazu, was in so einer Art Burn-Out resultierte. Seit Kurzem versucht sie sich wieder an die Arbeit ranzutasen (Hamburger Modell).
Anfangs sah es so aus, als ob sie ihren Weg wieder reinfindet. Nun stellte aber ihr Chef sie vor ein dreistes Ultimatum: Angeblich kann er sich das hohe Gehalt meiner Schwester nicht mehr leisten bzw. die Kolleginnen hätten sich angeblich beschwert, dass meine Bekannte mehr Geld verdient (sie ist aber auch mit Abstand am längsten dort angestellt). Er möchte ihr das Brutto-Gehalt um ein volles Drittel(!) kürzen. Wenn Sie sich darauf nicht einlässt, würde er ihr kündigen.
Meine Bekannte hat sofort einen Termin bei einem Anwalt für Arbeitsrecht gemacht, um sich beraten zu lassen. Dessen ungeachtet: Was haltet ihr davon? Mal abgesehen davon, dass ein solches Ultimatum eine bodenlose Frechheit und Ungerechtigkeit darstellt, wie weit darf ihr Chef wirklich gehen? Welche Rechte bzw. Möglichkeiten hat meine Bekannte, um sich zu schützen?
Danke im Voraus.
VG Marcus
7 Antworten
So einfach wie der AG das machen will, ist es nicht. Er kann den Arbeitsvertrag nicht einseitig ändern, wenn Deine Bekannte (oder Schwester?) das nicht möchte.
Der AG kann es mit einer Änderungskündigung versuchen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten:
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Der AN ist einverstanden und arbeitet zu den neuen Bedingungen
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Der AN lehnt ab, was einer Beendigungskündigung gleichkommt
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Der AN nimmt unter Vorbehalt an. Er arbeitet zu den neuen Bedingungen, lässt aber beim Arbeitsgericht die Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung prüfen. Ist die Änderungskündigung nicht wirksam, arbeitet der AN zu den alten Bedingungen weiter.
Bei der 2. und 3. Möglichkeit muss innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Der AG muss auch bei einer Änderungskündigung die Kündigungsfrist (hier wären es nach § 622 Abs. 2 BGB 7 Monate zum Monatsende ) einhalten. Selbst bei Zustimmung könnte er nicht vorher das Gehalt kürzen. Das wäre auch einklagbar.
Ich vermute mal, es handelt sich bei der Praxis um einen Kleinbetrieb mit nicht mehr als 10 ständigen Vollzeitkräften. Hier greift zwar das Kündigungsschutzgesetz i.d.R. nicht aber auch AN in Kleinbetrieben sind nicht völlig schutzlos. Es gibt zivilrechtliche Generalklauseln (§§ 242, 238 BGB) die vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts durch den AG schützen.
Da hier der AG offensichtlich nur (evtl. ) kündigt um Geld zu sparen, kann man auch bei einem Kleinbetrieb gerichtlich gegen solche Kündigungen vorgehen. Das wird aber der Anwalt Deiner Bekannten ausführlich mitteilen können.
Danke fürs Sternchen
Auf keinen Fall selber Kündigen. Könnte ein teil der Abfindung kosten und sie wird auf jedenfall eine sperre beim JC/AA bekommen.
Also der Gedanke sollte sie ganz ganz ganz weit weg schieben.
Solange, wie sie sich nichts zu Schulden kommen lassen hat hat er auch keine Handhabe sie zu Kündigen.
Desweiteren wird sie Probleme haben, wegen des alters eine neue Stelle zu bekommen.
Der AG weis ja (auf Grund des Hamburger Modell), dass sie wegen der Psyche Krankgeschrieben war/ist. Und sie dann jetzt so unter druck zu setzen ist mehr als unterirdisch.
Es gibt bestimmt Gesetzliche Regelungen, wie das Gehalt gezahlt wird in der "Hamburger Zeit". Und danach muss man zusehen, ob sie noch Vollzeit tätig sein kann oder ob es nicht in einer Teilzeit endet. Sie kann ja bei Teilzeit nicht Vollzeit bezahlt werden. Aber auf Grund ihrer Betriebsangehörigkeit ist sie automatisch in einer anderen Gehaltsklasse.
Sie hat 30! Jahre gute Arbeit abgeliefert und jetzt die Billige Entsorgung würde ich mir auch nicht bieten lassen.
Sie soll sich weiterhin gut von ihrem Anwalt beraten lassen und um so "unbeschadet" wie möglich sich auch an seine "Anweisungen" halten.
Alles gute
lg
Wenn sie einen Anwalt hat, sollte sie die fachliche Hilfe haben, die sie braucht.
