Wechselmodell + Unterhalt + ALG II
Meine Expartnerin und ich praktizieren seit unserer Trennung das Wechselmodell (50 - 50) mit unserem Sohn. Er ist also immer abwechselnd eine Woche bei mir und eine Woche bei ihr. Seit kurzem hat meine Exfreundin ihr Studium beendet und ALG II beantragt. Da ich erwerbstätig bin, verlangt das Jobcenter nun von mir Unterhalt für die Zeit in der mein Sohn bei der Mutter wohnt. Andererseits wurde mir vom Jugendamt (welches ja den Unterhalt im Allgemeinen festlegt) bestaetigt, dass bei einem Wechselmodell KEIN Unterhalt gezahlt wird. Auch in diesem Forum habe ich bereits gelesen, dass in unserer Situation (Vater erwerbstätig/Mutter Leistungsempfängerin/Wechselmodell) kein Unterhalt gezahlt wird. Was ist nun richtig? Wie ist die korrekte Gesetzeslage?
6 Antworten
Grundsätzlich muss beim Wechselmodell kein Unterhalt gezahlt werden.
In welcher Höhe solen die Unterhaltszahlungen denn liegen?
Das OLG Stuttgart (glaube ich) hat mal ein Berechnungsmodell entwickelt um für den Fall des Wechselmodells das aktuelle Recht anzuwenden. Vielleicht beruft sich das JC denn darauf.
Ich versuche mal die Berechnung zu machen (ohne Gewähr, da ich mich nicht mehr genau erinnern kann.
Bsp.:
Dein anrechenbares Einkommen 2000,-€
Einkommen Mutter 0,- €
Düsseldorfer Tabelle Stufe 3, Erhöhung wegen wechselbedingem Mehrbedarf auf 5.
Unterhaltsbedarf nach Stufe 5, Kind 5 Jahre: 381,-€
Häftige Bedarfsdeckung durch Betreuung: 190,50
abzüglich Kindergeld 184,-€:
Zu deckender Restbedarf: 7,- €, wenn die Mutter das Kindergeld erhält.
Zudeckender Restbedarf von 7 + 184/2 = 99,-€, wenn du das Kindergeld erhälst.
Die Berechnung, die das Jobcenter macht ist nicht richtig.
Die Berechnung ist so gemacht, als würde das Kind bei der Mutter wohnen und du hättest nur den sogenannten Standardumgang.
Das ist aber nicht der Fall. Das Kind wohnt gleichermaßen bei euch beiden.
Wenn das Jobcenter einen bedarf von 333,-€ zugrunde legt, dann ist deine hälftige Betreuung 166,50 wert.
Es ist also ein Restbedarf von 166,50 zu decken, der mit dem Kindergeld bereits überdeckt ist.
Eigentlich müsste dir die Mutter einen Teil des Kindergeldes auszahlen.
Schau mal in den § 1612 b BGB, da steht genau drin, dass das Kindergeld voll auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen ist und nicht nur hälftig. Das gilt ja nur dann, wenn das Kind nur bei der Mutter wohnt.
Wenn ich Zeit habe suche ich mal nach dem Urteil, damit du dem JC etwas vorlegen kannst.
Eigentlich ahst ja auch nicht du das Problem, sondern die Mutter, deren Leistungsanspruch das JC ungerechtfertigterweise kürzt. Hier muss eventuell ein Sozialgericht eingeschaltet werden.
Hier noch ein Link zu einem Berechnungsbeispiel:
http://suite101.de/article/berechnung-des-unterhalts-beim-wechselmodell-a104377#axzz2IFNySV5t
Vielen Dank für die Antwort. Ich denke das hat schonmal viel geholfen. Hier nochmal ein Ausschnitt aus dem Brief vom JC:
"Nach BGH XII ZR 126/03 kennt das BGB nur die Leistungen von Naturalunterhalt durch denjenigen, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Betreuung liegt; der andere Elternteil ist zum Barunterhalt verpflichtet. Beim echten Wechselmodell (50:50) ermisst sich der Unterhaltsbedarf nach dem kumulierten Elterneinkommen bei Abzug des zweifach hälftigen Kindergelds, wobei jeder Elternteil nur nach seinen Einkommen entsprechend § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB haftet. Bei Leistungsunfähigkeit eines Elternteils führt dies meist zur Vollhaftung des anderen. "
Das Wechselmodell ist in diesen Fällen problematisch, auch weil es bisher keine gefestigte Rechtsprechung gibt.
