Arbeitsrecht - Selbstständigkeit - Betriebsprüfung - Nachzahlung des Arbeitgebers

9 Antworten

Sofern du hieb- und stichfeste, juristische Beratung benötigst, bist du bei einem Anwalt besser aufgehoben.

Ich sehe es allerdings so, daß sich der AG nicht auf das "Versprechen" des AN beziehen kann, weil es eine unangemessene Benachteiligung des AN darstellen würde. Zumal der AN keinerlei Ahnung von Arbeits- und Sozialrecht hat.

Der AG würde bei gerichtlichem Beitreibungsversuch schon in der ersten Instanz unterliegen.

Ein Versprechen, welches generell auf Sittenwidrigkeit beruht, ist sowieso unwirksam.

Der AG hat sich nach Recht und Gesetz haftbar gemacht, ist in der Haftungssituation gegenüber den Sozialversicherungen und kann sich daher nicht darauf berufen, den AN zur Rückzahlung von Beiträgen verpflichten. Zumal noch geklärt werden müßte, ob er sich bei dieser hohen Summe nicht auch noch gleich seine AG-Anteile erstatten lassen will. Das wäre definitv sittenwidrig und mit Sicherheit auch strafrelevant.

Takka 
Beitragsersteller
 27.11.2013, 21:29

Besten Dank. Super Antwort. Das was du so geschrieben hast, ist ungefähr das, was ich dem jungen Mann erzählt habe... es passt... und es ist strafrelevant, da ich noch weitere Dokumente erhalten habe, die unglaublich sind... er hat diese mir Übergeben und ich will einfach diesen Menschen helfen, dass er keine Auszahlung tätig, da er zweifacher Vater ist, gesund verheiratet und echt ein guter Mann ist, der sich nachhaltig verschulden könnte... für nichts! Für Betrüger!

Er solle inoffiziell auf Lohn verzichten, also weniger Stundenlohn erhalten und somit monatlich einen Abtrag leisten (Das der AG auch dann weniger soz. Abgaben tätigt ist betrug).... ich hab mich extra kurz gehalten... da ist echt noch Pulver!

Besten Dank für deine Antwort Michi... das hilft sehr, dass der Mann erkennt, dass es "Gott sei Dank" in Deutschland einen Rechtsstaat gibt!

Ich brauche gerne mehr Antworten, damit wir nicht einem positiv denkenden Menschen nachhaltig verschulden!

Falls wir uns irren sollten, bitte sofort antworten! Ich bin mir sicher nicht!

Allerbest Grüße!

Takka!

michi57319  27.11.2013, 21:34
@Takka

Takka, du solltest dir den jungen Mann schnappen und ihn zu einem Beratungstermin bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht schleppen. Solch ein Beratungstermin kostet nicht viel, bringt aber viel.

Bei deiner Beschreibung könnte dann die entsprechenden Anzeigen gleich vom RA erledigt werden. Das klingt nach derber Ausbeutung von einem Menschen, der keine Ahnung von Recht und Gesetz hat.

Schieb dem einen Riegel vor und geht zum Anwalt!

Sollte es noch weitere Betroffene geben, sammle alle Infos, die du bekommen kannst. Dann zünde die Lunte am Pulverfass an.......

Ich bin selbst Arbeitgeberin und bei solchen Darstellungen schwillt mir nicht nur der Kamm! Ich kämpfe seit vielen Jahren gegen die Auswüchse der Tarifunterlaufung, Schwarzarbeit, etc.

Takka 
Beitragsersteller
 27.11.2013, 21:53
@michi57319

Vielen Dank Michi! Das macht Mut! Es gibt noch 16 weitere Personen und wir stehen wirklich kurz davor deinen Weg einzuschlagen. Ich persönlich will die Anzeige. Die Arbeitnehmer möchte ich nicht "zwingen" dagegen anzugehen... die haben einfach sehr viel Angst... das Unternehmen ist ein sehr profitables Unternehmen. Es erwirtschaftet ca. 500.000,- Euro nach Steuern pro Jahr...! Es ist einfach unglaublich was da passiert...

Wir haben durch deine Erfahrung schon sehr viel gewonnen...! Ich werde diese Forum, die Frage den Menschen vorstellen und ich dir sehr, sehr dankbar!

Allerbeste Grüße

Takka!

michi57319  27.11.2013, 22:25
@Takka

Meine Herrn, das sind ja Dimensionen!

Aber vor einigen Jahren gingen einige Gebäudereinigungen hoch, die Millionen von Euro hinterzogen haben. Gut so :-) Marktbereinigung nennt sich das. Was glaubst du, wie solche Unternehmen Richtung Marktführerschaft kommen? Durch unlautere und strafbewehrte Methoden in der Unternehmens- und Mitarbeiterführung.

