Wie stelle ich sicher, dass meine restl. BaföG-Schulden erlassen werden?
Der Rückzahlungszeitraum für BaföG wurde von 30 aus 20 Jahre reduziert. Wer vor 2019 BaföG erhielt hat ein Wahlrecht, und kann auch den Zeitraum von 20 Jahren in Anspruch nehmen.
Mein Rückzahlungszeitraum liegt nun bereits bei ca 24 Jahren. Zur Zeit bin ich wegen zu geringem Einkommen von der Rückzahlungspflicht befreit. Wenn ich nun das Wahlrecht in Anspruch nehme, und mein Zeitraum nun nur noch 20 Jahre beträgt, ist dieser Zeitraum also damit abgelaufen. Heißt dies also, dass mir damit die gesamte Restschuld erlassen wird? So steht es auf den Seiten des Bundesverwaltungsamtes:
https://www.bafög.de/de/darlehensrueckzahlung-200.php
" Wer im gesamten Rückzahlungszeitraum allen Zahlungs- und/oder sonstigen Mitwirkungspflichten im Darlehenseinziehungsverfahren des BVA (z.B. fristgemäße Stellung von Freistellungsanträgen und Einreichung von Unterlagen, keine verzugsbegründend verspäteten Ratenzahlungen) nachgekommen ist, wird nach 20 Jahren automatisch von der verbleibenden Darlehensschuld befreit (endgültiger Erlass). Dies wird den Betreffenden dann vom BVA gesondert mitgeteilt. Lagen die Voraussetzungen hingegen nicht vor, so wird auch dies durch das BVA festgestellt und ggf. den Betroffenen bekannt gegeben. Nur bei geringfügigen Verstößen können die Betroffenen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides von Betroffenen einen Härtefall-Antrag stellen, um doch noch einen Erlass zu erhalten. Das Vorliegen der dafür nach der BAföG-Darlehens-Verordnung7 erforderlichen Voraussetzungen wird vom BVA im Einzelfall geprüft und mit gesondertem Bescheid an die Betroffenen festgestellt."
Nun habe ich bereits seit Anfang November drei Mal ans BVA geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten. Auch sind die Angaben auf den Seiten des BVA widersprüchlich.
Was muss ich tun, um gegebenenfalls wirklich und sicher in den Genuss des Erlasses meiner Restschuld zu kommen.
Ich wäre sehr dankbar für Antworten von Menschen, die sich mit der Materie wirklich auskennen.
1 Antwort
Im Portal bafoegonline.de kannst Du nicht nur Dein BaföG-Konto auf neues Recht umstellen ("Antrag auf Wahlrecht"), sondern auch die relevanten Zusatzinformationen lesen.
Dort heißt es (unter https://www.bva.bund.de/DE/Services/Buerger/Schule-Ausbildung-Studium/BAfoeG/26_BAfoeG_AendG/wahlrecht-ordner/wahlrecht_node.html):
"Wenn Ihnen für einen Zeitraum bis zum 31.08.2019 ein Darlehen nach dem BAföG bewilligt wurde, können Sie verlangen, dass die Erlassregelungen des § 18 Abs. 12 BAföG auf Sie anzuwenden sind.
Das bedeutet:
Bei Ausübung des Wahlrechts
- Das Darlehen ist innerhalb von 20 Jahren zurückzuzahlen. Die maximal 10-jährige Rückzahlungsverlängerung aufgrund von Freistellungen gemäß § 18a Abs. 5 BAföG (a. F.) gilt nicht mehr. Ist der Zeitraum von 20 Jahren schon überschritten, wird das verbliebene Restdarlehen zum nächsten turnusmäßigen Zahlungstermin fällig (siehe Rückzahlungszeitraum). Erlasse nach § 18 Abs. 12 BAföG sind möglich.
Ohne Ausübung des Wahlrechts
- Das Darlehen ist innerhalb von 20 Jahren zurückzuzahlen. Durch Freistellungen kann dieser Zeitraum weiterhin um maximal 10 Jahre verlängert werden. Erlasse nach § 18 Abs. 12 BAföG sind nicht möglich."
Dabei wird dort explizit auf die Erlasse-Seite verlinkt (https://www.bva.bund.de/DE/Services/Buerger/Schule-Ausbildung-Studium/BAfoeG/26_BAfoeG_AendG/erlass-ordner/erlasse_node.html). Dort ist dann der sog. "Kooperationserlass" erwähnt, auf den Du Dich beziehst (https://www.bva.bund.de/DE/Services/Buerger/Schule-Ausbildung-Studium/BAfoeG/26_BAfoeG_AendG/erlass-ordner/Kooperationserlass/kooperlass_node.html):
"Der "Kooperationserlass"
Wenn Sie Ihr Wahlrecht ausgeübt haben und die Erlassmöglichkeiten in Anspruch nehmen möchten, prüft das BVA von Amts wegen frühestens 20 Jahre nach Ihrem Rückzahlungsbeginn, ob Ihnen ein "Kooperationserlass" gewährt werden kann.
