Serverdefekt in der Arbeit - muss ich deshalb Urlaub nehmen?
Hallo,
bei meinem Arbeitgeber gibt es seit letzten Freitag Serverprobelme, so dass wir nicht arbeiten können. Jetzt hat uns heute der Arbeitgeber komplett heimgeschickt und zieht uns die Tage vom Urlaub ab.
Darf er das? Es ist ja im Grunde sein Verschulden, wenn er keine Sicherunskopien von den Daten gezogen hat und hier fahrlässig gehandelt hat.
Wer kennt sich aus?
Danke für Eure Hilfen
LG Sandara
4 Antworten
Der AG darf in diesem Fall keinen Urlaub abziehen.
Das Betriebsrisiko liegt beim AG und nicht beim AN. Der AG kann die AN nicht arbeiten lassen obwohl sie ihre Arbeitskraft anbieten. Er befindet sich hier nach § 615 BGB in Annahmeverzug.
In diesem Fall darf also weder Urlaub abgezogen werden, es dürfen keine Minusstunden entstehen und es muss auch nicht nachgearbeitet werden.
Ich vermute mal, es gibt keinen Betriebsrat. Dieser müsste das sonst wissen und den AG auch darauf hinweisen.
Nein, haben wir leider nicht
Denkt mal darüber nach einen BR zu wählen. Vielleicht kommen noch mehr Dinge, die der AG dem AN anlasten möchte weil er denkt, die AN haben keine Ahnung von ihren Rechten.
Egal ob mit oder ohne BR. Der AG befindet sich in Annahmeverzug und darf die AN nicht auf deren Kosten heimschicken.
Darf er das?
Einfach, klipp und klar: NEIN!
Es gehört zu den vertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer für die vereinbarte Arbeitszeit auch Arbeit zuzuweisen. Tut er oder kann er das nicht - gleichgültig, aus welchen Gründen, auf ein "Verschulden" seinerseits kommt es dabei nicht an - so gerät er gegenüber der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer ihm (vertraglich) anbietet, in den sogenannten "Annahmeverzug".
Geregelt ist das im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko"; dort heißt es:
Kommt der Dienstberechtigte [Anmerk.: der Arbeitgeber] mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete [Anmerk.: der Arbeitnehmer] für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Von dieser Regelung gibt es nur dann eine Ausnahme, wenn dadurch eine Situation geschaffen wird, durch die der Betrieb in seiner Existenz konkret bedroht würde.
Also:
Der Arbeitgeber darf - sofern Du Dich nicht in irgend einer Weise einverstanden erklärt hast ("Okay, super, dann fahre ich jetzt nach Hause!") - die ausgefallene Zeit nicht auf Deinen Urlaub anrechnen, sie nicht als Minusstunden verbuchen und auch nicht mit dem Lohn und Freizeitansprüchen verrechnen.
Wie Du Dein Recht gegenüber Deinem Arbeitgeber durchsetzen kannst oder willst, ist dann allerdings noch eine andere Frage; denn "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei völlig verschiedene Dinge!
Was steht in deinem Vertrag zu "flexibler Arbeitszeit" oder ähnlichen Begriffen oder Arbeitszeitregelungen im Allgemeinen?
Weiß ich nicht auswendig, sorry, aber ich glaube nicht, wir haben zwar Gleitzeit, aber mehr steht nicht drin, meines Wissens
Das ist aber sehr relevant dafür, ob es im Gleitzeitsaldo verrechnet werden kann.
Ganz schön dreist; habt ihr denn keinen Betriebsrat?
Nein, leider nicht :-(
Entweder widersprichst du dem Urlaubszwang schriftlich, oder du suchst dir einen Rechtsbeistand.
Nein, haben wir leider nicht