Übrigens, sollte der Betrieb dem Arbeitgeberentsendegesetz angeschlossen sein, bietet es sich auch an, den Zoll als Kontroll- und Sanktionsbehörde einzuschalten. Dazu Daten sammeln, Zeugen zur Aussage überzeugen und ab geht die Luzie :-)

Der Zoll ist eine ziemlich humorlose und gnadenlose Behörde.

DerHans  28.11.2013, 01:30
@michi57319

Mit genau diesen Methoden werden ehrliche Firmen, die ihr Angestellten ordentlich bezahlen und anmelden in den Ruin getrieben.

SpediHAJ  28.11.2013, 09:45
@DerHans

DerHans: Um Missverstänisse zu vermeiden: Du meinst sicher die "unlauteren und strafbewehrten Methoden in der Unternehmens- und Mitarbeiterführung", nicht die strengen Kontrollen des Zolls. Das hätte man jetzt nämlich interpretieren können...

DerHans  28.11.2013, 10:26
@SpediHAJ

Stimmt hätte ich deutlicher schreiben müssen

michi57319  28.11.2013, 16:05
@DerHans

Danke SpediHAJ, ich bin gestern schon drüber gestolpert, bin aber nicht davon ausgegangen, daß DerHans mich meinte ;-)

http://www.zoll.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/Schwarzarbeitsbekaempfung/2012/y88_beitragshinterziehung.html


Das Thema "Scheinselbständigkeit" ist ein Mittel zum (illegalen) Einsparen von Steuern und Sozialabgaben. Damit einher geht ein Sozialbetrug weil sich die AN als Selbständige selbst kranken- und rentenversichern müssten - was sie aber nicht getan haben.

Der AN hat einen Riesenschaden - ist er überhaupt wirksam versichert? Wenn der AG jetzt den selbst verurachten Schaden von seinen An ersetzt haben will, ist das nicht rechtmäßig.

Auf die Forderungen bloß nicht eingehen, das Ganze ist ein Fall für einen Anwalt und vielleicht sogar den Staatsanwalt.

stern311  28.11.2013, 12:37

naja der AN hat ja von sich aus Zahlung angeboten. offenbar hat er dort, zum zweiten mal, nicht gewußt was er verspricht, und versucht nun sich zum zweiten Mal auf Unkenntnis zu berufen. Ganz schön blauäugig.

Aber hallo, der Schuss kann nach hinten losgehen!

Unwissendheit, mit welcher Begründung? Ich wusdte nichts über den Status Arbeitnehmer, Selbstständiger oder Gewerbetreibender, das zieht vor Gericht nicht, denn es gibt keine Unwissendheitsklausel in der Gesetzgebung. .

Entweder er hatte ein Beschäftigungsverhältnis auf Arbeitnehmerbasis oder er war Freiberuflich oder als Gewerbetreibender beschäftigt. Wenn es hierüber absprachen (mit Zeugen) gibt, sieht es schlecht aus. Es spielt hier für den Arbeitnehmer & Arbeitgeber auch absolut keine Rolle was die DRV in der Betriebsprüfung ermittelt hat, hier wurde nur ein Stausfeststellungsverfahren nach Paragraph 7 SGB IV durchgeführt, hierbei handelt es sich um ein Sozialverfahren, das der Arbeitgeber hier abgewatcht wurde ist verständlich, wenn er "keine Sozialabgaben" abgeführt hat.

Jetzt kommt aber das Problem, vor einem Zivil/Sozialgericht kann der Arbeitgeber auf die Zusage der Vereinbarung abstellen, wenn er diese belegen kann, zumal ein selbstständiger Freiberufler bzw. Gewerbetreibender einen ganz anderen Betrag erhält als ein festangestellter Mitarbeiter. Das die DRV den Arbeitnehmer als Scheinselbstständig deklariert hatte bisher nur positive Auswirkungen, für den Arbeitnehmer.

Vor dem Sozialgericht kann der Arbeitgeber auf die Rückzahlung der Differenz zwischen Tarifgehalt und tatsächlich gezahltem Entgelt bestehen. Gibt es Nachweise über Zahlungen zwischen AN & AG die über dem üblichen Std, Satz liegen, kann es zu weiteren Problemen hinsichtlich des Finanzamtes kommen. Das Finanzamt würde hier auf Tarifvertrag abstellen das reguläre Nettogehalt (nicht Brutto) abziehen und die Lohnsteuer nachträglich vom AN "nicht vom AG einfordern.

Für die ordnungsgemäße Abführung der Sozialabgaben ist der Auftraggeber verantwortlich. Es war ebenfalls SEINE Obliegenheit, die Versicherungspflicht zu prüfen. Genau das hat ja auch die Betriebsprüfung ergeben.

Der Mitarbeiter hat keinerlei Verpflichtung diesen Betrag zu erstatten. Er ist derjenige der hier betrogen worden ist.

