Unakzeptable Degradierung: welche Rechte habe ich?
Ich arbeite seit 7 Jahren in einem Konzern in der International Sales Abteilung. Meine Funktion dort ist "Assistant to Director". Da mein Chef bald das Unternehmen verlassen wird und seine Stelle nicht nachbesetzt wird (Umstrukturierung), sind meine neuen Aufgaben/mein neuer Titel zu klären. Kürzlich hat diesbezüglich das erste Gespräch stattgefunden. Man stellt sich meine zukünftigen Aufgaben wie folgt vor: 50 % soll ich für mein jetziges Team weiter arbeiten, 50 % als Teamassistentin für 3 nationale Branchen. Da ich aber die letzten Jahre ausschließlich international gearbeitet habe, kann ich mich mit den neuen Aufgaben, die sehr viel Flexibilität von mir verlangen, nicht anfreunden. Ich habe gegenüber unserem (nationalen) Director bereits geäußert, daß ich über den neuen Vorschlag nicht happy bin. Er hat mich gebeten, mal drüber zu schlafen. Nun meine Frage: muß ich diese "Degradierung" in Kauf nehmen, welche anderen Möglichkeiten habe ich? Kann ich einen Aufhebungsvertrag ansprechen? Kann ich so einfach die Arbeit "verweigern"? Über Erfahrungen/Einschätzungen würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank. P.S. Den Betriebsrat werde ich in der kommenden Woche ebenso um Rat bitten.
2 Antworten
Aus meiner langjährigen Erfahrung im Personalmanagement gebe ich Dir den folgenden Rat:
Die Fragestellung ist bereits „unglücklich“. Du solltest nicht auf Deine Rechte pochen, sondern eine kluge Strategie wählen, die Dein berufliches Weiterkommen sicherstellt. Dazu im Folgenden etwas mehr.
Dass sich durch die Umstrukturierung Deine Position in diesem Unternehmen verändert, dafür kannst Du natürlich nichts, aber ich gehe zunächst einmal davon aus, dass das Angebot, welches man Dir gemacht hat, wohlwollend ist – man hätte Dir auch kündigen können!
Grundsätzlich zahlt sich Flexibilität (hier nationale und internationale Tätigkeit) ja aus, da die jeweilige Person entsprechend vielseitig eingesetzt werden kann. Für diese selbst ist es ein weiterer Zuwachs an Erfahrung und Vergleichsmöglichkeit. Darüber hinaus würde es erst einmal die vorhandene Arbeitsstelle sichern. Ich würde die neuen Aufgaben auch erst einmal nicht als Degradierung sehen, sondern als zusätzliche berufliche Herausforderung sowie als Vertrauensbeweis des Unternehmens Dir gegenüber, dass Du auch mit neuen Situationen umgehen kannst.
Dass Du über den neuen Vorschlag nicht happy bist, hast Du bereits kundgetan. Ich kann zwar Deine Verärgerung in gewisser Hinsicht verstehen, aber Du musst cool bleiben. Daraufhin ggf. den nationalen Bereich der Arbeit zu verweigern ist natürlich Unsinn, da dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Auch gleich nach einem Aufhebungsvertrag zu schielen, halte ich für taktisch unklug. Diese Frage würde ich zunächst einmal nicht stellen.
Und nun das Wichtigste: Den Gang zum Betriebsrat solltest Du dir ebenfalls zunächst verkneifen – da kommt nichts Produktives heraus – jedenfalls nicht aus Arbeitgebersicht. Versetze Dich doch bitte einmal in dessen Lage: Man bietet einer guten Arbeitskraft aufgrund der Umstrukturierung ein neues Aufgabengebiet an, statt ihr zu kündigen, und sie hat nichts Besseres zu tun als zum Betriebsrat zu laufen…
Was ist zu nun stattdessen tun? Also: Die Antwort des Nationalen Direktor war diplomatisch und deshalb nicht schlecht. Dadurch hast Du etwas Zeit zum Überlegen gewonnen – gut, dass Du hier fragst! Ich würde folgende Strategie anwenden: Ich würde zu dem zuständigen Personalvorgesetzten gehen und sagen, dass ich es mir überlegt hätte, und den Vorschlag zunächst annehmen und die neue Aufteilung probieren möchte. Gleichzeitig würde ich ein qualifiziertes Zwischenzeugnis anfordern (und dieses hier im Forum begutachten lassen). Dadurch werden sie Dich wahrscheinlich „mit Vorsicht“ behandeln. Dann würde ich mich ins Zeug legen, und die neuen Aufgaben mit Elan angehen – so gut es geht. Vielleicht klappt es ja besser als zunächst gedacht.
