Entscheidender Unterschied zwischen Gewinn- und Überschusseinkunftsarten
Mir sind die Definitionen soweit geläufig, also Gewinneinkünfte = Betriebseinnahmen ./. Betriebsausgaben, Überschusseinkünfte = Einnahmen ./. Werbungskosten. Aber was ist der Hauptgrund dafür, dass man diese klare Trennung vornimmt? Was ist das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Gewinn- und Überschusseinkünften?
5 Antworten
Meine Vermutung war zu der Frage immer:
Ist es wahrscheinlich dem Versuch geschuldet alles ordnen zu wollen.
Hier nach vermuteter "historischer Entstehung".
2b Könnte mir auch vorstellen, dass diese Einkunftsarten tatsächlich in dieser Reihenfolge ins Gesetz kamen.
'3. Bei den Einkunftsarten 4 bis 7 haben wir eigentlich überall eine gewisse Regelmäßigkeit. Deshalb hat man wohl auf die noch genauere Beschreibung dieses gewinnähnlichen Überschusses verzichtet.
Allgemein: Auch das deutsche Steuerrecht hat sich grundsätzlich aus dem biblischen 10-tel ergeben. Im Grunde eine Art von Umsatzbesteuerung des Ertrages. Von den Einnahmen (dem Fruchtertrag) wurde kein Einsatz abgezogen.
Das führte spätestens mit der Verstädterung mit Sicherheit zu unmöglichen und ungerechten Situationen. Mit dem Aufkommen der Städte gab es auch Spezialisierungen. Vorher eigentlich ungebräuchlich.
Wie soll jetzt ein Schuhmacher, der das Leder nicht mehr von den eigenen Tieren nehmen kann 10% von den Einnahmen bezahlen? Dabei hat der Bauer ja schon für das Leder bezahlt (im Zwischenschritt sogar der Gerber auch). Doch Geld was schon zu einem gewissen Teil den Produktionsstufen vorher zugeflossen war. Wir nennen dieses Problem Doppelbesteuerung.
Außerdem waren im Mittelalter verschiedene Stellen zur Steuereintreibung berechtigt. Pech wer dann doppelt dran war. Stand ein Gebiet unter doppelter "Regierung" durch der Zugehörigkeit zu einem der Kirche zugerechneten Gebiet und einem weltlichen Anführer konnte es dazu kommen. Zum Glück waren die Finanzbehörden nicht so gut ausgestattet wie heute, da konnte dann auch mal was vergessen werden oder ein "Steueranspruch" konnte aus faktischen Gründen nicht durchgesetzt werden. Die Truppen des einen verjagten die Steuereintreiber des anderen oder so.
Das alles als Grundlage.
Der erste organisierte Unterhaltserwerb war der Anbau auf dem Feld und die Viehhaltung. Ich denke, dass das auch historisch so akzeptiert werden könnte. Übrigens gehört jagen zur Land- und Forstwirtschaft, wenn ich das gerade so richtig gegrübelt habe.
Durch die Verstädterung bildeten sich als erste die Gewerbestände heraus. Übrigens haben auch die Städte häufig auf die Zahlung von Steuern gegenüber fürstlichen Obrigkeiten "verzichtet". In Braunschweig hat dieses Bürgertum den Herzog lange nicht in die Stadt gelassen. Steuerersparnis war der Verzicht auf die Residenzabgabe.
Mit Aufkommen der Universitäten bildete sich eine neue gesellschaftliche Macht. Die herrschaftsnah war und "nicht mit dem Handwerker gleich sein konnte".
Natürlich waren die genannten eben die freien.
Dann wurde "der Pöbel" zu Kasse gebeten. Wir haben ja bis heute Besonderheiten bei der Besteuerung, nicht nur nur bei Land- und Forstwirtschaft (die Besteuerung nach Flächen und Vieheinheiten). Sondern auch in der Lohnsteuer.
Damit waren die wichtigsten Einkommen gruppiert und man konnte dann mit der Zunahme bestimmter Einnahmequellen und deren zunehmender Wichtigkeit weitere Einkunftsarten in die Besteuerung aufnehmen.
Diese "halbhistorische Sichtweise" wird auch dadurch gestützt, dass bis heute verschiedene Besonderheiten bestehen. Bei L+F schon genannt. Die Gewerbesteuer als Abgabe an den Magistrat einer Stadt. Das dieses nicht für die Freiberufler gelten konnte, da diese ja zur Durchsetzung staatlicher Anweisungen und Regeln notwendig waren wäre die Ferne zur Gewerbesteuer auch erklärlich.
Letztendlich ist auch der Vorrang der Gewinneinkunftsarten vor den Überschusseinkunftsarten so erklärbar.
Wie gesagt: Ich habe leider bisher nie die Gelegenheit gehabt dieses historisch zu untersuchen oder habe zu diesem Teil der Rechtsgeschichte nichts gefunden. Doch finde ich es als Arbeitsthese geeignet, da es doch ziemlich belastbar erscheint.
Danke!
Das entscheidende Abgrenzungskriterium ist die Art und Weise wie die Einkünfte ermittelt werden.
Betriebseinnahmen und Einnahmen sind eben nicht das gleiche. Als Gewerbetreibendern zählen zu Deinen Einnahmen Gelder, die bei einem Nichtgewerbetreibenden unter Umständen steuerfrei wären, weil eben alles was mit dem Betrieb zu tun hat, zu den Einnahmen gehört.