Er hätte weitere Forderungen zu realisieren. z.B. bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Ich kenne das weit verbreitete Risiko der Haftung für SV-Beiträge auch. Tatsächlich gibt es für Arbeitgeber ein Rückforderungsrecht des nicht einbehaltenen Arbeitnehmer-Anteils.

Allerdings unterliegt dieser auch der Verjährung. Ob ein unter Schock gegebenes Versprechen "Ich gebe Dir das zurück" wahrscheinlich noch ohne Kenntnis einer Höhe diese Verjährung gehemmt hat, dass glaube ich nicht. Denn Verjährungen werden durch Verhandlungen zwar gehemmt, aber ob durch dieses Versprechen eine neue Verjährungsfrist begründet wurde, dass sollte ein Jurist entscheiden.

Ohnehin ist das ein Fall, den auch Juristen wohl eher nur mit der Kneifzange anfassen. Da in dem geschilderten schon ausreichend Pulver steckt.

Jetzt mal von diesem ersten Glaubensrat (so möchte ich das nennen, da ich ja kein Jurist bin) zu einem zweiten Glaubensteil.

Was meinst Du: Wie sicher ist sein Arbeitsplatz, wenn er sich tatsächlich gegen die Forderung wehrt? Als Arbeitgeber könnte man dann sagen, dass das Vertrauensverhältnis beschädigt wurde. Ob in diesem Fall vor einem Arbeitsgericht die Kündigung aufgehoben werden würde oder eine Abfindung zugesprochen würde möchte ich auch nicht abschätzen müssen.

In jedem Fall würde ich versuchen so lange auf Zeit zu spielen wie nur möglich. Also nichts von Anwalt oder Gericht zum Arbeitgeber sagen. Außerdem verstehe ich auch den Versuch der Rechtsschutzsuche des Arbeitgebers nicht. Also das er vor Gericht gegangen ist. Der hat ja geradezu den Eindruck vermittelt, dass er von Scheinselbständigkeit noch nie was gehört hätte.

Dann an Dich eine eindringliche Warnung! Was Du hier und da machst, legt den Verdacht einer verbotenen Rechtsberatung sehr Nahe. So etwas wird in der Regel mit einer Strafe von 5.000 Euro je Fall geahndet. Könnte inzwischen auch mehr geworden sein. Wenn Du hiermit lediglich den Gang zum Anwalt vorbereiten wolltest/solltest ist das vielleicht was anderes. So klang jedenfalls die Bemerkung gegenüber Michi. Allerdings ist auch der Rat zu einer Anzeige bedenklich.

Deine Überzeugung von der Rechtsstaatlichkeit in allen Ehren. Die hatte ich auch mal. Auch in eindeutigen Fällen entscheiden deutsche Gerichte ohne die Nennung von Gesetzesnormen. Das ist nicht nur ein Hinweis darauf, dass die Richter niemandem verantwortlich sind. Es ist die klare Aussage. Denke nur an den Fall des Herren Mollath, der obwohl bekannt war, dass Fehlurteile gesprochen waren nicht seine verfassungsmäßigen Rechte gewahrt bekam. Lange Zeit! Freizügigkeit genommen, auch das Recht auf Unversehrbarkeit (wer wurde ja weiter mit Medikamenten behandelt, die er ja gar nicht benötigte). Es gibt eben nur die erhöhte Chance vor einem Gericht zu gewinnen. In der Regel wird ein Richter sagen: Vergleicht Euch. Er wird ein Signal geben und damit diesen Vergleich diktieren. Diese Variante darf man nicht vergessen. Oh Du mein schönes Deutschland, Du schönes Land mit einem tollen Grundgesetz.

Sicher wird die ganze Sache nicht einfacher, wenn man diese kritische Betrachtung mit einbezieht. Aber vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand. Ich glaube nicht an Gott, aber diese Volksweisheit bringt es so schön auf den Punkt.

Ich wünsche Deinem Bekannten alles Gute! Ich kann es nämlich nicht ab, wenn Leute insbesondere in ihrer Unwissenheit in die Sch... geritten werden. Allerdings hier noch einmal eine solche Weisheit: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

BluePapillion  28.11.2013, 17:32

Ich kenne das weit verbreitete Risiko der Haftung für SV-Beiträge auch. Die betrifft ausschließlich die Auftrags bzw. Arbeitgeber.

Tatsächlich gibt es für Arbeitgeber ein Rückforderungsrecht des nicht einbehaltenen Arbeitnehmer-Anteils. Stimmt!

Ohnehin ist das ein Fall, den auch Juristen wohl eher nur mit der Kneifzange anfassen. Da in dem geschilderten schon ausreichend Pulver steckt.

Den nimmt jeder Jurist an, da man hier die Klagesumme extrem hochtreiben kann und unabhängig vom Erfolg (es wird immer nur um einen Vergleich gefeilcht) die Gebührensätze einstreicht.