Während der Arbeitszeit beten, muslimischer Glaube, "Regeln" des Koran?
Guten Morgen zusammen!
Folgender Sachverhalt: Ein Arbeitskollege hat mit dem Beten angefangen. Er ist schon seit 4 Jahren hier beschäftigt, hat den Glauben wohl jetzt erst "entdeckt".
Wir arbeiten 24/7 und bis dato ist es so, dass er immer um 22:00 Uhr und um 06:00 Uhr jeweils für eine halbe Stunde den Arbeitsplatz verlässt, um zu beten.
Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, jeder wie er mag und welchen Glauben er hat, aber was mich aufregt sind folgende Dinge:
- Er arbeitet eine Stunde nicht, zusätzlich zu der ihm rechtlich zustehenden Pause von 45 Minuten.
- Es kam vor, das wir Probleme mit unserer Produktion hatten, da er abwesend war.
- Als Begründung führt er an: "Meine Frau ist zuhause krank, dort dürfe er nicht beten."
Rechtlich ist das alles so eine Sache. Das Recht auf Glaubensfreiheit und Ausübung selbiger, das Recht des Arbeitgebers etc. pp. Das Arbeitsgericht in Hamm hat wohl auch mal ein Urteil dazu gesprochen.
Nun zu meinen Fragen: Inwiefern können/dürfen Gebete verschoben werden, von der Uhrzeit? Ihn ausstempeln zu lassen für die Gebete sollte wohl mehr als legitim sein, oder?
Hat eventuell jemand Erfahrungen damit? Als Betender, oder als Vorgesetzter?
Danke im voraus, entspannten Tag!
Grüße
9 Antworten
Ich sehe hier grundlegend erst einmal ein aufklärendes Gespräch zwischen Arbeitgeber und dem betreffenden Arbeitskollegen. Denn zunächst einmal besteht mal Erörterungsbedarf, warum er erst nach 4 Jahren Betriebszugehörigkeit nun auf die zeitlich definierten Gebete "besteht".
Eventuell betet er ja momentan verstärkt um die Genesung seiner Frau. Da KÖNNTE sich dann eventuell ja noch ein Konsens zwischen Arbeitgeber und dem betreffenden Arbeitnehmer ergeben, wenn diese Gebete nur vorübergehend am Arbeitsplatz nach den Regeln des Koran erfolgen ( müssen ), die allgemeine Produktion / Teamleistung dadurch nicht nachteilig beeinträchtigt würde und im Zuge der Gleichbehandlung mit den Arbeitskollegen dann wirklich für die Zeiten der Abwesenheit ausgestempelt wird. ( hier kommt es bezüglich konkreter Regelungen aber auf die Art der Entlohnung / Zeiterfassung und Schichteinteilungen an ).
Grundlegend ist aber erst einmal die genaue Begründung des betreffenden Arbeitnehmers anzuhören.
Gibt es Raucher in dem Betrieb, die zum Rauchen die Produktion verlassen ( müssen ), oder oder dürfen die auch am Arbeitsplatz rauchen ? Das müsste natürlich dann mit berücksichtigt werden.
Aber das klärende Gespräch ist natürlich erst mal der beste Weg. ☺
Rauchen ist nur in der Pause erlaubt und in den dafür vorgesehenen Bereichen.
Also verlässt kein Mitarbeiter zum Rauchen ausser in der offiziellen Pausenzeit den Arbeitsbereich. Dann könnte ( je nach Erörterung der Situation ) eine Übereinkommung freiwilliger ( somit nicht strittiger Art ) durchaus getroffen werden zwischen AG und AN, sich zum halbstündigen Gebet ( vorübergehender Bedürftigkeit dazu ) dahingehend zu einigen, dass sich der betreffende Mitarbeiter während dieser Zeit des Gebetes / der jeweiligen Gebete dann auch aus der Zeiterfassung ausstempelt.
Verlässt er denn während seiner Gebete das Betriebsgelände ? Denn Da KÖNNTEN ggf. dann noch andere "Auflagen" seitens der Betriebsstätten-Haftpflicht und Berufsgenossenschaft ( Fragen ) auf den Arbeitgeber zukommen.
Aber grundlegend nach wie vor nichts gegen eine mögliche Tolerierbarkeit dieser ( vorübergehenden ) Situation an sich.
Es soll ja jetzt deswegen weder ein Dissenz zwischen der restlichen Belegschaft und auch nicht allgemein wegen des Betriebsfriedens entstehen. Aber grundlegend KÖNNTE sich hier ( bei fortan langfristiger Fragestellung ) selbst für einen Arbeitgeber dann doch der Notwand auf rechtskonforme und professionelle Rechtsberatung ergeben, wenn keine wirkliche Einigung zwischen AN und AN ( nebst Betriebsfrieden allgemein ) erzielbar ist.