Betriebsausgaben und Werbungskosten sind auch nicht dasselbe. Die Definition von Betriebsausgaben ist "alles was durch den Betrieb veranlasst ist", als Gegenstück zu den Einnahmen. Werbungskosten müssen zur Erzielung oder Erhaltung der EInnahmen geleistet werden.
Zudem wird die dadurch die Art der Gewinnermittlung vorgeschrieben. Wer Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat, muss eine Bilanz oder eine EÜR erstellen. Wer LaFo Einkünfte hat, muss Bilanz oder 13a Rechnung bringen. Wer selbständig ist, muss eine EÜR bringen oder er bilanziert freiwillig.
Wer nur Arbeitslohn hat, zieht Werbungskosten von den Einnahmen ab. Er darf nicht bilanzieren, er darf auch keine EÜR abgeben. Die Einkünfte aus V + V dürfen auch nicht durch Bilanz oder EÜR ermittelt werden.
Das klingt auf anhieb jetzt nicht so wichtig, kann aber im letztlichen Ergebnis einiges ausmachen. Der Gewinnermittler kann und/oder muss Rückstellungen bilden. Er muss Rechnungsabgrenzungsposten bilden. Er muss unter Umständen Einnahmen versteuern, die er noch gar nicht hat.
Allein schon der kluge Wechsel zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 zu einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kann mehre tausend Euro an Steuern sparen.
Die einzelnen Einkunftsarten, die lassen sich durchaus geschichtlich herleiten. Die Art der jeweiligen Gewinnermittlung jedoch nicht.
Die Unterscheidung findest Du in § 2 Einkommensteuergesetz. Dort wird der Begriff "Einkünfte" definiert.
Es gibt bekanntlich 7 Einkunftsarten. Im Gesetz steht, das die Einkünfte bei den ersten 3 Einkunftsarten Gewinn" heißen und bei den letzten 4 Einkunftsarten "Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
Die ersten 3 Einkunftsarten sind Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und Selbständige Arbeit. Die Gewinnermittlung kann durch Bilanzierung, Einnahme- Überschuss- Rechnung oder Pauschalierung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft geschehen.
Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und den Sonstigen Einkünften einschließlich der Spekulationsgewinne werden den Einnahmen die Werbungskosten gegenübergestellt.
Gut, ich habe meine Frage wohl nicht ausreichend klar formuliert. Entschuldigung!
"Betriebseinnahmen" (in den Gewinneinkunftsarten) und "Einnahmen" (in den Überschusseinkunftsarten) sind ja schon von der Begrifflichkeit relativ nah beieinander. "Betriebsausgaben" (§ 4 Abs. 4 EStG) und "Werbungskosten" (§ 9 Abs. 1 EStG) sind de facto auch das gleiche.
Unter dem Strich ist beides sehr ähnlich, nur dass andere Begriffe verwendet werden. Was ich mich deshalb frage ist, warum man diese so deutliche begriffliche Unterscheidung macht.
Die Unterscheidung in § 2 Einkommensteuergesetz gibt es mindestens schon seit dem Beginn meiner Ausbildung im Jahre 1960, möglicherweise schon so lange, wie es ein Einkommensteuergesetz gibt, also seit 1920 oder so. Die Unterscheidung ist "schon immer gewesen". Möglicherweise gibt es in den Begründungen zum ersten Einkommensteuergesetz einen Hinweis auf die Notwendigkeit der Unterscheidung. Ich habe leider nicht die Möglichkeit, in den uralten Archiven zu suchen. Aber ein Hinweis: Wenn Du tiefer graben willst, versuche doch, im Bundesfinanzministerium eine ausführliche Auskunft zu erhalten.
Für mich waren die Gewinneinkünfte immer diejenigen, in denen man gewissermaßen unternehmerisch tätig wird. Die Überschusseinkünfte im Vergleich dazu eher die, für die man nicht unbedingt unternehmerisches Geschick braucht bzw. von vornherein schon gar nicht selbständig arbeitet. Etwas grob, aber für mich immer logisch gewesen ;)
Gewinn = Bilanzergebniss, Überschusseinkünfte = Ergebniss der EüR
EüR= auch Gewinn. Bei den Überschusseinkünften heißt es "Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Ein Blick in das Gesetz eröffnet neue Erkenntnisse!
Das würde ja bedeuten, dass z.B. jemand mit Einkünften aus Gewebebetrieb seinen Gewinn nicht per EÜR ermitteln könnte. Und dass jemand mit Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit eine EÜR machen müsste.
Nein. Wenn ich schreibe: EÜR = Gewinn, dann heißt das eine EÜR ist nur bei den ersten drei Einkunftsarten möglich. Und bei den letzten 4 Einkunftsarten, also auch bei den Einkünften aus Nichtselbständiger Arbeit, heißt es im Gesetz: Überschuss der Einnahmen (nicht Betriebseinnahmen über die Werbungskosten (nicht Betriebsausgaben). Die EÜR natürlich auch für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dort wird nämlich die "Anlage EÜR" zur Gewinnermittlung ausgefüllt.
Entschuldigung. Ich meinte "Anlage EÜR" zur Anlage G Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Vielen Dank für diese unglaublich ausführliche, absolut nachvollziehbare Antwort. Das hilft mir doch richtig weiter. Sternchen für die hilfreichste Antwort folgt :)