Was passiert mit Gefangenen nach einer Gesetzesänderung?
Werden sie freigelassen? Zum Tatzeitpunkt war es ja dennoch eine Straftat. Aber wiederum ist man dann für etwas Legales im Gefängnis.
11 Antworten
Kommt drauf an.
Zum Tatzeitpunkt war es verboten. Die Strafe soll ja nicht nur die Wiederholungsgefahr beseitigen, sondern u.a. auch die Missachtung der Rechtsordnung sanktionieren.
Es kann eine Amnestie geben, muss aber nicht.
Sofern keine Amnestie beschlossen wird, bleiben rechtskräftige Urteile wirksam.
Es gibt hierzu übrigens einen einschlägigen Musterfall aus der Kaiserzeit:
Ein Bäcker hatte verbotenerweise Kleie in seinen Brotteig gemischt, war erwischt und dafür verurteilt worden. Während seiner Gefängniszeit brach der 1. Weltkrieg aus und die Nahrungsmittelversorgung verschlechterte sich, so dass die Gefangenen eines Tages Brot mit Kleie, deren Beimischung nunmehr vorgeschrieben war, bekamen ...
§ 1 Keine Strafe ohne Gesetz
Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
und
§ 2 Zeitliche Geltung
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
Im Allgemeinen werden Haftstrafen nicht gekürzt, nur weil das Gesetz inzwischen abgemildert wurde. Es können aber Amnestien ausgesprochen werden.
Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt, § 2 Abs. 1 StGB.
Es kommt immer auf die Rechtslage zum Tatzeitpunkt an. Was sich danach ändert, ist irrelevant.
Jop, aber weil Gefangene normal rechtskräftig verurteilt sind, habe ich das nicht als relevant empfunden, was bei Änderungen bis zum Urteil passiert :)
das ist nicht immer so. siehe auch das ende der DDR.
Nach dem Ende der DDR ist das ganze Strafgesetz der DDR insgesamt logischerweise verfallen, da die Gesetzgebungskompetenz auf die BRD übergegangen ist. Die DDR und somit auch ihre Gesetze gibt es heute nicht mehr. Wenn sich ein einzelner § eines Gesetzes ändert, ist nicht gleich der gesamte Geltungsbereich des kompletten StGB aufgehoben. Die BRD existiert auch noch weiter, wenn sich ein § im StGB ändert. Das sind verschiedene Voraussetzungen (Ende eines kompletten Staates oder Änderung eines §)
das stimmt.
keine strafe ohne gesetz. amnestie und schadensersatz evtl. wenn ein gesetz geändert wird und z.B. schwulsein plötzlich nicht mehr strafbar war und manche bekamen dann auch eine entschädigung vom staat zugesprochen.
war auch so nach der DDR und der dortigen Stasi-Haft und nach der NS-Zeit und den dortigen Haftzeiten in Gestapo-haft oder im KZ. das sind dann lange Prozesse um den Schadensersatz später. siehe arolsen-archive.https://arolsen-archives.org/
Ganz irrelevant ist es nicht, wie sich aus den folgenden Absätzen ergibt. Was bis zur Urteilsverkündung passiert, ist durchaus noch von Belang.