Denn hier möchte ich als Laie nicht mehr "unsicher / falsch oder wenig zielführend" rumdiskutieren. Die beste Lösung wäre halt der momentan "bestmögliche gemeinsame Nenner"
Aber sowas lässt sich hier online in einem Ratgeberforum leider nicht betriebs- und tatsachenrelevant diskutieren. ( denn im Arbeitsrecht gilt besonders eines : wechselseitige Diskretion "nach aussen" )
Optimal wäre halt eine betriebsinterne Einigung. ( ohne das jemand den Job verliert )
So ganz verstehe ich Dein Problem ja nicht, denn Dich würde man ja auch entsprechend beten lassen.Wenn er ausgestempelt ist fehlt er doch ebenso am Arbeitsplatz, somit geht es doch eher darum, dass Du ihm nicht gönnst, dass er bezahlt wird in dieser Zeit. Ich habe vor einiger Zeit in mehreren Gebäuden ein Rauchverbot verhängt, was zur Folge hatte, dass die Anzahl der Raucher in der dort tätigen Firma angestiegen ist, wie mir der Unternehmer berichtete. Nun hatten wir die betenden und die rauchenden Mitarbeiter. Mir persönlich lag es stets fern in den Gebetsdrang der gläubigen Mitarbeiter einzugreifen, eher im Gegenteil...ich habe eine Art der Bewunderung für diese Menschen. Du solltest Dich fragen, ob Du persönlich nun wirklich einen besonderen Nachteil erleidest, weil Dein Kollege beten darf.
Wie gesagt, er soll beten, nur kann und möchte ich nicht mit zweierlei Maß messen. Ich gönne jedem sein Geld, wenn dafür etwas getan wird. Am Ende des Tages halte ich meinen Kopf dafür hin, wenn etwas schief geht, da ich den Kollegen vorgesetzt bin.
Für mich ist diese Situation nur komplett neu und ich möchte einen Konsens finden, der allen gerecht wird. Sowohl dem Betenden, als auch dem Unternehmen gegenüber. Nur bevor das an die große Glocke gehangen wird und sich mein Chef einschaltet, interessieren mich Meinungen anderer dazu.
Du solltest Dich fragen, ob Du persönlich nun wirklich einen besonderen Nachteil erleidest, weil Dein Kollege beten darf.
Einen Nachteil insofern, das ich mich damit jetzt befassen darf/muss und sich die anderen Kollegen, die in der Zeit für ihn mitarbeiten müssen sich beschweren. Nicht wegen dem Gebet, sondern weil "fluchtartig" die Anlage verlassen wird und dann alle im Regen stehen. Ok, das könnte man dann noch als mangelnde Kommunikation intern bezeichnen.
Ja, es dürfte sich immer um die gleichen Zeiten handeln. Ich bin in meiner Funktion oft der Entscheidungsträger bezüglich dieser Gebete und habe nicht mal darüber nachgedacht diese zu untersagen. Ich bin ein ev. Christ und sehe mich nicht in der Lage den Glauben eines Anderen derart einzuschränken. In der Regel ist die Frage nach dem Glauben durchaus Bestandteil eines Bewerbungsbogens. Der Arbeitgeber kennt die Situation. Das sind Grundsatzentscheidungen, die ganz sicher nicht auf der Abteilungsebene entschieden werden sollten. Es ist aber durchaus legitim, wenn Du als Vorgesetzter diese Frage in die höhere Etage weiterreichst, denn melden macht frei. In diesem Fall kannst Du bei Beschwerden ganz locker auf die Chefentscheidung verweisen
Ganz gute Einlassung mit dem Vorschlag der "Weitergabe an höhere Instanzen" der Betriebshirarchie @Blacklight030. 😉
@Blacklight: Was hat denn das mit Einschränkung des Glaubens zu tun, wenn man jemandem nicht die Gebetszeiten oder die Zeit, die er in der Messe verbringt, bezahlt? Ich war auch mal praktizierender Gläubiger, aber niemand hat mir die Zeit bezahlt, die ich in der Kirche verbrachte, und ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, solch ein Ansinnen zu stellen.
Und wenn die Frage nach dem Glauben bei der Bewerbung gestellt werden darf, heisst das nur, dass die Trennung von Staat und Religion nicht vollzogen und Glaube nicht Privatsache ist. Es bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit selbst bestimmen darf. Wenn ich im Bewerbungsbogen unter praktizierten Sportarten "Schwimmen" angebe, muss der Arbeitgeber ja auch nicht davon ausgehen, dass ich mich täglich eine Stunde von meinem Arbeitsplatz entferne, um meine Runden zu drehen. Natürlich bei voller Bezahlung.
Ach so, du bewunderst die Menschen, die täglich einer Stunde ihrer regulären Arbeitzeit für Ihre privaten Tätigkeiten abzweigen?
Warum nicht, wenn der Arbeitgeber so großzügig ist. Aber nur, wenn er dieses Privileg allen seinen Angestellten gewährt, also darf jeder täglich eine Stunde der bezahlten Arbeitszeit frei nehmen. Wozu er diese Zeit dann benutzt, ist seine Sache.
