Warum reden manche von einer "alten" und "neuen" Normalität?
Im Zusammenhang mit Corona ist ja manchmal die Rede von einer "neuen Normalität", wobei ich diese Wortwahl für äußerst unglücklich halte.
Denn ich sperre mich vehement dagegen, den aktuellen Zustand (trotz diverser Lockerungen) in irgendeiner Art und Weise als "normal" zu bezeichnen und er wird es auch nie werden.
"Normal" war, wenn man so will, nur die Zeit davor, in der es schlichtweg keinerlei Einschränkungen der Grundrechte und der Bewegungsfreiheit gab und erst wenn dieser Zustand wieder voll und ganz erreicht ist und alle Auflagen weggefallen sind, erst dann kann man wieder von "Normalität" im eigentlichen Sinne sprechen.
Dass nach Corona vielleicht manches etwas anders sein wird als vorher (sowohl im positiven als auch im negativen Sinne), das steht auf einem anderen Blatt und das vermag jetzt auch noch niemand zu beurteilen.
Aber sowohl die Grundbedürfnisse der Menschen sowie deren Grundrechte, die diesen Bedürfnissen Rechnung tragen, werden sich nie ändern.
Oder hat daran etwa jemand ernsthafte Zweifel?
5 Antworten
Einschränkungen der Grundrecht gibt und gab es zu jeder Zeit. Die Frage ist nur, wie tiefgreifend.
Im Moment sind manche Grundrechte deutlicher mehr beschnitten als zuvor.
Die neue Normalität ist die Zeit, in welcher die Grundrechte wird auf dem vorherigen Niveau sind, aber man mit manchen Sachen doch anders umgeht.
Es ist davon auszugehen, dass viele Hygienemaßnahmen auch nachher noch eingehalten werden, auch wenn sie nicht mehr verpflichtend sind. Ich gehe auch stark davon aus, dass wir auch nächstes Jahr noch Leute mit Mund-Nasenschutz sehen werden, auch wenn er nicht mehr Pflicht ist.
Es wird evtl. kein Japan werden, aber würde jeder, der mit Grippe zur Arbeit gehen, einen Schutz anziehen, kann man auch die normalen Grippewellen abflachen.
... die Zeit davor, in der es schlichtweg keinerlei Einschränkungen der Grundrechte und der Bewegungsfreiheit gab
Wann genau soll das den gewesen sein ...
Abgesehen davon hängst du das Thema viel zu hoch. Wir reagieren auf veränderte Umweltbedingungen mit Anpassungen - so wie es Menschen seit Anbeginn der Zeit tun. In so fern verläuft alles wie gewohnt normal.
Du gehörst wahrscheinlich zu der Generation, die weder Kalen Krieg noch Wehrpflicht kennengelernt hat ...
Doch, aber ich habe verweigert, weil ich mit Krieg und Militär nichts am Hut habe.
Aber was willst du mir damit nun sagen oder unterstellen?
Ich will dir nichts unterstellen, aber das erklärt, warum du mit der Präsenz von Grundrechtseinschränkungen nicht vertraut bist. - Daher scheinen die aktuellen Beschränkungen für dich eine größere Sache zu sein - ich persönlich erlebe die noch nicht einmal als wirkliche Einschränkungen.
Das ist mir schon auch klar, dass beim Militär oder im Kriegsfall etwas andere Regeln gelten, aber den haben wir ja im Moment nicht.
Für Friedenszeiten sind diese Einschränkungen daher schon extrem.
Als ich noch Kind war gab es häufiger mal Ausgangsperren wg. der britischen oder amerikanischen Truppen - so lang ist das jetzt auch noch nicht her. Die dauerten zwar immer max. nur ein paar Tage, aber waren weit umfassender. Das war auch zu Friedenszeiten.
Von wann und wo redest du da?
'80iger, Bundesrepublik Deutschland - und ich denke die älteren Semester können da auch noch mehr Geschichten erzählen.
Deinen Aussagen zufolge hätte ich dich jetzt deutlich älter geschätzt, aber ich war in den 80ern auch ein Kind, weshalb unser Altersunterschied vermutlich nicht allzu groß sein dürfte. Nur bezeichne ich mich im Gegensatz zu dir noch nicht als "älteres Semester".
Und trotz Kindheit in den 80ern kann ich mich auch an keine Ausgangssperren wegen britischer oder US-Truppen erinnern bzw. war davon zumindest nicht betroffen. Auch haben meine Eltern nie irgendwas dazu gesagt.
Aus welchem Grund gab es die also und wo? In ländlicheren Regionen jedenfalls sicher nicht.
Mit älterem Semester meine ich auch weniger mich, sondern diejenigen, die die 60iger und 70iger aktiv erlebt haben.
