Was bedeutet nach Aktenlage entscheiden bei der staatsanwaltschaft?

4 Antworten

Offensichtlich hast du theoretisch eine Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr zu erwarten. Die natürlich auch zur Bewährung ausgesetzt werden.

Denn Staatsanwaltschaften/Gerichte raten Beschuldigten zu einem Anwalt, bzw. stellen in Aussicht einen Pflichtverteidiger vom Gericht zu bestellen, wenn man mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten hat.

Das ergibt sich aus § 140, Absatz 2 StPO . Auch wenn das mit dem einen Jahr da nicht drin steht, ergibt sich das aus der strafrechtlichen Praxis. 

Wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint, soll dir dieser bestellt oder darauf hingewirkt werden, dass du dir einen Rechtsanwalt selbst nimmst.

Von daher muss es auch nicht sein, dass du unbedingt mindestens 1 Jahr Freiheitssentzug zu erwarten hast, sondern die Sach- oder Rechtslage einfach kompliziert ist.

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__140.html

Den Pflichtverteidiger zahlt der Staat. Du kannst diesen selbst aussuchen und diesen dem Gericht mitteilen.

Teilst du dem Gericht keinen Pflicht- oder Wahlverteidiger mit, dann sucht dieses für dich einen Pflichtverteidiger aus.

Verlierst du deinen Strafprozess rechtskräftig, dann werden die Kosten des Pflichtverteidigers dir ( anteilig ) berechnet.

Ein Wahlverteidiger ist einer, den du völlig unabhängig vom Gericht dir selbst aussuchst, aber auch alleine bezahlen musst. Wobei die Bezahlung mit dem Wahlverteidiger individuell vereinbart werden kann.

Nach § 137 StPO hast du das Recht auf einen Verteidiger. Darauf hat dich die Staatsanwaltschaft hingewiesen, wozu sie unter gewissen Voraussetzungen auch verpflichtet ist. ( § 142, Absatz 1 StPO )

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__137.html

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__142.html

Jedoch:  nur wegen einer Beleidigung und einer versuchten Nötigung hat man keine Strafe von einem Jahr Freiheitsentzug zu erwarten.

Du musst also schon nicht unerheblich strafrechtlich vorbelastet sein. Stimmt das? Oder bist du Ersttäter? 

Bei einer Beleidigung und einer versuchten Nötigung kann ich mir keine schwierige Sach- oder Rechtslage vorstellen.

Fischibald2313 
Beitragsersteller
 07.04.2016, 14:54

Hallo danke für die antwort, ich bin nicht vorbestraft. Die polizeimeisterin hat zu mir gesagt wenn es 3 anzeigen werden dann wird die sache viel schlimmer und ich habe glück das ich nicht vorbestraft bin, aber trotzdem war sie sehr unfreundlich als sie meine wohnung durchsucht hat, sie war auf der Suche nach beweisen das ich es auch war, denn die Nötigung und Beleidigung wurde angeblich mit dem handy geschrieben, aber davon weiß ich nichts. Mein handy wurde auch mitgenommen und ich habe es bis heute nicht zurück ( 1 monat ist es schon weg ) 

Denken sie wirklich das ich wegen beleidigung und nötigung unschuldig in den knast muss? es ist vllt noch wichtig zu erwähnen das ich mein ausweis verloren habe vor 1-2 monaten, vllt hat jemand ja meine adresse benutzt denn ich habe nichts getan. Und leider bin ich trotzdem der geschädigte, weil ich ja auf den anwaltskosten sitzen bleiben werde, aber ich kämpfe für mein recht auch wenn es mich geld kostet.

Rechtsgelehrter  07.04.2016, 15:53
@Fischibald2313

Höflichkeit ist immer schön, aber bitte duze mich.  :)

Nicht vorbestraft und dann rät man dir zu einem Rechtsanwalt? 

Wegen einer Beleidigung und einer versuchten Nötigung wurde deine Wohnung mit richterlichen Beschluss durchsucht? Das kann ich kaum glauben, weil das absolut praxisfern wirkt.

An so eine Wohnungsdurchsuchung sind nämliche gewisse Voraussetzungen geknüpft.

Und wenn, dann war diese Durchsuchung nicht verhältnismäßig. Ist zumindest meine Auffassung. Auch wenn nach § 102 StPO bei jeder Straftat eine Wohnung durchsucht werden kann.

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__102.html

Warst du zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt, dann kommt nur das mildere Jugendstrafrecht in Betracht. Beim Jugendstrafrecht gibt es keine Geldstrafen.

Warst du zum Tatzeitpunkt zwischen 18 und 21 Jahre alt, dann kann das Jugendstrafrecht oder auch das strengere Erwachsenenstrafrecht angewandt werden.

Hier kommt es darauf an, wie reif dich der Richter in der Verhandlung einschätzt. Wenn du die ganze Zeit schweigst ( was ok wäre ), dann kann er dich schlecht einschätzen, muss es aber irgendwie.

Warst du zum Tatzeitpunkt mindestens 21 Jahre alt, wird auf jeden Fall das Erwachsenenstrafrecht angewandt.

Meine Auffassung:

Können dir die Taten nachgewiesen werden und du legst Geständnisse ab, dann wirst du nach Jugendstrafrecht zu bis zu 60 Sozialstunden und vielleicht einer richterlichen Verwarnung verurteilt.

Wirst du nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt und gestehst alle Tatvorwürfe, dann kommen vielleicht bis 100 Sozialstunden oder eine sehr geringe Geldstrafe in Betracht.