Was auf jeden Fall beachtet werden muss, ist der § 1603 Abs. 2 BGB. Auch die Mutter unterliegt der erhöhten Erwerbsobliegenheit.
Das JC legt das BGB selbstverständlich zu seinem Vorteil aus.
Daher bleibt der Mutter hier wohl nichts anderes übrig als das JC zu verklagen. Sie braucht also einen Anwalt für Sozialrecht mit guten Kenntnissen in Familienrecht.
Das JC kann nicht hingehen und Satz 1 der genannten Vorschrift nenn und dabei ganz den Satz 2 außer Acht lassen.
Legt man den Unterhaltssatz von 333,-€ zugrunde und zieht das Kindergeld vorweg bedarfsdeckend ab (was für dich eigentlich ungünstiger ist), bleibt ein Restbedarf von 149,-€ bestehen.
Diesen benötigt die Mutter Hälftig, du die andere Hälfte. Also selbst bei dieser für dich ungünstigen Berechnung müsstest du maximal 75,-€ Ausgleich an die Mutter zahlen.
Aber, wie geschrieben wäre das eine m. E. nicht zulässige Berechnungsmethode zu deinem Nachteil.
Ich habe mich falsch ausgedrückt.
Bei den 7,-€ und 99,-€ handelt es sich um mögliche Unterhaltszahlungen des Vaters zu Händen der Mutter unter Berücksichtigung des Kindergeldes.
Selbst wenn du unterhaltspflichtig wärst: Da hast einen Selbstbehalt von 1000.- € (seit 2013). Es blieben dir also, bei einem Nettoeinkommen von 1100.- €, nur 100.- € übrig, die du für den Unterhalt verwenden könntest, und selbst diesen Betrag können sie dir meines Wissens nicht voll anrechnen. Schon aus diesem Grund kann das JobCenter keine 133.- € Unterhalt anrechnen. Deine Ex sollte Widerspruch einlegen und notfalls vor dem Sozialgericht klagen.
Ich würde erstmal dem Jobcenter vom Jugendamt die Bestätigung zu kommen lassen das du nicht zahlen brauchst wegen Wechselmodell und abwarten wie diese darauf reagieren. Das Jobcenter versucht immer erst überall an Geld zu kommen. Leg aber lieber etwas Geld beiseite nicht das du doch zahlen musst und du hinterher eine hohe Nachzahlung an Unterhalt hast. Ich glaube auch der Mehrbedarf für alleinerziehende fällt bei deiner Ex weg weil ihr das Kind zu gleichen Teilen erzieht.
Es reicht doch der Verweis auf das Gesetz:
§ 1612a Abs. 1 BGB
Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen.
Beim Wechselmodell lebt das Kind in seinem Haushalt. Genau das ist ja auch die Begründung, die das Jugendamt bringt.
So sind die JobCenter: Zahlt der Hartz-IV-Empfänger Unterhalt bei eigenem Einkommen, dann setzt das JobCenter Himmel und Hölle in Bewegung, um ihn davon abzubringen, da Unterhaltszahlungen als Freibetrag vom Einkommen abgesetzt werden können. Bekommt dagegen der Hartz-IV-Empfänger keinen Unterhalt für das Kind, dann fahren sie die umgekehrte Schiene. Ich würde an deiner Stelle noch einmal zum Jugendamt oder Familiengericht gehen und mir schriftlich bestätigen lassen, dass bei diesem Wechselmodell kein Unterhalt gezahlt wird. Du kannst auch das JobCenter anschreiben, dass du zur Unterhaltszahlung nicht verpflichtet bist, und dann warte ab. Zwingen können sie dich nicht, und deine Ex kann das ihr zustehende ALG II einklagen.
Davon halte ich nicht viel, denn dann würde der Konflikt zwischen meine Expartnerin und mich getragen werden und unsere Elternbeziehung belasten, die zum Glück und trotz unschöner Trennung und all dem noch einigermassen intakt ist. Ich will das lieber direkt zwischen mir und dem JC klären.
