Wie bewertet ihr folgendes ETF Portfolio?
Hallo zusammen,
ich bin relativ neu beim Thema passivem investieren. Bevor ich größere Summen in ETFs investiere hätte ich gerne einen strukturieren Plan. Deshalb habe ich auf Basis eines 50/30/20-Portfolios (World/Emerging Markets/Europe) folgende Aufteilung erstellt und wollte euch nach eurer Meinung dazu fragen:
Ich habe darauf geachtet, dass auch Small Caps mit berücksichtigt werden indem ich
1. den MSCI EM IMI statt den MSCI EM gewählt habe.
2. anstelle von 65% MSCI World nur 60% MSCI World und dafür 5% MSCI World Small Cap dazugemisch habe.
Anders als beim 50/30/20-Portfolio wollte ich den World Anteil etwas höher halten. Das Ziel war es trotzdem zu diversifizieren und den US-Anteil etwas zu reduzieren.
-> Wie findet ihr die Aufteilung?
-> Gibt es Verbesserungspotential bzw. Änderungsvorschläge?
Vielen Dank für euer Feedback!
3 Antworten
Die Allokation nach Regionen:
- USA 45,34%
- Großbritannien 6,12%
- China 4,80%
- Frankreich 4,15%
- Japan 3,98%
- Schweiz 3,87%
- Taiwan 3,77%
- Indien 3,63%
- Deutschland 3,33%
- Sonstige 21,01%
Zum Vergleich, die Gewichtung dieser Regionen nach GDP (+: zu hoch gewichtet, -: zu niedrig gewichtet, ~: ungefähr richtig):
- United States 26,45% +
- United Kingdom 3,25% +
- China 16,57% -
- France 2,88% +
- Japan 3,69% ~
- Switzerland 0,85% +
- Taiwan 0,70% +
- India 3,53% ~
- Germany 4,27% -
- Other 37,81%
Die Allokation nach Branchen:
- Informationstechnologie 21,35%
- Finanzen 17,88%
- Industrie / Investitio... 11,55%
- Konsumgüter zyklisch 10,91%
- Gesundheit / Healthcare 10,35%
- Telekommunikationsdien... 7,13%
- Konsumgüter nicht-zyk... 6,55%
- Grundstoffe 4,77%
- Energie 4,12%
- Versorger 2,91%
Das ist ein aus meiner Sicht ziemlich wenig balanciertes Portfolio.
- Zu hoher Anteil der Industrieländer (Emerging Markets machen inzwischen mehr als 50% des GDP aus), insbesondere der USA
- Zu hoher Technologieanteil (das bringt Volatilität), Taiwan Semiconductor hat in Summe fast 5% Anteil am Portfolio
- Starke Abhängigkeit von Zinszyklen (Tech-Werte sind zinssensitiv durch ihre Investitionsbedarfe)
- Ich persönlich halte aufgrund der diversen Struktur der Emerging Markets einen ETF auf den MSCI EM nicht für sinnvoll.
Wenn ich mal davon ausgehe, dass Du langfristig investierst, dann kann man ein 100% Aktienportfolio durchaus aufsetzen. Echte Währungsrisiken halte ich auch für relativ gering, da die hier enthaltenen Unternehmen praktisch alle global agieren und damit nicht einer einzelnen Währung und ihren Konversionsraten ausgesetzt sind.
Du kannst jetzt die Risiken aus den oben genannten Punkten für Dich bewerten und ggf. Anpassungen vornehmen.
ad 1) Ich lege das in meinem FFB-Account als Musterportfolio an. Das liefert die Verteilung. Du kannst Daten aber auch von onvista.de und anderen Sites bekommen.
ad 2) Die MSCI-Indexe verwenden Marktkapitalisierung als das Auswahlkriterium. Wachstum und Innovation werden jedoch eher durch die Unternehmen mittlerer und kleiner Größen vorangetrieben. Daher bekommst Du mit dem MSCI EM einen Sack eher träger Giganten, deren Kapitalisierung (z.B. in China) außerdem noch etwas fragwürdig ist. Ich bevorzuge für solche Märkte aktiv verwaltete Clean-Share Fonds. Der Emerging/Frontier-Anteil am globalen GDP beträgt inzwischen über 50%. Du kannst für die Allokation schon 30-40% EM/FM nehmen. Das ist Deine Entscheidung - wenn Du glaubst, dass Trump demnächst die World Domination einleiten wird und China wieder in den Teppich- und Gewürzhandel zurückfallen wird, dann kannst Du die Emerging/Frontier Markets auch bei einer deutlich kleineren Allokation belassen.
ad 3) Die Anlagestrategie (und das schließt die Allokationen der einzelnen Anlagesegmente ein) ist individuell festzulegen. Daher wird meine Empfehlung für Dich vielleicht gar nicht funktionieren. Anregungen für eine Modifikation habe ich schon gegeben. Für etablierte Märkte mit ohnehin hoher Korrelation kann man ETFs nehmen, für volatile Märkte mit viel Bewegung würde ich aktiv verwaltete Fonds bevorzugen, da sie flexibler agieren können. Es müssen die passenden herausgesucht werden. Das ist natürlich etwas mehr Arbeit als nur vor jedes Anlagesegment MSCI zu schreiben :-)
ad 4) Anleihenfonds wären eine Beimischung von max. 20% zur Minderung der Volatilität des Portfolios. Alternativ kann man auch ausgewogene Mischfonds nehmen, die nicht ganz so zinssensitiv sind. Mit einem Anlagehorizont auf 10-15 Jahre würde dies helfen, Volatilitätsrisiken zu mindern. Wenn Du allerdings für die Unendlichkeit investieren möchtest (und das Portfolio ggf. an Kinder und Enkel weitergehen wird) oder mit der Volatilität leben kannst (da keine schnelle Liquidation von Teilen des Portfolios angehen sollte), musst Du keine Anleihen beimischen, wenn Du das nicht möchtest. Deine Entscheidung. Anleihen liefern durch ihre Ausschüttungen auch ein laufenden Rückfluss an Mitteln.