Freiheitsstrafen, auch auf Bewährung, Jugendfreiheitsstrafen, aber auch Jugendarrest schließe ich definitiv aus. Du kommst nicht ins Gefängnis.

Kapier ich wirklich nicht, warum man dir zu einen Anwalt rät und deine Wohnung durchsucht hat.

Dein Handy wurde nach § 74 StGB eingezogen. Das dürftest du nach Abschluss der Ermittlungen wieder bekommen. Kann mir nicht vorstellen, dass dein Handy der Einziehung unterliegt.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__74.html

Spätestens nach einem Freispruch ( wenn die Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel einlegt ) bekommst du dein Handy wieder.

Mag zwar eventuell alles rechtens sein, was die Justiz gemacht hat. Aber ich habe noch nie gelesen oder gehört, dass wegen einer Beleidigung und einer versuchten Nötigung so ein Aufwand betrieben wurde.

Gerade deswegen solltest du dir einen Rechtsanwalt nehmen, der vielleicht insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung angreifen kann.

Deine  Personalausweis solltest du schon mal neu beantragen. Man muss nach § 1 Personalausweisgesetz einen Personalausweisgesetz besitzen, wenn man mindestens 16 Jahre alt ist.

Ist das nicht der Fall, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar und ist im Alltag mit Unannehmlichkeiten verbunden.

Zudem kann dir das Einwohnermeldeamt für jeden Monat, in dem du keinen gültigen Personalausweis besitzt, eine Geldbuße auferlegen. ( ca. 3 € bis 7 € pro Monat )

https://www.gesetze-im-internet.de/pauswg/__1.html

Inwiefern sollte jemand mit deinem gestohlen Personalausweis Straftaten wie Beleidigung und versuchte Nötigung begehen? Das ist Unsinn.

Wenn du unschuldig bist, dann schweige vor Gericht die ganze Zeit oder lass deinen Rechtsanwalt für dich sprechen.

In dem Fall ist wohl ein Freispruch sehr wahrscheinlich. Dann musst du auch keine Anwaltskosten bezahlen, bzw. übernimmt diese der Staat.

Heute kam ein brief da stand drin das ich ein anwalt beauftragen soll oder der staatsanwalt ist gezwungen per aktenlage zu entscheiden. Was bedeutet das?

Das halt nach dem bisherigen Kenntnisstand ein Urteil gefällt wird und sowas ist in der regel meistens schlecht, weil vielleicht einige Tatsachen noch nicht bekannt sind.

Informiere Deinen Anwalt un der kümmert sich dann um alles Weitere.

MfG

johnnymcuff

Fischibald2313 
Beitragsersteller
 06.04.2016, 22:48

Ok danke werde ich machen, aber ich hätte noch eine frage und zwar sind das wirklich zwei verschiedene schuhe und sind das 2 unterschiedliche fälle? mein anwalt ist beauftragt akteneinsicht zu machen bei dem fall mit der beleidigung, kostet es mich dann doppelt bei ihm wenn er den fall mit der versuchten nötigung auch akteneinsicht beantragt? Werde ihn das auch nochmal fragen aber vllt weiß du das ja auch noch

johnnymcmuff  06.04.2016, 23:00
@Fischibald2313

Das kann ich leider nicht beantworten und es bringt Dir nichts wenn ich nur meine Meinung abgebe.

Rechtsgelehrter  07.04.2016, 03:14
@Fischibald2313

Fischi:  lass dir einfach einen Pflichtverteidiger bestellen.

Gib also beim Gericht an, dass dein jetziger Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt werden soll.

Einfach Brief an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht schreiben. Gib dort deinen Namen, deine Adresse und das Aktenzeichen an.

Beantrage, dass Rechtsanwalt XY, Musterstraße 12, 00000 Musterstadt ( hier gibst du die Daten deines Rechtsanwalts an ) als dein Pflichtverteidiger bestellt werden soll.

Dann unterschreibst du das Schreiben und schickst es ab oder wirfst es beim Gericht in den ( Nacht- ) Briefkasten.

Wenn du das machst, musst du dir bis zum Ende des Prozess erst einmal keine Gedanken um die Bezahlung des Rechtsanwalts machen.

Wenn deine Verfahren eingestellt werden oder du von allen Anklagepunkten freigesprochen wirst, dann musst du eh nichts zahlen.

Das Schreiben der Staatsanwaltschaft bedeutet, das Dir "rechtliches Gehör" gewährt wird. Also dass Du DEine Sicht des Sachverhalts vortragen kannst.

Wenn Du darauf verzichtest, wird man die Sache so beurteilen, wie es sich aus den vorliegenden Unterlagen ergibt (nach Aktenlage). Also Antrag auf eine mündliche Verhandlung gegen Dich, oder Antrag einen Strafbefehl gegen Dich zu erlassen.

Fischibald2313 
Beitragsersteller
 07.04.2016, 14:56

also ist die staatsanwaltschaft auf streit aus und will daraus eine Verhandlung machen? 

wfwbinder  07.04.2016, 18:54
@Fischibald2313

Nein, ganz und gar nicht. Die warten auf Deine Äußerung um das mit einzubeziehen.

Die müssen ja die Akte irgendwie vom tisch bekommen.

Am einfachsten wäre es für die, wenn sie es einstellen können, aber dazu brauchen sie Deine Äußerung zu Sachverhalt.

Das zweiteinfachste wäre für die der Strafbefehl. Auch dafür müsstest Du Dich eigentlich äußern.

Nur wenn Du denen gar nichts sagst, dann nehmen sie das Schlimmste an und geben es an das Gericht.

Informiere deinen Anwalt über diesen Brief. Er wird dich aufklären und dich unterstützen.