Sollte sich innerhalb kurzer Zeit herausstellen, dass es nicht klappt, würde ich mich aus dieser sicheren Position heraus bei einem anderen Unternehmen bewerben und dann hier „ganz normal“ kündigen – mir also einen guten Ausstieg verschaffen, denn man sieht sich meistens zweimal im Berufsleben, manchmal sogar dreimal :-))
Ich wünsche Dir viel Erfolg!
Gruß Nightstick
Ein souveräner Mitarbeiter mit einem gesundem Selbstbewusstsein regelt das Vertragsverhältnis, insbesondere die eigene Tätigkeit, zunächst einmal selbständig, und hat es zumindest in der hier beschriebenen Phase überhaupt nicht nötig, den Betriebsrat zu kontaktieren.
Grundsätzlich hast Du Recht, @elektromeister, und natürlich gibt es Unternehmen, in dem das Verhältnis zwischen Unternehmensführung und Betriebsrat (idealer Weise) konstruktiv und vertrauensvoll gelebt wird, aber dies ist leider extrem selten. Bei den meisten Unternehmen vermuten die Betriebsräte bei derartigen Anfragen erst einmal eine Benachteiligung des Mitarbeiters, stellen den Arbeitgeber „zur Rede“, wollen sich einmischen, ihre Rechte einfordern, dadurch ihre Position stärken usw. – ein unsäglicher Werdegang, der sich oftmals leider bis zur schleichenden Verhärtung der Fronten weiterführt.
Aus meiner Erfahrung macht eine zu frühe Kontaktierung der Mitarbeitervertretung i.d.R. mehr kaputt als dass sie effektiven Nutzen bringt, und ist daher zu vermeiden. Rat kann man sich auch auf anderem Weg holen - wie zum Beispiel hier in unserer Community...
DH - dem ist nichts hinzuzufügen - die einzig richtige Antwort :-)
DH - dem ist nichts hinzuzufügen - die einzig richtige Antwort :-)
Das sehe ich auch so.
Wenn eine Stelle nicht nachbesetzt wird, dann gibt es nun auch keinen Director mehr, dem du assisten kannst.
Von daher sieht dein Arbeitgeber natürlich zu, dich anderweitig einzusetzen. Das muss dir nicht gefallen, erst einmal ist es ein sinnvoller Akt deines Arbeitgebers.
Ob dieses auch rechtlich okay ist, kann dir sicher hier niemand so wirklich sagen, hängt aber ein Stück weit von deinem Arbeitsvertrag ab.
Von daher macht es durchaus Sinn, sich zunächst einmal die Meinung des Betriebsrats anzuhören.
Ein Aufhebungsvertrag kann immer eine Option sein, natürlich sollte man dann im Vorwege wissen, wie weit man dort pokern kann.
Vielleicht hilft dir dieser Link ein Stück weit weiter http://www.op-online.de/freizeit/beruf-karriere/ratgeber-service/beruf-recht/neuer-wider-willen-820856.html
Dieser Link hilft aus meiner Sicht leider nicht weiter (siehe auch meine Antwort)!
""Und nun das Wichtigste: Den Gang zum Betriebsrat solltest Du dir ebenfalls zunächst verkneifen – da kommt nichts Produktives heraus – jedenfalls nicht aus Arbeitgebersicht. Versetze Dich doch bitte einmal in dessen Lage: Man bietet einer guten Arbeitskraft aufgrund der Umstrukturierung ein neues Aufgabengebiet an, statt ihr zu kündigen, und sie hat nichts Besseres zu tun als zum Betriebsrat zu laufen…""
Warum nicht? Der BR ist ja für solche Fragestellungen auch da! In einem nach BetrVG funktionierenden Unternehmen ist es UNSCHÄDLICH Rat beim BR eizuholen. Vielleicht ist das sogar der richtige Weg! Der BR sollte ja im Vorfeld in solche Unternemerentscheidungen einbezogen werden und kann dem Fragesteller die Vorzüge und Anforderungen der "Neuen" Stelle vielleich genauer erklären. Der BR ist nicht der Verhinderer von vernünftigen Unternehmerentscheidungen. Er ist für das "Wohlbefinden der MA" genau so da, wie für ein "gesundes Unternehmen". Gruß Uli