Erhöhung des Mindestreservesatzes - Einfluss auf Giralgeldschöpfungsmöglichkeiten?
Hallo,
in meinem Lehrbuch steht: Bei einer Erhöhung des Mindestreservesatzes der EZB reduzieren sich die Giralgeldschöpfungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken.
Jetzt meine Frage: Warum ist das so? Giralgeld entsteht doch durch Kreditvergabe und nicht durch die Einlagen der Sparer. Von daher hat doch der Mindestreservesatz keinen Einfluss. Es wäre doch beispielsweise egal, ob die Kreditinstite 10 € oder 20 € auf ihr Zentralbankkonto überschreiben würden. Und die Kredite der Banken entstehen ja auch nicht durch das Zentralbankgeld. Warum würden also die Banken bei einer Erhöhung des Reservesatzes weniger Kredite vergeben?
Danke vorab und bitte nur ernstgemeinte Antworten!
LG
Simon
Liebe/r SimonWiesheier,
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3 Antworten
Die Legende, dass die Banken sich nach belieben Geld schöpfen können, wird immer gern verbreitet.
Das ändert aber nichts daran, dass Mindestreservesatz und Eigenkapitalvoraussetzungen dem entgegen stehen.
Ausserdem wird bei der ganzen Geldschöpfungsstory immer vergessen, dass es für die kreditvergebende Bank ja auch das Risiko des Kreditausfalls gibt.
Machen wir mal ein Beispiel (natürlich vereinfacht). Eingenkaitalerfordernis 5 %.
Eine Bank hat 100 Mio. EK.
also können 4 Mrd. Kredite vergeben werden. 100.000 Kredite a 40.000,- Euro.
bei 1 % Mindestreserve müssen nun 40 Mio. bei der EZB hinterlegen.
wenn 1 % der Kredite verloren gehen, entspricht 40 Mio. was schon mal 40 % des Eigenkapitals.
Diese Risiken müssen also aus dem Zins erwirtschaftet werden, neben den Kosten der Bank.
Daher auch die restriktive Politik der Banken trotz geringer Zinsen und der Geldschöpfungsmöglichkeiten.
Eine Erhöhung der Eigenkapitalvoraussetzungen, oder Mindestreservesätze macht die Kreditvergabe teurer, aber grundsätzlich nicht problematischer.
Die Frage sind eher die Geschäftspolitik.
Eine Teilzahlungsbank, die zu einem großen Teil ohne gute Sicherheiten arbeitet (finanzierte Autos sind schon 3 Tage nach dem Kauf 25 % weniger Wert, Möbel, Urlaubserinnerungen sich nicht verwertbar), also hohe Zinsen um die Risiken abzusichern, denn die Kreditausfälle werden von den anderen Kreditnehmern gezahlt.
Inwiefern? Durch Giralgeld kann die Bank doch nichts verlieren.
Das ist ja der Irrtum an dieser Legende, die Banken machten sich Geld und das ist Gewinn.
Eine Bank, sagen wir die ABC Bank, vergibt einen Kredit:
Buchung:
Kredit Kunde Müller 40.000,- Euro
an Girokonto Müller 40.000,- Euro.
Damit hat sich (nur der Ordnung halber) die Bilanzsumme um 40.000,- Euro erhöht (und die Bank muss 400,- Euro mehr an Mindestreserve bei der EZB hinterlegen).
Nun überweist Kunde Müller den Kaufpreis von 40.000,- Euro an das BMW Autohaus für den 3er BMW. Die haben ihr Konto bei deutschen Bank.
Buchung in der ABC Bank:
Girokkonto Kunde Müller 40.000,- an Korrespondenzkonto Deutsche Bank, oder Girozentrale 40.000,- Euro.
Das laufende Konto müller ist nun 0,- euro (oder wieder beim alten Stand).
Das Geld für sein Auto ist für die ABC Bank weg. das hat nun die Deutsche Bank, bzw. deren Kunde BMW Autohaus.
Wenn nun Kunden Müller nach zwei Jahren arbeitslos wird udn die Kreditraten nciht mehr zahlen kann, wird das Auto versteigert. Restkredit ist 30.000,-, Verkaufserlös Auto 20.000,-.
Den rest von 10.000,- bucht die Bank:
Abschreibungen auf Kreditforderungen an
Kreditkonto Kunde Müller 10.000,- Euro und das belastet die Gewinnrechnung.
Hört sich logisch an.
Wenn die ABC-Bank Geld an die Deutsche Bank überweist, muss sie ja dafür Zentralbankgeld verwenden, oder?
Dann verringert sich ja der Bestand an Zentralbankggeld der ABC-Bank. Würde sie nicht dadurch schon einen Verlust einfahren? Weil sie ja wieder Geld bei der EZB aufnehmen muss für Reserven,...?
