An welche Regeln müssen sich Zeitarbeitsfirmen halten, wenn es um die freien Tage geht?

2 Antworten

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Die Rechtsprechung orientiert sich bei der Frage, wie weit ihm Voraus einem Arbeitnehmer sein Dienstplan mitgeteilt werden muss, an einer Bestimmung aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz TzBfG § 12 "Arbeit auf Abruf" Abs. 2:

Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der
Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage
im Voraus
mitteilt.

Das gilt auch z.B. für die Anordnung von Überstunden aus dringenden betrieblichen Gründen.

Diese Vorlaufzeit von 4 Tagen gilt selbstverständlich nicht für unvorhersehbare Notfälle.

Mj8424 
Beitragsersteller
 08.02.2016, 01:29

Was wäre bei einer Zeitarbeitsfirma denn ein dringender betrieblicher Grund? Dass sie zu wenig Personal zur Verfügung haben ist doch soweit ich weiß kein Grund Überstunden Anordnen zu können, oder? Ich würde auch gern wissen, wie so eine Anordnung von Überstunden seitens des Arbeitgebers auszusehen hat. Die sind ja immer sehr darauf bedacht, dass ich Stunden auf diesem Arbeitszeitkonto "anspare". Die ich dann denke ich mal benutzen soll um eine eventuell anfallende Einsatzfreie Zeit zu überbrücken, was nach meinen Erkenntnissen aber auch illegal ist. Also zu fordern, dass ich die Stunden dafür in Anspruch nehme. Soweit ich weiß darf der Arbeitgeber zwei Tage im Monat selber bestimmen, wann ich diese Stunden zu nehmen habe. Das Problem ist, dass diese ganzen vertraglichen Angelegenheiten für mich so kompliziert sind, weil ich ja kein Jurist oder sonstwas bin und ich das Gefühl habe, dass die Firma genau darauf abzielt und einfach mal alles versucht was geht. Allerdings habe ich keinen Bock darauf, dass die mit mir so umspringen.

Familiengerd  08.02.2016, 01:50
@Mj8424

Was wäre bei einer Zeitarbeitsfirma denn ein dringender betrieblicher Grund?

Es ist richtig: Personalmangel alleine ist kein Grund, der den Arbeitgeber zur Anordnung von Überstunden berechtigt (die Notwendigkeit der Beteiligung eines Betriebsrates - so es ihn denn überhaupt gibt - einmal außen vor gelassen).

"Dringende betriebliche Gründe" sind gesetzlich nicht definiert; sie sind aber immer dann gegeben, wenn betriebliche Abläufe ohne die Leistung von Überstunden in einem solchen Maße gestört und mit wirtschaftlichen Auswirkungen in einem Grade verbunden wären, die für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar wären (was aber auch wieder eine Auslegungssache ist).

Die ich dann denke ich mal benutzen soll um eine eventuell anfallende Einsatzfreie Zeit zu überbrücken, was nach meinen Erkenntnissen aber auch illegal ist.

Das ist dann erlaubt, wenn es dazu eine ausdrückliche entsprechende arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelung gibt. Das ist z.B. in den beiden Tarifverträgen für die Zeitarbeit (iGZ und BAP/BZA) in einen bestimmten Zeitumfang so geregelt. Wenn also auf Dein Arbeitsverhältnis einer dieser beiden Tarifverträge anzuwenden ist ... ... .

Ohne eine solche arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung zur Anrechnung von Plusstunden auf Minusstunden, die durch inkompatible Arbeitszeiten des Entleih-/Kundenbetriebes mit den mit Deinem  Arbeitgeber (der Zeitarbeitsfirma) vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten entstehen, darf Dein Arbeitgeber Deine Plusstunden nicht mit so entstandenen Minusstunden verrechnen - das ist dann sein betriebliches Risiko, das er nicht durch eine solche Verrechnung auf Dich abwälzen darf - Bürgerliches Gesetzbuch BGB 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte [Anmerk.: der Arbeitgeber] mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete [Anmerk.: der Arbeitnehmer] für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Soweit ich weiß darf der Arbeitgeber zwei Tage im Monat selber bestimmen, wann ich diese Stunden zu nehmen habe.

Eine solche Bestimmung gibt es nicht.

Familiengerd  08.02.2016, 01:58
@Familiengerd

Ergänzung:

Soweit ich weiß darf der Arbeitgeber zwei Tage im Monat selber bestimmen, wann ich diese Stunden zu nehmen habe.

Eine solche Bestimmung gibt es nicht.