Aber wenn sich das JC stur stellt und ihr das ALG II kürzt, muss sie sich zur Wehr setzen, denn sie ist die ALG-II-Empfängerin. Warum sollte das eure Beziehung belasten? Du kannst ihr ja bei Widerspruch und Klage zur Seite stehen.
Genau ist das --- DH
Das Jobcenter kann keinen Unterhalt von Dir verlangen. Dazu ist das Amt gar nicht berechtigt. Lass Dir vom Jugendamt etwas schriftliches geben, dass beim Wechselmodell kein Unterhalt gezahlt werden muss und lege dem Jobcenter eine Kopie des Schreibens vor.
Ich war berreits mit meiner Ex beim Jugendamt und wir haben einvernehmlich dort festgelgt:
- Wir praktizieren das Wechselmodel
- Ich verzichte auf meinen Anteil des Kindergelds
- Es gibt keine weiteren Unterhaltsansprueche
Dieses Schreiben habe ich auch dem JC geschickt. Sie sind nicht darauf eingegangen. Der Mitarbeiter vom JC teilte mir nach Nachfrage mit, dass das Schreiben vom JA keine Rechtsgrundlage haette.
Keine Rechtsgrundlage ??? Dann lege Widerspruch gegen das Schreiben des JC ein --- die Sesselfurzer da können sich nicht über bestehende Gesetze stellen . Eine Rechtsgrundlage ist sehr wohl gegeben .... Und die geht von Übergeordneter Stelle JA aus
Seit wann ist das JA dem JC übergeordnet?
Das sind 2 unabhängig voneinander arbeitende Behörden.
Ich habe zwar keine Ahnung, aber es scheint, dass hier zwei Rechtsgebiete (Sozialrecht=JC und Familienrecht=JA) aufeinander treffen und die Zuständigkeiten ungeregelt sind. Interessant ist nochmal ein kleiner Ausschnitt vom Brief vom JC
"Dábei ist es unerheblich, ob Sie ggf. bereits gegenüber anderen Personen oder Behörden (z.B. Jugendamt) entsprechende Auskunft erteilt haben, da hier Ansprüche des Jobcenters betroffen sind, welche in eigener Zuständigkeit geprüft werden."
Ein bisschen komm ich mir vor, wie im Mittelalter, als der Papst und der Kaiser sich gegenseitig versucht haben mit Gesetzen zu übertrumpfen.
Ich werde natürlich Widerspruch einlegen. Mal sehen ob es etwas bringt,
Natürlich kann das das Amt, nennt man Anspruchsübergang bzw. vorrangige Ansprüche
Dafür muss aber erst mal ein Anspruch vorliegen!
Das Jobcenter kann KEINEN Unterhalt verlangen --- die haben mit dem Kindesunterhalt nichts zu tun ^^ Den Unterhalt legt das Jugendamt fest - oder ein Familiengericht - nicht das Jobcenter
Das JC kann den Unterhalt zwar nicht "verlangen", aber fiktiv anrechnen und damit eine Kürzung des Anspruches begründen.
Abgesehen davon fallen viele auf diese "Forderungen" des JC rein.
Zudem gibt es noch die Überleitung von Unterhaltsansprüchen. Damit besteht für das JC dann selbst die Möglichkeit den Unterhalt einzuklagen.
Die Berrechnungen vom JC sind wie folgt:
Mein Einkommen: 1100 EUR Ihr Einkommen: 0 EUR
Düsseldorfer Tabelle Stufe 1
Unterhaltsbedarf nach Stufe 1, Kind 4 Jahre: 333 EUR
abzüglich Kindergeld 184 EUR
zu deckender Restbedarf: 133 EUR
Ich muss noch dazusagen: Unser Sohn ist hauptwohnsitzlich bei der Mutter gemeldet. Das Kindergeld von 184 EUR wird ihr zwar überwiesen, jedoch wird ihr Satz um genau diesen Betrag und um meinen Unterhalt gekürzt. Sie bekommt also
315 + 215/2 + Miete - 184 - 133 = 105,5 EUR + Miete vom Amt
Würde ich mich überhaupt nicht um meinen Sohn kümmern, so müsste ich einen Unterhalt von 333-92 = 241 EUR zahlen. Der Unterschied zum Wechselmodell ist also genau ein halber Kindergeldsatz. Da kann doch etwas nicht stimmen.