Ich habe jetzt noch eine kleinere Frage :)
Wenn die ABC-Bank einen Kredit an Herrn Müller vergibt, schreibt sie seinem Girokonto 40000 € gut in Form von Giralgeld. Jetzt könnte doch Herr Müller hergehen und sagen er will die 40000 € in Bar, also Zentralbankgeld, ausbezahlt bekommen? Auch das wäre doch wieder ein Verlust, oder nicht?
Darin liegt der Irrtum. Durch die Geldschöpfungsmöglichkeit können sich Banken ihre Verluste eben nicht einfach "wegschöpfen" , da eben den "erzeugten" Krediten auch immer Verbindlichkeiten gegenüberstehen.
Wenn die ABC-Bank einen Kredit an Herrn Müller vergibt, schreibt sie seinem Girokonto 40000 € gut in Form von Giralgeld.
stimmt
Jetzt könnte doch Herr Müller hergehen und sagen er will die 40000 € in Bar, also Zentralbankgeld, ausbezahlt bekommen?
stimmt auch
Auch das wäre doch wieder ein Verlust,
stimmt nciht, das ist nur eine Verschiebung von Bilanzposten. die Verbindlichkeit gegenüber Müller (sein Kontoguthaben bei der Bank) wird getauscht gegen eine Verminderung des Bargeldbestands.
Und trenne dich von dieser Unterscheidung "Zentralbankgeld" und "Giralgeld."
Wenn das Geld erstmal gebucht ist, hat es auf die Gewinnrechnung bei der Bank keinen Unterschied mehr.
Also, vieles von dem was Du schreibst ist richtig. dafür erst mal ein Lob !!
Wichtig ist, dass durch die Giralgeldschöpfung eben nicht nur "ein Kredit ohne Gegenleistung" entsteht ( dein Kommentar zum Verlustausgleich lässt vermuten, dass Du dies annahmst ) , sondern es entsteht eine Forderung und eine Verbindlichkeit in der gleichen Millisekunde.
Und da bei der Geldschöpfung auch Einlagen entstehen, ergibt sich somit u.U. auch eine Mindestreservepflicht dieser Einlagen und eben eine höhere zu haltenden Mindestreserve für die Geschäftsbank.
Du schreibst, es wäre egal, ob die Bank 10 oder 20 Euro auf das Zentralbankkonto überträgt, nur wo soll sie das hernehmen. Wie Du richtig erkannt hast, gibt es einen Unterschied zwischen Geld und Zentralbankgeld. Und die Zentralbank will zur Erfüllung der Mindestreserve eben Zentralbankgeld, dass wiederum nur die Zentralbank "schöpfen" kann, die Banken sind also hier in einer gewissen Abhängigkeit, da sie die Giralgeldschöpfung eben nur betreiben können, wenn die Zentralbank die hieraus resultierenden höheren Mindestreserveanforderungen entsprechen allimentiert ( wow, das klint fast wie im Lehrbuch ).
Dieser Sachverhalt , und deshalb steht es ja im Lehrbuch , ist nur theoretisch relevant. In der Praxis war es schon immer so, dass die Zentralbanken immer soviel Zentralbankgeld bereitgestellt haben, wie benötigt wurde.
Danke!
Diese Erkenntnis habe ich gestern gewonnen. Ich glaube, dass ich ´die Thematik nun einigermaßen verstanden habe. :)
LG
Schon gelesen? http://de.wikipedia.org/wiki/Mindestreserve und den Link über Geldschöpfung.
Danke, aber:
"Die Mindestreserve ist ein mengenwirksames und liquiditätspolitisches Instrument der Geldpolitik. Sie ermöglicht es der Zentralbank, die Geschäftsbanken bei ihrer Kreditverteilung von ihren eigenen Krediten bei der Zentralbank abhängig zu machen, indem sie die Mindestreservepflicht erhöht oder senkt."
Genau das ist der Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann. Kreditgeld ist doch Giralgeld. Im Prinzip könnte ich jetzt meine Frage nochmals aufschreiben!
Könntest du mir das vielleicht erklären? Ich wäre dir sehr dankbar!
LG
Hier ein anschauliches Beispiel über die Geldschöpfung in Abhängigkeit von der Höhe des Mindestreservesatzes:
Aber das würde doch wieder bedeuten, dass das Giralgeld durch die Sichteinlagen der Bankkunden entsteht? Ich dachte, dem wäre nicht so??
Vielen Dank!
"wenn 1 % der Kredite verloren gehen, entspricht 40 Mio. was schon mal 40 % des Eigenkapitals."
Inwiefern? Durch Giralgeld kann die Bank doch nichts verlieren.
*"Machen wir mal ein Beispiel (natürlich vereinfacht). Eingenkaitalerfordernis 5 %.
Eine Bank hat 100 Mio. EK.
also können 4 Mrd. Kredite vergeben werden. 100.000 Kredite a 40.000,- Euro"*
Das würde bedeuten, dass die Kreditvergabe auf gewisse Werte (EK) basiert? Ich dachte, Kreditsummen kann die Bank einfach so (also Giralgeld) vergeben?