Wenn Du Mehrarbeitsstunden hast, die ausgeglichen werden sollen, dann ist in analoger Auslegung des Arbeitszeitgesetzes § 3 "Arbeitszeit der Arbeitnehmer" der Freizeitausgleich zu gewähren, wenn arbeits- oder tarifvertraglich vertraglich nichts Anderes (Entgeltausgleich) vereinbart worden ist; grundsätzlich sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer dann aber auf die Art des Ausgleichs einigen.

verreisterNutzer  08.02.2016, 02:17
@Familiengerd

Alles richtig und absolut klar und deutlich erklärt, @Familiengerd :))

Ich ergänze:

Sollte bei dem Fragesteller ein Tarifvertrag einschlägig sein, sollte sich der Fragesteller diesen hinsichtlich der Überstundenregelungen noch einmal genauestens durchlesen. Dort findet sich manchmal ein Passus, der besagt, dass der AN bei zu hoch aufgelaufenem Stundenkonto sich einen Teil dieses Stunden sporadisch auf Antrag (!) auszahlen lassen kann.

Fest steht im Übrigen, dass, sollte das unsägliche Stundenkonto durch Nichteinsatz ins Minus geraten, die Leihbude dieses Minus bei Austritt aus dem Unternehmen nicht zurückfordern kann.

Wenn ich Zeitsklave wäre, würde mich das zumindest etwas beruhigen... :)   


Familiengerd  08.02.2016, 11:45
@verreisterNutzer

Im Tarifvertrag BAP sind diese Fragen des Arbeitszeitkontos, des Umgangs mit Plus- und Minusstunden und Fragen des Ausgleichs von Plusstunden in den einzelnen Absätzen des § 4 "Verteilung der Arbeitszeit/Flexibilisierung" geregelt, im Tarifvertrag iGZ  in den einzelnen Absätzen des § 3 "Arbeitszeit", besonders die Unterabschnitte des § 3.2. "Arbeitszeitkonto".

Mj8424 
Beitragsersteller
 08.02.2016, 20:05
@Familiengerd

Danke für die Umfangreiche Antwort.

In dem Vertrag wird Bezug auf Tarifverträge genommen, ich verstehe da allerdings überhaupt nichts.

Ich schreibe es mal auf, vielleicht blickt da ja irgendjemand durch.

(2) Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der Arbeitgeberverband iGZ mit einer oder mehreren Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, EVG abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. Es finden dabei nicht sämtliche vom iGZ abgeschlossenen Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sondern nur die einschlägigen Tarifverträge nach der in Absätzen 3 bis 5 genannten Maßgabe.
Mj8424 
Beitragsersteller
 08.02.2016, 20:06
@Mj8424

Allerdings liegt dort nichts aus, ich wurde auch nicht darauf hingewiesen oder sonst was.

verreisterNutzer  08.02.2016, 20:13
@Mj8424

Das wundert mich nicht - die ZA-Leute sind alles "Gangster" ;))

Familiengerd  08.02.2016, 20:23
@Mj8424

Auf Dein Arbeitsverhältnis findet also der Tarifvertrag des DGB mit der iGZ Anwendung; Du findest diesen Tarifvertrag hier:

http://ig-zeitarbeit.de/tarife-recht/tarifvertraege  (rechte Seite: Downloads Tarifhauptbroschüre [pdf 0,9 MB] )

Der Arbeitgeber ist übrigens nach dem Tarifvertragsgesetz TVG § 8 "Bekanntgabe des Tarifvertrags" verpflichtet, den anzuwendenden Tarifvertrag an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsicht auszulegen!

Zum letzten Satz Deines Zitates ("... nach der in Absätzen 3 bis 5 genannten Maßgabe ...") kann ich nichts sagen, da ich diese Absätze in Deinem Arbeitsvertrag nicht kenne (vielleicht bedeutet das, dass nur bestimmte Regelungen des Tarifvertrag  anzuwenden sind, weil der Arbeitgeber selbst diesem Tarifvertrag nicht unterliegt).

Familiengerd  08.02.2016, 20:25
@verreisterNutzer

Das ist allerdings Unsinn - auch wenn es dort wohl mehr "schwarze Schafe" gibt als unter den "sonstigen" Arbeitgebern.

Mj8424 
Beitragsersteller
 08.02.2016, 22:37
@Familiengerd

Das ist allerdings Unsinn - auch wenn es dort wohl mehr "schwarze Schafe" gibt als unter den "sonstigen" Arbeitgebern.

Naja, er hat es vielleicht etwas blöd formuliert, aber ich wüsste auch nicht, wo der Sinn für einen Arbeitnehmer liegen soll, dass es Zeitarbeitsfirmen gibt. Leider habe ich momentan keine andere Möglichkeit für mich gesehen finanziell unabhängig vom Arbeitslosengeld zu werden, ohne eben bei dieser Firma den Job anzunehmen. Aus verschiedenen privaten bzw. gesundheitlichen Gründen habe ich keine abgeschlossene Ausbildung und dementsprechend keine großartigen Chancen einen vernünftigen Job zu finden. (Stellen für ungelernte werden so gut wie alle von Zeitarbeitsfirmen vergeben) Und ja, ich denke, dass sich die Firma über die Lage, in der ich und viele andere sich befinden bewusst ist und diesen Umstand schamlos ausnutzt um Geld zu machen. Natürlich ist eine Firma keine wohltätige Einrichtung und im Prinzip dazu da Profit zu machen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass man als Arbeitnehmer diesen Firmen nicht einfach komplett hilflos ausgeliefert ist. Dieses Gefühl habe ich nämlich momentan. Klar ist man durch verschiedene Gesetze ein wenig geschützt vor Ausbeutung, doch da muss man erstmal durchblicken, welche Rechte man hat, usw. usf.

