Was tun bei unerwarteten Mehrkosten beim Bestatter?
Hallo, und schon mal sorry für den langen Text. :) Kurz vorweg: Der unten geschilderte Fall ist bisher nicht eingetreten, also ist meine juristische Frage vollkommen hypothetisch.
Kürzlich ist mein Vater verstorben und wenn wir uns zuletzt auch nicht sehr nahe standen, habe ich mich entschlossen, meine Bestattungspflicht zu erfüllen. Da meine Firma kurz vor dem Bankrott steht und ich hauptsächlich von anteiligem ALG II leben muss, führte einer meiner ersten Wege zum Sozialamt, wo ich auch umgehend die (vorläufigen) Kostenübernahmescheine nach §74 SGB XII ausgestellt bekam. Direkt der nächste Weg führte mich in Begleitung meiner Tante zu einem nahegelegenen Bestattungsunternehmen, das man als etwas gehoben bezeichnen könnte. Ich gab sofort deutlich zu verstehen, dass die Bestattungskosten im Rahmen der bewilligten Gebühren (750,00€ + Krematoriumsgebühren) bleiben müssen und ich nicht in der Lage bin, Mehrkosten zu tragen (irgendwie logisch). Ich sagte ausdrücklich, dass ich mich woanders hin wenden würde, falls man mir kein entsprechendes Angebot machen könnte. Den Auftrag unterschrieb ich zunächst nicht. Die Organisation der Bestattung habe ich auf ihren Wunsch hin meiner Tante überlassen. Nun zum Problem: Heute war ich erneut beim Bestatter, nachdem ich vorher eine lange Radtour im Regen gemacht hatte, um beim Nachlassgericht das Erbe auszuschlagen und unterschrieb den Auftrag, nachdem man mir augenscheinlich einen großzügigen Nachlass von über 50% der Gesamtsumme gewährt hatte, um im Kostenrahmen zu bleiben. Durch meine schlechte körperliche und emotionale Verfassung in diesem Moment, unterschrieb ich etwas voreilig, da mir immer wieder freundlich versichert wurde, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Zu Hause stellte ich dann fest, dass die Rechnung vorläufig ist, die Aufbewahrungskosten noch gar nicht erfasst sind und ein Organist bestellt wurde, den weder ich noch meine Tante geordert hatten (wir hatten im Gegenteil beide ausdrücklich gesagt, dass wir keine Musik wollen). Zudem wurde meiner Tante gesagt, der von ihr gewünschte Redner würde €10,00 (jawohl, 10!) kosten, tatsächlich sind es über €200,00. Nun befürchte ich, dass nach der Beerdigung eine weitere Rechnung auf mich zu kommen könnte, die ich dann natürlich nicht begleichen könnte (und unter diesen Umständen auch nicht begleichen wollen würde). Wie könnte man sich in so einem Fall verhalten? Könnte man § 123 BGB (arglistige Täuschung) geltend machen? Eine Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes wäre ja nicht mehr möglich. Worüber sollte man sich informieren, um auf einen solchen Fall vorbereitet zu sein? Ich bedanke mich sehr herzlich für sachdienliche Antworten!
2 Antworten
Jedes Sozialamt hat richtet sich bei der Kostenübernahme nach einem sogenannten Fürsorge-Richtsatz ( für Beispiele bei Google den Begriff suchen) Grundsätzlich solltest Du nur solche Leistungen in Auftrag geben, die das Sozialamt vor Ort auch übernimmt.
Wenn Du das Glück hast, dass Dein Sozialamt noch einen Verpflichtungsschein ausstellt (viele Sozialämter in Deutschland tun das nicht mehr) ist dies für den Bestatter die schriftliche Versicherung, dass das Sozialamt die Kosten nach dem Führsorge-Richtsatz übernehmen wird.
Da Leistungen über dem Führsorge-Richtsatz nicht vom Sozialamt gezahlt werden solltest Du abklären, welche Leistungen in dem Bestattungsvertrag darüber hinaus gehen und überlegen, ob Du sie dennoch benötigst / in Anspruch nehmen willst. So musst Du bspw. überlegen, ob Du einen Trauerredner beschäftigen willst, auch wenn Du ihn privat zahlen müsstest. Der Preis von €200,- ist tatsächlich vollkommen normal und liegt eher im unteren Bereich. Nach der aktuellen Rechtssprechung müssten die Kosten für den Trauerredner und der Aufbewahrung des Verstorbenen bis zur Beisetzung vom Sozialamt übernommen werden- ob sich das Sozialamt daran hält ist leider eine andere Frage).
Grundsätzlich gilt: Du kannst einen Bestattungsvertrag kündigen (wie jeden anderen Vertrag auch) und musst die bereits erbrachten Leistungen zahlen.
In Deinem Falle heißt das: Ein guter Bestatter sollte von vorne herein darauf hinweisen, welche Kosten nach Führsorge-Richtsatz übernommen werden und welche ggf. privat beauftrag werden können. Suche am Besten noch einmal das Gespräch mit dem Bestatter und dem Sozialamt und kläre genau diesen Punkt ab. Für den Fall, dass Du hier nicht gut beraten wirst kannst du im schlimmsten Fall den Bestattungsvertrag mit den jetzigen Bestatter kündigen und einen anderen beauftragen, der auf diese Weise vorgeht.