Ein "Kooperationserlass" wird gewährt, wenn Sie während Ihres Rückzahlungszeitraumes Ihren Zahlungs- und Mitwirkungspflichten vollständig nachgekommen sind.
Das bedeutet:
Es dürfen zum Ende des Rückzahlungszeitraumes keine Zahlungsrückstände vorhanden sein.
Im Rückzahlungszeitraum ggf. angefallene Mahnkosten wurden von Ihnen mit dem Zahlungsrückstand beglichen.
Es wurden während der gesamten Rückzahlungszeit keine Stundungen gewährt.
Es wurden keine Anschriftenermittlungskosten erhoben.
Es wurden keine Rückstandszinsen erhoben.
Es wurden keine Bußgelder erhoben.
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird Ihnen das verbliebene Darlehen erlassen.
Sollte lediglich eine der Voraussetzungen nicht erfüllt sein, wird der Erlass mit einem Bescheid abgelehnt und die restliche Darlehensschuld einschließlich etwaiger offener Kosten und Zinsen in einer Summe gefordert.
In diesem Fall beachten Sie bitte die Hinweise zum "Härtefallerlass".
"
Der wichtige Fall wird dann unter "Rückzahlungszeitraum" erläutert (https://www.bva.bund.de/DE/Services/Buerger/Schule-Ausbildung-Studium/BAfoeG/26_BAfoeG_AendG/erlass-ordner/rueckzahlungszeitraum.html?nn=407236):
"Wenn Sie Ihr Wahlrecht ausgeübt haben und sich bereits seit mehr als 20 Jahren in der Rückzahlung befinden, wird das Darlehen zum nächsten turnusmäßigen Zahlungstermin fällig.
..
zu 2. Bei Überschreitung der 20-Jahres-Frist mit Freistellung:
..
Das ist die Folge:
Durch die Ausübung des Wahlrechts ist die Freistellung mit Eingang Ihrer Erklärung aufzuheben. Das Darlehen einschließlich bereits fälliger/ gestundeter Beträge wird dann zum nächsten turnusmäßigen Zahlungstermin fällig
"
Das heißt für mich, dass Deine Interpretation richtig ist: Durch Ausübung Deines Wahlrechts auf Umstellung passiert folgendes: Zum einen bekommst Du überhaupt erst mal die Möglichkeit eines Erlasses, zum anderen wird der Betrag aber formal erst mal sofort und komplett fällig. Ergo wird Dir das Bundesverwaltungsamt höchstwahrscheinlich einen Zahlungsbescheid zum nächsten Quartal über die gesamte Summe schicken.
Dann musst Du gemäß o.g. "Kooperationserlasses" einen Antrag auf Erlass dieser Summe stellen. Und wenn Du in der Vergangenheit schön ordentlich alle Auflagen erfüllt hattest, dann sollte das BVA Dir auch die Schuld erlassen. Wenn Du aber nicht alle Auflagen eingehalten hattest, dann wird Dein Antrag abgelehnt und der gesamte Restbetrag ist aber auf einen Schlag fällig!
-So interpretiere ich das. Ich bin aber kein Jurist; wenn Du es ganz sicher wissen willst: Das BVA erklärt explizit, dass sie keinerlei individuelle Beratung machen, ergo müsstest Du einen Anwalt fragen (z.B. via https://www.frag-einen-anwalt.de/ ). Dürften wahrscheinlich gut investierte ~€50..€100 sein..
Merkwürdig allerdings ist, dass unter den vielen Antragsformularen auf www.bafoegonline.bva.bund.de kein Formular existiert, mit dem man einen Kooperationserlass oder sonstige Erlassmöglichkeiten beantragen kann. Wohl aber ein Formular über "Härtefall-Erlass" und ein Widerspruchs-Formular. Daher vermute oder eher hoffe ich, dass ich den Erlass-Antrag nicht extra stellen muss, sondern er wird automatisch vom BVA bearbeitet. Einige Formulierungen des BVA´s könnten darauf schließen lassen. Verlassen werde ich mich darauf allerdings nicht.
Vielen Dank für diese gute Zusammenfassung. Da ich bisher auf Briefe keine Antwort erhielt, konnte ich nun online von meinem Wahlrecht gebrauch machen. Mein Rückzahlungszeitraum beträgt nun 20 Jahre und ist bereits deutlich überschritten.
Parallel werde ich aber trotzdem sicherheitshalber ab nächsten Monat eine Verlängerung der Freistellung von der Rückzahlung beantragen, denn diese läuft jetzt ab; es ist auf bafoeg-online.de erwähnt, dass dies parallel möglich ist.
Unsicher bin ich nun, ob das BVA von selbst meinen Fall prüft, und mir den Erlass von selbst gewährt, oder, wie Du schriebst, mir zuerst eine Komplett-Rechnung schickt, und ich den "Kooperations-Erlass" dann noch mal separat beantragen muss. Aber dies wäre ja kein besonderes Problem. Fakt ist, dass ich allen Anforderungen im gesamten Rückzahlungszeitraum lücken- und ausnahmslos nachgekommen bin.
Für Leute in ähnlicher Lage werde ich das Ergebnis meiner Bemühungen hier dann als Kommentar bekannt geben.