Vielleicht steht ihr auch eine Abfindung zu nach so langer Betriebszugehörigkeit.
Sie sollte sich woanders bewerben.
Es soll auch noch Chefs geben, die auf Erfahrung setzen.
eher nicht,ist zu teuer und Einarbeitung geht viel fixer!
Was ich davon halte? Ganz ehrlich: den Dolch im Gewande.
Anwalt, sie soll sich das bloss nicht gefallen lassen.
Gehalt kürzen, gar noch um 1/3, geht gar nicht.
"die Kolleginnen haben sich beschwert..".. hallo? Der gute Mann macht die Verträge, hat auch den Deiner Bekannten gemacht.. macht da große Unterschiede und wenns auffällt, zieht er den Schwanz ein und kürzt angeblich auf Kollegenwunsch den Lohn? Bzw. versucht es?
Sie soll sich bloß nicht zu irgendwas drängen lassen. Sie unterschreibt nix, und wenn er vor ihr steht und meint: sofort unterschreiben, sonst geht die Welt unter und sie sind schuld.
Der weiss ganz genau, dass sie im Moment psychisch vielleicht noch nicht wieder die Stabilste ist. Und unter Druck womöglich einknickt. Und das versucht er auszunutzen, um´s mal klar zu sagen.
Tschuldigung, es gibt ein unfeines Wort für so jemanden. So viel zum Thema Loyalität nach so langer Zeit.
Also: Anwalt, nix unterschreiben beim AG, nur mit Rechtsberatung handeln.
(und den Kerl innerlich abschießen oder sonst was)
übrigens, wenn er sie kündigt hat er ne ganz schön lange Kündigungsfrist zu beachten: http://www.kuendigungsschutzrecht.com/kuendigungsfristen/
30 Jahre hin oder her, betriebsbedingt kann er ihr jederzeit kündigen - natürlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist.
Eine Arbeitsstelle ist keine Wohnung, eine Kündigung ist jederzeit möglich.
Betriebsbedingt bedeutet: Sehr geehrte Frau Soundso, bedingt durch eine Umstrukturierung der Betriebsabläufe in meinem Unternehmen (Anm: eine Praxis ist auch nichts anderes) entfällt Grundlage einer weiteren Beschäftigung von Ihnen. Ich bedauere daher, Ihren Arbeitsvertrag vom xx.xx.19irgendwas unter Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum xx.xx.2015 künigen zu müssen. Für Ihren weiteren Lebensweg wünsche ich Ihnen alles Gute. MfG. Dr. Dingensmummens.
Mehr ist dazu gar nicht notwendig und gegen diese Vorgehensweise gibt es keinerlei Rechtsmittel.
Komm jetzt nicht mit ungerecht, Gerechtigkeit ist rein subjektiv, entscheident ist alleine das geschriebene Recht.
Das Ultimatum mag wenig feinfühlig sein, dennoch ist es sicherlich nicht unzulässig, eine Stufe härter wäre, ihr sogleich betriebsbedingt zu kündigen. So hat sie wenigstens die Wahl, bleibt sie für weniger Geld (und Arbeitszeit) oder geht sie ganz.
Natürlich ist der Zickenkrieg eigentliche Ursache dafür, jedoch sich auf einen Zickenkrieg mit dem Freizeitamboss des Chefs einzulassen war sicherlich eher wenig zweckdienlich und taktisch mehr als unklug, sie konnte nur verlieren, da die Gegenpartei mit dem Chef in einem Bett pennt (u.A.). Besser wäre es sicherlich gewesen, Ja und Amen zu allem, die Tante hat halt recht bei allem und freundlich tun.
Der Burnout war sicherlich die Folge, jedoch nur noch ein weiterer Grund, sie aufs Abstellgleis zu rangieren und eines schönen Abens haben sich die Zwei im Nest darüber unterhalten, was Du Dir wie folgt vorstellen kannst: "Schatzile, warum schiebst Du die XXXXX nicht einfach ab? Was kannst Du eigentlich mit der anfangen? Die kostet Deine Kohle und bringt gar nichts!" Und schwupp ist sie weg - deswegen taktisch unklug, die kann Mittel einsetzen, welche Deine Freundin nicht hat.
Und folgende Kündigungsfristen hat abhängig von der betriebszugehörigkeit der AG zu beachten (nicht der AN)
Woanders bewerben ist einen Versuch wert, aber wenig aussichtsvoll in dem Alter. Ärzte bevorzugen junge Arzthelferinnen,schon wegen deren niedrigem Gehalt.