Bitte beachte: die erstatattungsfähigen Kosten nach dem Führsorgerichtsatz sind meist so niedrig, dass die meisten Bestatter mit Glück ihre Selbstkosten decken können. Wir selbst legen regelmäßig bei Sozialbestattungen aus der eigenen Tasche etwas drauf und betreuen die Familien in diesen Fällen aus sozialer Verpflichtung und nicht aus einem wirtschaftlichen Interesse. Dementsprechend kann es gut sein, dass Bestatter die Du ansprichst nicht sehr erpicht darauf sind den Auftrag anzunehmen.
Die Verbraucherschutzorganisation Aeternitas hat einen sehr guten Leitfaden für Sozialbestattungen herausgegeben. Einfach nach Ratgeber Sozialbestattung auf deren Website suchen.
Bis auf dass Aeternitas keine Verbraucherschutzorganisation ist, hast Du recht.
Dann will ich mal versuchen auf deine hypothetische Frage zu antworten...
wo ich auch umgehend die (vorläufigen) Kostenübernahmescheine nach §74 SGB XII ausgestellt bekam
von so einem "umgehend" ausgestellten Schein habe ich noch nie etwas gehört.....(ach ja, ich bin Bestatterin)
bewilligten Gebühren (750,00€ + Krematoriumsgebühren)
diese Summe ist ausgeschlossen, wenn man bedenkt was alles zu einer Bestattung (auch zu einer ganz einfachen und schlichten) gehört
um beim Nachlassgericht das Erbe auszuschlagen
wo hast du denn die Sterbeurkunden her wenn du dem Bestatter noch keinen Auftrag erteilt hast?
augenscheinlich einen großzügigen Nachlass von über 50% der Gesamtsumme
dann wäre der Bestatter dumm oder sehr bald pleite
freundlich versichert wurde, dass ich mir keine Sorgen machen soll
hast du dir das schriftlich geben lassen? (auch wenn man angeschlagen ist, wenn man auf diese Details achtet, wie du augenscheinlich, dann sollte man das nicht außer acht lassen - wo war übrigens deine Tante, der du das ja überlassen wolltest?)
ein Organist bestellt wurde, den weder ich noch meine Tante geordert hatten
den hätte ich dann auch nicht bezahlt
gewünschte Redner würde €10,00 (jawohl, 10!) kosten
der gesunde Menschenverstand sollte einem (auch in dieser emotionalen Situation) sagen das niemand sich diese Arbeit macht für dieses Geld, da bist du selbst mit 200 Euro noch gut dran
Worüber sollte man sich informieren, um auf einen solchen Fall vorbereitet zu sein?
du solltest dich bei mehreren Besttern (auch bei den ganz kleinen) erkundigen und dich beraten lassen....
mit diesen vorläufigen Bewilligungen mag es wohl dann bei euch so sein, hier haben wir sowas noch nie gehabt.....
Die 750,-- decken bei uns nicht mal die Friedhofsgebühren, von allem andren mal ganz abgesehen...
Die Sterbeurkunden bekommst du beim Standesamt aber nur wenn der Totenschein dort vorliegt und den bekommt der Angehörige ja nicht mit ( wenn jemand im KKH verstirbt, dann wird er allerdings automatisch zum Standesamt geschickt und dann kann man die Urkunden selbst abholen, das stimmt)
Einen Trauerredner der an einer Rede 20 Stunden arbeitet? Also so einen kenne ich nicht. Ich schreibe bei uns auch die Reden, und ich sitze schon ein Weilchen, aber auch keine 20 Stunden :-)
Ja, die Preisvergleiche im Netz finde ich auch sehr schwierig, da dort oft versteckte Kosten sind, die man erst bei genauerem Hinsehen und Nachfragen mitbekommt....aber gute Listen gibt es die man dann abhaken kann...
das letzte sollte natürlich heißen das du dich bei mehreren Bestattern erkundigen sollst :-)
von so einem "umgehend" ausgestellten Schein habe ich noch nie etwas gehört.....(ach ja, ich bin Bestatterin)
Diese vorläufigen Bewilligungen gibt es in vielen Kommunen und diese beruhen auf ungeprüfte Angaben des Antragstellers
diese Summe ist ausgeschlossen, wenn man bedenkt was alles zu einer Bestattung (auch zu einer ganz einfachen und schlichten) gehört
Die Summe ist zum Beispiel in Berlin vorgegeben und enthält nicht die Kosten für den Friedhosplatz und den Gebühren für die Einäscherung.
wo hast du denn die Sterbeurkunden her wenn du dem Bestatter noch keinen Auftrag erteilt hast?
Die Urkunden kann man auch selbst beantragen
dann wäre der Bestatter dumm oder sehr bald pleite
Leider gibt es viele solcher Bestatter, die bei den Margen von 200 bis 1000% nur 50% Rabatt geben...
der gesunde Menschenverstand sollte einem (auch in dieser emotionalen Situation) sagen das niemand sich diese Arbeit macht für dieses Geld, da bist du selbst mit 200 Euro noch gut dran
Ich denke es wurde 10 Euro die Stunde gesagt und dann kann das mit 200 Euro hinkommen.
Ich kann mich im Ergebnis aber meiner Kollegin anschließen und empfehlen vorher Preise zu vergleichen und sich diese schriftlich geben zu lassen.
Preisvergleichsportale sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da gerade dort sehr viele, mir bekannte schwarze Schafe sind. Billiger ist es dort aber auch nicht, da diese Portale sportliche 10 bis 20% Provision nehmen.