Ja, wenn eine andere Glaubensrichtung bei uns täglich beten möchte darf sie das auch. Eine Stunde lang fehlt keiner unserer Mitarbeiter, sie gehen sich eben waschen, beten schnell mal an einem halbwegs ruhigen Ort und sind wieder da. Das ist und bleibt für mich in Ordnung. Wir bezahlen es unterm Strich auch, aber diese Mitarbeiter sind offensichtlich auch fleißiger und holen es wieder rein.Weniger krank sind sie übrigens auch noch...die deutsche Unlust konnte ich noch nie feststellen. Für unsere Mitarbeiter besteht diese Möglichkeit weiter, an dieser Entscheidung werde ich mit Sicherheit nicht rütteln.
Hier stehen noch interessante Infos:
www.hans-gottlob-ruehle.de/ArbeitsrechtIX/Arbeitsrecht_107/arbeitsrecht_107.html
- wenn der Betriebsablauf gestört wird, kannst du das Beten verbieten. Wenn er trotzdem beten geht, kann das abgemahnt werden.
- der Moslem darf nicht einfach abhauen, sondern muss sich abmelden.
- Beten ist Pause. So wie Raucher zum Ausstemepeln verdonnert werden können, kann auch der Betende dazu verdonnert werden. Betzeit ist keine Arbeitszeit!
- das reguläre Gebet dauert etwa 3 Minuten. Wenn irgend möglich, sollte das erlaubt werden, außer wenn das wirtschaftlichen Schaden für die Firma bedeuten würde. Mehr muss nur dann hingenommen werden, wenn es den Betriebsablauf nicht stört.
Wenn der Gläubige nicht aufs Beten verzichten kann/will und wenn gleichzeitig seine Abwesenheit außerhalb der tariflichen Pause zu erheblichen Störungen des Betriebsablaufes führen würde, muss er sich eben einen passenden Arbeitsplatz woanders suchen.
Wie das aus Koransicht aussieht, ist unterschiedlich je nach Glaubensrichtung. Da gibt es unterschiedliche Fatwas. Die einen verbieten es, Gebete zu verschieben oder zusammenzufassen, andere sagen, wenn es auf der Arbeit nicht geht, muss man es eben nachholen.
Ich verstehe nicht, was diese Frage mit Religionsfreiheit zu tun hat. Religionsfreiheit bedeutet doch nicht, dass ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit selbst bestimmen darf und auch noch verlangt, für's Beten bezahlt zu werden.
Der Arbeitgeber hat das Recht, die Anwesenheit des Arbeitnehmers für die vereinbarte Zeit zu verlangen. Also wenn ein 8-Stundentag vereinbart und auch bezahlt wird, kann der AN nicht beschliessen, nur 7 Stunden zu arbeiten. Wünscht et dies, KANN der AG dies gewähren (Ausstempeln ist dann selbstverständlich, alles andere wäre den Kollegen gegenüber unfair), MUSS aber nicht, weil es z.B. wie im vorliegenden Fall den Arbeitsablauf stört.
Dass der AN zu Hause nicht beten kann, weil seine Frau krank ist, ist lächerlich. Selbst wenn ihr Heim nur aus einem einzigen Raum bestehen sollte (was sehr unwahrscheinlich ist), wird es seine Frau wohl nicht stören, wenn ihr Mann leise betet. Aber das nur nebenbei, denn die Frage ist irrelevant. Jeder kann beten, wann er will, aber er kann halt nicht gleichzeitig arbeiten. Also muss er sich eine Arbeit suchen, die mit seinen Gebetszeiten vereinbar ist.
Ein AN, der sich unerlaubt vom Arbeitsplatz entfernt, riskiert Abmahnung oder Kündigung (ich weiss nicht, ob die deutschen Gesetze hier eine sofortige Kündigung erlauben, oder erst nach vorheriger Abmahnung).
Es gibt feste Zeiten. Verschieben ist nicht möglich.
"Meine Frau ist krank, kann nicht zu Hause beten" erscheint mir aber schon recht komisch. Welchen Zusammenhang hat das?
Woher hast du diesen Unfug? Das stimmt nicht. Es gibt festgelegte Zeiten. Und woher kommt die Annahme, dass alle "Dönerverkäufer" beten?
klar ist das möglich. unsere gläubigen dönerverkäufer springen auch nicht vom verkaufstisch weg, wenn die angebliche zeit ran ist. die gebetszeiten sind verschiebbar und angepaßt an das tgl. leben. er kann ja um 5 vor der arbeit beten und dann einige stunden später in seiner mittagspause und nachmittags in seiner zweiten pause. es kommt drauf an das man betet und nicht zwingend wann.
Mit dem Kollegen reden werde und wollte ich noch machen.
Die Entlohnung ist der Stundenlohn in einem Vollkontischichtsystem.