Was Du noch nicht adressiert hast, wäre die Frage nach den laufenden Korrekturen. Normalerweise würde man mindestens jährlich, eher quartalsweise, mal die Allokationen überprüfen bzw. die Performance der ausgewählten Instrumente mit dem Marktangebot nochmals vergleichen. Da kannst Du je Rebalancing durch Käufe/Verkäufe ausführen bzw. ggf. auch die Allokationen an Marktentwicklungen anpassen. Es kann jedoch auch sein, dass eine Position durch eine besser laufende ETF/Fonds-Position auszutauschen wäre.
Weiterhin solltest Du die Kosten für Käufe/Verkäufe bei Deinem Broker im Auge behalten. Hast Du einen Fonds, der über 10 Jahre hinweg jeweils 1.000 EUR Gewinn ausweist, so wäre das bei einem Verkauf nach 10 Jahren ein zu versteuernder Gewinn von 9.000 EUR. Würdest Du jedes Jahr die Position verkaufen und neu kaufen, würden die 1.000 EUR Gewinn materialisiert und über den Freistellungsauftrag abgedeckt (da geht noch mehr, denn es gibt ja eine Teilfreistellung für Aktienfonds von 30% bzw. Mischfonds von 15%). Am Ende der 10 Jahre wäre der letzte Verkauf dann auch steuerfrei! Es würden jedoch bei 20 Käufen/Verkäufen bei den meisten Brokern zumindest für die Verkäufe Transaktionskosten anfallen. Berücksichtige dies in der Gesamtrechnung.
Das ist ein reines Aktienfondsdepot.
Bist Du sicher, dass Du Wertverluste von 30% aushalten kannst? Das hat es in meiner Lebensspanne schon gegeben.
Wieso also investiert man da denn nicht in Anleihen-ETFs? Die sind zwar langweilig in der Rendite, geben aber Stabilität. Der Anteil ist natürlich variabel. Bei langfristiger Orientierung sollten Aktien im Vordergrund stehen.
Der MSCI World Index wird von US-amerikanischen Aktien und damit vom US-DOLLAR dominiert. Das steigert das Risiko enorm. Neben Schwankungen der Aktuenkurse treten Währungsschwankungen.
Vielen Dank für dein Feedback!
Mit Anleihen-ETFs habe ich mich noch nicht beschäftigt und ehrlich gesagt auch keine Informationen dazu.
Meine Anlagedauer beträgt ca. 10 Jahre.
Wie würde (mit Berücksichtigung der von dir genannten Punkte) das "perfekte Portfolio" aussehen?
Vielen Dank und ein schönes Wochenende!
Was heißt "größere Summen"??
Nimm einen ETF auf den MSCI World oder such Dir einen breit gestreuten ETF in einem Bereich, dem Du selbst gute Zukunftsaussichten gibst.
Ob Du bei Deiner Auswahl nun 65% noch auf 60/5% oder bei 50/30/20 ein wenig anders aufteilst, macht sich über den langen Zeitraum von min. 10 Jahren allenfalls marginal in der Rendite bemerkbar. Große Fehler kannst Du dabei nicht machen. Und ob sich so eine Anpassung dann am Ende positiv oder negativ auswirkt, kann Dir ohnehin niemand vorhersagen.
Wichtig ist, überhaupt etwas zu tun.
https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/
https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/msci-world/
Vielen Dank für dein ausführlichrs Feedback! Du hast bereits richtig vermutet, dass die Anlagedauer ca. 10 Jahre beträgt.
Ich hätte noch ein paar Rückfragen zu deinem Kommentar:
1.) Wie kannst du so leicht ermitteln wie die Verteilung nach Länder/Branche aussieht bzw. welches Tool verwendest du dafür?
2.) Du meinst ja einerseits, dass der Industrieländer-/USA-Anteil zu hoch ist und EM mehr als 50% vom GDP ausmachen. Andererseits sagst du, dass der EM ETF nicht deine bevorzugte Anlagemethode ist. Wie ist das denn zu vereinbaren bzw. wie würdest du den Schwellenländeranteil ohne EM ETF darstellen?
3.) Hättest du einen konkreten Vorschlag wie eine bessere Verteilung aussieht oder würdest du an meiner Stelle ganz anders investieren?
4.) Im Kommentar unten werden z.B. auch Anleihen-ETFs empfohlen. Wie ist deine Einschätzung dazu generell bzw. zum aktuellen Zeitpunkt?
Vielen Dank nochmal und schon mal ein schönes Wochenende :)