Was tun, wenn man keine Wohnung nach ALG II - Vorgaben findet?
Kürzlich bat mich eine Bekannte um Rat, weil sie kein Internet hat. Ich selber habe versucht brauchbare Antworten zu finden, bin aber inzwischen auch ratlos. Es geht um folgendes:
Sie sucht dringend eine Wohnung, die den Richtlinien nach dem SGB II (ALG II), besser bekannt als Hartz 4, entspricht, findet aber bisher im Radius von 8 km nichts passendes (immerhin über 200 km²).
Hintergrund: Sie war und ist mit einem 1-Personen-Pflegedienst selbstständig. Aufgrund einer Erkrankung (Burnout) konnte sie zeitweilig nicht voll arbeiten und verlor somit einige Kunden. Selbstredend, dass somit auch kein Vermögen vorhanden und der Dispo auch schon fast ausgereizt ist.
Ihre verbleibenden Einnahmen reichten nicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und sie beantragte daher als Grundabsicherung das ALG II, was so auch genehmigt wurde, unter Anrechnung ihres monatlichen Eigenverdienstes. Nun wurde ihr ihre günstige Wohnung durch den Vermieter rechtmäßig gekündigt (BGB 573a) und sie sucht dringend eine neue Bleibe.
Die Parameter des zuständigen Amtes lauten wie folgt: Max. Größe 50 m², max. Kaltmiete 238,- €, max. kalte Nebenkosten 75,- €, Heizkosten max. 75,- € pro Monat, also insgesamt 388,- € warm. Der reale Mietspiegel in ihrer Region liegt im Durchschnitt aber schon bei ca. 6,80 €, das Amt rechnet nur mit 4,76 €. Somit liegt aktuell selbst das günstigste Angebot einer 36 m² Wohnung über 240,- €.
Auch müssen laut Amt die anderen Parameter eingehalten werden und eine Verrechnung untereinander sei nicht möglich, z.B. Kaltmiete 250,- €, kalte Nk. 40,-€ und Heizung 80,- €. Schon allein der gesetzte Radius von 8 km setzt einen Pkw voraus, will sie der bestehenden Arbeit nachgehen, was mit ALG II eh schon schwierig ist. Selbst wenn sie in dem Beispiel die Differenz von 12,- € Kaltmiete und 5,- € Heizung selber bezahlt, so gilt die Wohnung als nicht genehmigt und Hilfeleistungen bei Umzug oder Kautionsauslage werden versagt (Tenor des Amts).
Was also tun, wenn zu den ALG II Konditionen kein Wohnraum zu finden ist? Gibt es da irgendwelche Urteile oder Vorgehensweisen? Ich habe bisher bei Google nicht viel Aussagekräftiges finden können.
6 Antworten
Wenn der Mietspiegel tatsächlich bei 6,80 liegt und das Jobcenter pro m² nur 4,76 bewilligt, dann würde ich eine Wohnung suchen die bis 45 m² groß ist und bei 6,80 pro m² liegt. Wenn dann das Jobcenter nicht die volle Kaltmiete übernimmt, dann würde ich gegen den Bescheid Widerspruch einlegen und ggf. (wenn der Widerspruch abgelehnt wird) vor dem Sozialgericht klagen.
Also 100 % passend gibt es nicht - da muss man mitunter einen Teil der Kosten von seinem Regelsatz bestreiten - das ist nunmal die Realität in Deutschland. Ich selber war über drei Jahre auf Wohnungssuche. Außerdem hat deine Bekannte (wenn sie alle Möglichkeiten ausschöpft) ja noch ein ganzes Jahr Zeit, bis sie dann tatsächlich aus der Wohnung geräumt würde.
Haltet Ihr uns für bescheuert?
Ich halte es für vermessen, hier nach Hilfe zu suchen, gleichzeitig aber dermaßen auszuteilen.
Ich erspare mir deshalb meinen Beitrag dazu.
Diese beschriebene Wohnung hätte finanziert werden MÜSSEN.
Es gibt immer noch das Sozialgericht.
Okay, es war vielleicht ein Fehlgriff im Ton. Sicherlich gibt es hier unterschiedliche Nutzer dieser Plattform, manche mögen vielleicht zu bequem sein sich selbst vorher zu informieren oder anderen fehlt das Wissen wo man welche Information bekommen kann.
Ich selber hatte in diesem Fall bereits Google mit Dutzenden Suchbegriffen gefüttert und bin zu keinem adäquaten Ergebnis gekommen. Das liegt aber auch daran, dass es für viele Themen bezgl. ALG II keine bundeseinheitliche Richtlinien gibt und meistens die Kommunen ihr individuelles Süppchen kochen. Während z.B. die einen verbissen an den Vorgaben der NK und HK festhalten, sind andere Kommunen durchaus bereit zwischen den beiden Werten zu verrechnen.
Was ich sagen will: Ich hätte mir hier nicht die Mühe gemacht das Anliegen hier so zu posten, wenn die Anwort offensichtlich und einfach zu finden wäre. Und ich ging davon aus, dass dies auch so ersichtlich ist. Falls sich nun jemand persönlich angegriffen fühlt, bitte ich das zu entschuldigen. Es war nicht meine Absicht.
Sehe ich auch so. Aber der Tenor vom Amt war: "Da die 118,- € Heizkosten den Wert von 75,- € überschreiten, gilt die Wohnung als nicht genehmigt. Zwar sagte der Bearbeiter, dass es ihm auch Leid täte, er aber an seine Vorgaben gebunden sei."
Sie schreiben ja: "Diese beschriebene Wohnung hätte finanziert werden MÜSSEN."
