Wie viel eures Portfolios investiert ihr in ETFs?
Ich würde gerne in ETFs investieren, hier fand ich die 70/30 Taktik sehr interessant. Das Geld soll 10+ Jahre dort liegen. Wie viel Geld würdet ihr weiterhin auf dem Tagesgeld / Girokonto hinterlassen? Ich hätte einen mittleren 4-stelligen Betrag auf der Hand gelassen und den Rest investiert.
Es fühlt sich einfach sehr mulmig an, einen derart hohen Betrag zu investieren, der eine längere Zeit auf dem Konto rumlag. Ich entschied mich für Trade Republik.
3 Antworten
Das kommt ganz auf deine Lebenssituation an.
Geld dass du evtl als Reserve brauchst solltest du auf jeden Fall in Tagesgeld halten. Die genannten 3-6 Monatsgehälter finde ich da einen guten Weg. Darüber hinaus kann Tagesgeld der Risikoarme Baustein in deinem Portfolio sein. Siehe hierzu zb Erklärungen zum Pantoffel Portfolio von Finanztip. Wie hoch der Risikoarme Baustein sein sollte hängt stark von dir ab. Bist du jung und hast ein sicheres und hohes Einkommen sowie die passende Risikoaffinität kann er durchaus auch sehr gering oder null sein und du kannst, abgesehen von deiner Cash Reserve, komplett in ETFs
Was ist die 70/30 Taktik?
Vorab: ETFs sind keine eigene Anlageklasse. Das sind nur Fonds, die man für ein Investment in die entsprechende Anlageklasse, zu der sie gehören, wählen kann. Daher finde ich die Prämisse falsch. Diese Entscheidung wird erst später getroffen.
Zur Strategie: da es heute keinen nennenswerten Unterschied in der Zinslage zwischen Girokonto, Tagesgeld und konservativen Geldmarktfonds gibt, kannst Du eigentlich Deine liquide Reserve auf einem Tagesgeldkonto halten. Wie hoch dieser Betrag sein muss, solltest Du selbst entscheiden. Was benötigst Du innerhalb von weniger als einer Woche liquide? Das könnten Ausgleichsbeträge für das Girokonto sein, um den Disporahmen nicht anfassen zu müssen, oder kurzfristige Ausgaben für ein Auto, Urlaub, etc. Wenn Du gerade ein Haus baust, wird das höher sein müssen, als wenn Du in einer eigenen Immobilie seit 10 Jahren wohnst. Wenn Du sechs Kinder hast, ist die Lage anders als für Singles.
Ich habe den Hausbau hinter mir, mehr Kinder sind nicht geplant, und kurzfristige Ausgaben sind auf Wochenhorizont zumindest planbar. Daher liegt dieser Betrag für mich bei ca. den halben Monatsausgaben. Die meisten Ausgaben (insbesondere größere) werden über Kreditkarten gepuffert, so dass der Ausgleich erst in 2-4 Wochen erforderlich wird. Überlege, was zu Dir passt. Du kannst mit einem bestimmten Betrag starten und dann ggf. über die Jahre hinweg diesen erhöhen oder verringern.
Wenn hohe Steuernachzahlungen oder sonstige größeren Ausgaben anstehen, dann solltest Du diesen Betrag bereits einige Monate vorher beginnen zu erhöhen.
Dein Portfolio von Wertpapieren würde dann aus drei Teilen bestehen:
- einem riskoarmen (was das genau bedeutet, musst Du selbst definieren) Anteil, der wenig volatile Mischfonds oder stark diversifizierte Rentenfonds verwendet, um eine kurzfristig liquidierbare Position zu haben, die mit wenig Wertverlust auf Sicht von ein paar Tagen/Wochen anteilig verkauft werden kann.
- einem Kernanteil von Fonds, die stark diversifizieren, mit geringen Managementkosten verbunden sind und eine langfristige Performance deutlich über der Inflationsrate nach Steuern aufweisen (solche Fonds können auch dauerhaft Marktindices schlagen, d.h. werden besser als die entsprechenden ETFs laufen)
- einem Chancenanteil von Wertpapieren, die in gezielten Bereichen durch Investments in Einzelaktien, Zertifikate oder Fonds (zu Branchen, Ländern, Themen) dieses Portfolio ergänzen und bestimmte Chancen erlauben mitzunehmen.
Je nach Deinem Risikoempfinden kann der Chancenanteil zwischen 0 und 30% liegen. Je längerfristig Du denkst, desto höher kannst Du ihn wählen. Bedenke jedoch, dass hier ggf. für einen positiven Return nach Abstürzen auch länger gewartet werden muss. Käufe und Verkäufe sind hier opportunitätsgetrieben, d.h. Sparpläne würde man weniger einsetzen. Hier wird eher verkauft, wenn die Kurse in einem Anlagesegment stark fallen bzw. nachgekauft, wenn sich das entsprechende Anlagesegment mal im Tal befindet und eine Erholung erwartet wird.
Der risikoarme Anteil kann je nach Deinen Präferenzen 20-50% ausmachen. Bedenke, dass durch die geringe Volatilität dies praktisch wie ein Tagesgeld mit erhöhter Rendite und moderatem Verlustrisiko zu sehen ist. Hier kannst Du also auch mal EUR 20.000 für den Dachdecker herausnehmen. Dieser Anteil würde durch Sparpläne laufend in kleinen Inkrementen aufgestockt.
Der Rest ist Dein Kernportfolio.
Ob Du dann zur Abdeckung eines gewissen Anlagesegments in einen aktiv verwalteten Fonds oder ETF investierst, ist eine Entscheidung, wenn die Instrumente ausgewählt werden. Bedenke, dass viele Clean-Share-Fonds sich inzwischen in der Kostenstruktur nicht wesentlich mehr von ETFs unterscheiden. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es für praktisch jeden ETF einen Fonds gibt, der langfristig besser läuft. Was "besser" bedeutet, ist jedoch eine individuelle Interpretation.
Dann noch ein abschließender Kommentar: ich habe inzwischen alle meine Fonds bei der FFB/Fidelity im Portfolio. Nur einige ETFs liegen noch außerhalb bei einem anderen Broker. Berücksichtige als Depotbank nicht nur die üblichen Verdächtigen aus dem Brokerumfeld, sondern auch die Fondsbanken, insbesondere wenn Du ausschließlich in Fonds/ETFs investieren möchtest.
3-6 Monatsgehälter als Cash behalten.