Von mir aus kündigen kann ich z.B. nicht (weil ich dann eine Sperre des Arbeitslosengeldes bekomme) und momentan sieht es so aus, dass ich zukünftig weniger Geld zur Verfügung habe als ich es hatte, als ich ALG2 bezogen habe. Sonderlich motivieren tut mich das nun wirklich nicht. Ich werde zwar alles tun, um meine Situation irgendwie zu verbessern und glaube auch, dass ich das schaffen werde, dennoch muss es auch immer Leute geben, die diese Arbeiten, wie ich sie momentan mache, erledigen müssen. Und da sträuben sich mir alle Haare, dass sich da noch jemand (eine Firma) dazwischen stellt und noch schön daran verdient, dass man die Drecksarbeit erledigt.

Familiengerd  09.02.2016, 12:37
@Mj8424

Dennoch würde ich mir wünschen, dass man als Arbeitnehmer diesen Firmen nicht einfach komplett hilflos ausgeliefert ist. Dieses Gefühl habe ich nämlich momentan.

Das mag in einer bestimmten Situation ein subjektiv nachvollziehbares Gefühl sein - allerdings gelten auch im Zeitarbeitsverhältnis die gleichen gesetzlichen Bestimmungen: Arbeitnehmer haben dort also die gleichen Rechte und Pflichten wie sonst auch.

Und es gibt genug Arbeitnehmer, die fühlen sich bei einer seriösen Zeitarbeitsfirma besser aufgehoben als bei so manchem "normalen" Arbeitgeber, bei denen auch nicht wenige versucht sind, die Unwissenheit oder Unbedarftheit von Arbeitnehmern auszunutzen. Hier im Forum hatte ich es schon mit Fragestellern/Antwortgebern zu tun, die mit "ihrer" Zeitarbeitsfirma als Arbeitgeber sehr zufrieden waren.

Bei aller Kritik an möglichen "Auswüchsen" in der Zeitarbeit: Für viele Arbeitnehmer mit keiner oder nur einer gering qualifizierenden Ausbildung sind Zeitarbeitsfirmen oft die einzige Möglichkeit, überhaupt Zugang zum "1. Arbeitsmarkt" zu finden.

Das mit dem "Ausnutzen" ist auch so eine Sache: Mancher Zeitarbeitnehmer verdient (wenn der Betrieb einen der beiden Tarifverträge für die Zeitarbeit anwendet) mehr als ein Stammarbeitnehmer im Kundenbetrieb. Und selbstverständlich - objektiv gesehen - muss die Zeitarbeitsfirma an ihren Arbeitnehmern "verdienen", sie tragen schließlich auch das betriebliche Risiko, wenn es einmal keine Einsatzmöglichkeiten gibt.

Die Zeitarbeitsfirmen werden gerne "verteufelt"; manches an der Kritik ist auch durchaus berechtigt, weil es auch Fehlentwicklungen gibt, und es gibt sicher viele "schwarze Schafe" - prozentual wohl mehr als bei "normalen" Arbeitgebern; auf der anderen Seite darf man nicht übersehen (und sollte es nicht unterschlagen), dass die Zeitarbeit - wenn man die "richtige" Firma findet - für so manchen Arbeitnehmer und auch Arbeitgeber eine Chance ist, schwierige Zeiten zu überbrücken.

Familiengerd  09.02.2016, 12:46
@Mj8424

Ergänzung:

Von mir aus kündigen kann ich z.B. nicht (weil ich dann eine Sperre des Arbeitslosengeldes bekomme)

Das hat aber überhaupt nichts mit der Tatsache zu tun, dass Du Zeitarbeitnehmer bist; das betrifft Arbeitnehmer generell, wenn sie durch eigene Kündigung ihre Arbeitslosigkeit herbei führen, ohne dass es für die Kündigung einen wichtigen Grund gibt (z.B. Vertragsverletzungen durch den Arbeitgeber, die er trotz Abmahnung durch den Arbeitnehmer nicht einstellt; ärztliche attestierte gesundheitliche Gründe).

Familiengerd  08.02.2016, 01:17

Ergänzung:

Selbstverständlich gilt das dann auch für die Mitteilung des Arbeitgebers, wann es keinen Arbeitseinsatz gibt, Du also frei hast.

Ich würde mich einfach mal an eine Gewerkschaft wenden.

Familiengerd  08.02.2016, 00:51

Für die Beantwortung dieser Frage braucht man keine Gewerkschaft (so notwendig sie sonst grundsätzlich ist!).