Nur, auf welche Rechtsgrundlage beruft man sich? Gibt es irgendwelche Musterurteile? Diese Problematik dürfte doch nicht neu sein. Ich bin bisher dazu noch nicht fündig geworden.
Sie sollte sich zuerst von einem Anwalt beraten lassen, ob nicht auf Grund einer Härtefallregelung eine Verlängerung des bestehenden Mietverhältnisses möglich ist.
Danach s. Antwort isomatte: Wenn sie nachweisen kann, dass es keinen Wohnraum zu den genannten Bedingungen gibt, muss ihr das JobCenter auch eine teurere Wohnung finanzieren. Das Problem ist nur: Ehe die Klage durch ist, hat der Vermieter in spé die Wohnung wahrscheinlich schon anderweitig vermietet. Falls sie einen Vermieter findet, der ihr auch ohne Zusage des JobCenters eine Wohnung vermietet, sollte sie zuerst einziehen und dann auf Übernahme klagen.
Sie muss genau dokumentieren, was sie unternommen hat, günstigeren Wohnraum zu finden.
Bei einem Ablehnungsbescheid zur Übernahme der "überhöhten" Miete kann sie immer noch ins Widerspruchverfahren gehen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, steht ihr der Weg zum Sozialgericht offen.
Das Ganze ist kostenlos und man benötigt auch KEINEN Anwalt.
Sie muss ihre Bemühungen um eine angemessene Wohnung hinreichend belegen können und dann muss das Jobcenter auch diese Kosten als angemessen ansehen,dann bekommt sie auch die von dir angesprochenen Hilfeleistungen,wie zinsloses Darlehen für die Kaution und die Pauschale für das Mieten eines Transporters !
Also alles schriftlich dokumentieren,wann und wo sie etwas gesucht hat und was diese Wohnungen dann kosten.
Sollte das dann auch nicht helfen,dann zum zuständigen Sozialgericht und eine Klage einreichen oder vorerst einen einstweiligen Rechtsschutz beantragen.
die Bekannte muß ihren Radius der Wohnungssuche ausdehnen , denn
ein Arbeitsweg von 180 km ist zumutbar,
wenn die Pendelzeit bei einer Arbeitszeit von 6 Stunden insgesamt nicht mehr als zweieinhalb Stunden beträgt...
bei ALG II-Empfängern ist die Zumutbarkeit aus § 10 SGB II ableitend und kann ggf. je nach Fall bis zu 3 Stunden betragen
Vielen Dank für die Antwort. Ich habe nun die beiden Absätze des § 10 SGB II mehrfach durchgelesen, finde aber keinen Anhaltspunkt, der Ihre Angaben bzgl. Zeit und Weg etc. untermauert, eher im Gegenteil. Und mal ehrlich: Wenn ich irgendwo 8.000,- € verdienen könnte, würde ich sogar 1.000 km Anfahrt in Kauf nehmen oder einen Flug ins Ausland.
Es macht aber keinen Sinn, wenn man vor Ort bereits Einnahmen von vielleicht 300,- € hat und diese Tätigkeit gegen einen 600,- € Job eintauschen soll, der 180 km weit weg ist und Fahrkosten15,- € oder mehr Euro pro Arbeitstag abverlangt. Ferner ist damit immer noch nicht das Wohnungsproblem und die Grundsatzfrage gelöst.
Guten Morgen .. aus der Anwaltshotline .. Stand Juli 2014::
Bei ALG II-Empfängern ist die Zumutbarkeit aus § 10 SGB II herzuleiten und kann je nach Fall bis zu 3 Stunden betragen. Voraussetzung ist dabei, dass die Ausübung der Arbeit die Erziehung des eigenen Kindes oder des Kindes der Partnerin oder ihres Partners nicht gefährdet wird. Dies ist dann nicht der Fall, wenn Betreuungsplätze in einer Tageseinrichtung sichergestellt sind.
zu Deinem 2. Absatz ... es gibt doch, wenn man zwecks Arbeitsaufnahme umzieht nicht unerhebliche Hilfen für Umzug usf. und wenn man einen job hat ,der einem mit dem Wohngeld zusammen von Ämtern unabhängig macht hat man doch ein viel freieres Leben.
Evtl. motivierst Du Deine Bekannte sich in die von mir beschriebenen Richtung zubewegen, zudem ist seit diesem Jahr das Wohngeld erhöht worden..
viel Erfolg m.frdl. G. ;)h
Die zumutbaren 3 Stunden gelten für Hin- und Rückfahrt.
Das ist jedoch bei einem Arbeitsweg von 180 km auf gar keinen Fall zu schaffen. Vor allem nicht, wenn man öffentliche Verkehrsmittel benutzt und mehrfach umsteigen muss.
klar wird die Verkehrsanbindung berücksichtigt ..
aber z.Bsp. auf der ICE-Schnellstrecke Köln-Frankfurt braucht man nur 1 Std.-Fahrtzeit für ganz knapp unter 180km , für die 177km Bahn-Strecke
Liebe Leute, ich spreche jetzt mal allgemein. Haltet Ihr uns für bescheuert? Ihr dürft davon ausgehen, dass auch wir schon solche Überlegungen angestellt haben. Und ob man es glaubt oder nicht: Es soll Kommunen geben, da findet man aktuell kein Mäuseloch unter 54 m². Oder wenn doch, dann stimmt irgendein anderer Parameter nicht. Eine der letzten Angebote: Kaltmiete 205,- €, 47 m², 40,- € NK, aber 118,- € Heizkosten (Ölheizung) und das Amt sagte: Nö!