Der Fall, der mir persönlich noch gut in Erinnerung ist, war der Absturz eines US-Militärflugzeugs. Das hatte eine 2-tägige totale Ausgangssperre zur Folge und in der Folgezeit, blieb das Gebiet für etwa 3 Wochen abgesperrt, d.h. es durfte von außen nicht betreten werden und als Anwohner mußte man Fahrten (bspw. zum Einkaufen) anmelden. Ich kann dir nicht mehr sagen, wie weiträumig das war, aber es betraf mehrere Ortschaften. (also ja, ländliche Region).
Auch hatten wir bei mir in der Gegend häufiger örtliche Beschränkungen durch die Manöver der Briten. Das betraf dann aber immer nur bestimmte Straßen oder Gebietsteile und auch immer nur für kürzere Zeit.
Ok, aber das ist doch dann nicht vergleichbar mit den aktuellen bzw. bisherigen Einschränkungen, die ja mehr oder weniger flächendeckend das ganze Land betreffen.
Da die Beschränkung von Grundrechten immer individuell zu betrachten ist, lassen sich beide Situationen durchaus vergleichen. Im Fall "Corona" sind die Beschränkungen sogar als weniger dramatisch zu betrachten. Die Abwägung der jeweiligen Rechtsgüter führt hier zu einem eindeutigen Ergebnis. In dem von mir geschilderten Fall ist das nicht so - allerdings waren die Rechtsgrundlagen auch andere, was die Maßnahmen wieder legitim werden läßt.
"Neue Normalität" hat viele Facetten. Die Beibehaltung der Abstandsregelungen bei Einkäufen und Ärzten, Spuckschutz an Kassen, mehr Hygienevorgaben im Alltagsleben. Das alles wird vermutlich die neue Normalität. Das heißt nicht zwangsläufig, dass irgendwelche Grundrechte beachnitten werden.
Die Normalitat ändert sich ständig. Allein technologisch. Vor 30 Jahren waren Handys/ Minicomputer noch Zukunftsmusik, heute jedoch völlig NORMAL.
Die Beibehaltung der Abstandsregelungen bei Einkäufen und Ärzten, Spuckschutz an Kassen, mehr Hygienevorgaben im Alltagsleben. Das alles wird vermutlich die neue Normalität.
Kann ich mir nicht vorstellen, dass dies auch dann noch so bleiben wird, wenn es Impfungen und Medikamente gegen Corona gibt.
Denn dann hat Corona wirklich nur noch den Status einer Grippe und da hielt man diese Maßnahmen bisher ja auch nicht für notwendig.
Eine grundsätzliche Verbesserung von Hygienemaßnahmen in Krankenhäusern oder generell im öffentlichen Raum ist sicher zu begrüßen.
Aber Abstandsregeln würden ja bedeuten, dass man niemanden mehr in der Öffentlichkeit umarmen oder herzen dürfte, der nicht im selben Hausstand lebt und das würde ja dann auch keinen Sinn mehr machen, wenn es eine Impfung gibt.
Mit irgendwas anstecken konnte man sich immer schon und das wird sich auch in Zukunft nie ganz vermeiden lassen.
Ich habe nicht gesagt alle Abstandsregeln sondern beim Arzt, Einkaufen, dort wo es machbar und sinnvoll ist.
Richtig, aber es gibt Stimmen, besonders bei Kassenpersonl, die sich wünschen dass diese Spuckschutze beibehalten werden. Auch wegen Grippeviren, denn vlt beginnt jetzt mal ein Umdenken um solche Pandemien in Zukunft von vornherein etwas besser einzugrenzen.
Ok, wie gesagt, sollten uns manche "Relikte" dieser Zeit erhalten bleiben, die aber auch ohne Corona sinnvoll sind und keine massiven Einschränkungen darstellen, dann meinetwegen gerne.
Die Grundbedürfnisse werden sich vielleicht nie ändern, aber die Ausführung derer. Zurzeit ist es jedenfalls unmöglich alles ohne Einschränkungen zu erlauben, außer man will das gesamte Land zerstören.
Es heißt deswegen neue Normalität, weil diese Maßnahmen für mindestens 1 Jahr bleiben müssen und deswegen dann als normal zu bezeichnen sind.
Es heißt deswegen neue Normalität, weil diese Maßnahmen für mindestens 1 Jahr bleiben müssen
Woher weißt du das so genau?
und deswegen dann als normal zu bezeichnen sind.
Diese Logik erschließt sich mir aber nicht ganz.
Nur weil diese Maßnahmen vielleicht noch etwas länger andauern werden, haben sie mit "Normalität" trotzdem nichts zu tun.
Es wird so lange so bleiben, bis ein Impfstoff oder ein Medikament gefunden wurde, was höchstwahrscheinlich frühestens in einem Jahr der Fall sein wird.
Normal ist eben der Norm entsprechend und diese Maßnahmen sind der Norm entsprechend, dementsprechend normal.
Da es für einen langen Zeitraum unser Alltag sein wird, ist es unsere aktuelle Normalität.
man könnte es aber auch angepasste Normalität nennen.
Ich meine diese Einschränkungen, wie wir sie jetzt hatten und haben und die es so vorher noch nie gegeben hat (Kontaktbeschränkungen usw.).