Erbfrage - Pflichtteil trotz alleinerbe?
Tach zusammen!
Folgender Fall: Mein Schwiegervater ist verstorben und hinterlässt eine Ehefrau und seine Tochter (nicht gemeinsames Kind!).
Im Testament steht, dass seine Ehefrau Alleinerbin ist. Dennoch steht meiner Frau, also seiner Tochter, der Pflichtteil zu.
Ich habe gelesen, dass die Frau als Alleinerbin dazu berechtigt ist, alles ohne Rücksicht auf seine Tochter zu veräußern und sie lediglich einen Anspruch auf die geldwerte in Höhe ihre Pflichtanteils hat. Ist das korrekt?
Es gibt (mal abgesehen von Auto und Hausstand) noch ein Haus mit Grundstück. Seine Frau/die Witwe steht NICHT (!!!) im Grundbuch! Beides wurde VOR der Heirat durch ihn gekauft und "bar" bezahlt, also fand während der Ehe keine Abzahlung des Kaufpreises statt. Wie verhält es sich nun hier mit der Aufteilung des Pfichtanteils?
Hat seine Tochter Anspruch auf das gesamte Haus+Grundstück, weil es VOR Eheschließung bereits abbezahlt war? (Kauf war ca. 2000, Eheschließung 2002). Oder hat seine Frau einen Teilanspruch? Wenn ja: wie hoch wäre der?
Theoretische Rechnungen: ihr gehört sowieso die Hälfte aufgrund der Ehedauer, also 50/50. Vom Vater seiner Hälfte erbt sie 50% und seine Tochter 50%, also 75%/25%. Durch das Alleinerbe leibt der Tochter noch die Hälfte des Anteils, also 12,5%, sprich:
Witwe: 87,5% und Tochter 12,5%. Korrekt?
Oder
Haus gehört zu 100% ihm (ohne vorige Aufteilung druch Ehe o.ä.), , dann geht 50%/50% an Witwe/Tochter und als Alleinerbe dann 75%/25% an Witwe/Tochter.
Wer bezahlt eigentlich den Gutachter? bZw. was wäre, wenn die Witwe das Haus veräußert, ohne vorige Begutachtung durch einen Spezi?
Ich danke schonmal für eure Antworten!
LG
6 Antworten
Der Schwiegervater hat sein Eigentum an seine Ehefrau vererbt, komplett. Auch das Haus gehört jetzt der Witwe. Der Pflichtteilsanspruch richtet sich nicht gegen das Erbe, der Anspruch muss gegen die Witwe geltend gemacht werden und ist in Geld zu realisieren. Die Höhe des Pflichtteils entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, in eurem Fall wären das 25% des gesamten Erbes.
Die Wertermittlung übernimmt in der Regel ein Testamentsvollstrecker, für solche Detailfragen würde ich mich an einen Anwalt wenden. Ein Anspruch deiner Frau auf das Haus besteht nicht.
Du rechnest etwas anders, als wir das gewohnt sind. Wenn das Haus dem Erblasser gehört hat, ändert sich daran durch die Ehe (in Zugewinngemeinschaft?) nichts. Du bist daher mit der Pflichtteilsquote von 1/4 auf dem richtigen Weg. Jetzt musst Du nur noch den Nachlass zusammenzählen und mit 1/4 multiplizieren.
Den Gutachter zahlt der Nachlass, also unter dem Strich Erbe und Pflichtteilsberechtigter anteilig: http://www.erbfix.de/2016/06/pflichtteil-wer-zahlt-den-gutachter.html
Das Gutachten geht auch nach der Veräußerung noch. Aber vorher wäre es schöner.
Der Pflichtteil ist immer ein Geldanspruch. Seiner Tochter gehört kein Anteil am Nachlass und hat damit auch keine wirtschaftliche Beteiligung am Grundstück. Da der Verstorbene alleine im Grundbuch stand, war er Alleineigentümer. Da seine Ehefrau Alleinerbin ist, gehört ihr nun das Grundstück vollständig. Ob das Grundstück vor oder nach der Ehe erworben worden ist, wäre für den Zugewinnausgleich relevant, aber nicht für den Umfang des Nachlasses. Der Pflichtteil beträgt hier 25% des Nachlasswertes (wenn sie im gesetzlichen Güterstand verheiratet waren).
Ein Pflichtteil ist immer eine Leistung in Geld.
Der Erbteil der Tochter wäre als gesetzliches Erbe (also ohne Testament) 1/2. Der Pflichtteil ist 1/2 davon. Also 1/4 vom ganzen.-
Das hat die Witwe auszuzahlen.
Das Erbe der Ehefrau beträget gem. §§ 1371 + 1931 BGB 1/2, das Erbe der Kinder (hier nur eines) entsprechen 1/2.
Der Pflichtteil ist 1/2 vom gesetzlichen Erbe, also 1/2 von 1/2, somit 1/4.
Okay.... und wie kommt sie (also die Tochter) dann ans Geld? Wird dieser "Anteil" notariell festgesetzt ausgehend vom Gesamterbe mit fristsetzung der Zahlung oder müssen wir das per Anwalt einklagen? Sprich eine Auflistung aller Wertsachen einfordern und das Viertel geltend machen?
Richtig, die Haupterbin als Besitzerin des Erbes muss Auskunft erteilen. Wenn deren Wertermittlung angezweifelt wird, muss man ggf. einen Gutachter bestellen.
Also macht der Notar nix mehr und wir müssen das untereinander regeln (am besten natürlich ohne Anwalt)?
Nein, der Notar verkündet das Testament. Was danach kommt ist Anwaltssache, wenn Beratung gebraucht wird. Der Notar darf nicht beraten, wenn er als Notar tätig war.
Eine Frage hätte ich noch: Gibt es Gesetze, die vorschreiben, dass ein Erbe nicht unter Wert verkauft werden darf?! Bzw.: was wäre, wenn die Frau nun das Haus für einen Bruchteil des Wertes verscherbeln würde... hätte die Tochter dann Anspruch auf einen Teil des Verkaufswertes oder auf den ursprünglich durch einen Gutachter festgestellten Wert? Und wie schon gefragt, gibt es dazu eventuell irgendwelche Paragrafen? :D
Wenn die Haupterbin ein Haus, was 400.000,- Wert ist, für 200.000,- Verkauft, ist der Erbteil natürlich geringer.
Aber ein unmotivierter Verkauf zum halben Preis macht die Verkäuferin schadenersatzpflichtig.
Ist natürlich schwer nachzuweisen, aber probieren sollte man es.
So schnell kann das Haus nicht veräußert werden. Dazu muss erst einmal ein Erbschein her.
Ihre Frau hat Anspruch auf ein bewertetes Nachlassverzeichnis, auf Basis dessen wird, nach Abzug aller Verbindlichkeiten wie Bestattung etc. der Pflichtteil berechnet. Wenn ein Wertgutachten erstellt werden muss, um den Wert des Hauses zu ermitteln, ist dieses auch aus dem Nachlass zu bezahlen.
Vl.t möchte die Witwe das Haus mit dem Voraus (Hausrat) ja auch behalten und den Pflichtteil auszahlen.
Laut Testament ist die Ehefrau aber Alleinerbin, und das ist doch mit einer Enterbung gleichzusetzen, was wiederum bedeutet, dass die Tochter nur die Hälfte vom Pflichtteil erhält, also statt 25% nur 12,5%. Oder?