Schulschwänzer verpfeifen?
Seit ein paar Tagen wohnt bei der Nachbarin über mir ein Junge, der bereits früher in dem Haus wohnte. Der Junge ist sehr schwierig und war auch schon vermehrt kriminell auffällig. Eigentlich müsste er in der Schule sein und ich bin mir nicht mal sicher, ob er nicht gesucht wird. Kann bzw. soll ich ihn bei der Schule oder dem Jugendamt melden? Normalerweise mache ich so was nicht, aber der Junge ist nur am Mist bauen. Kann ich das anonym per Mail machen? Oder sollte ich das lieber lassen?
5 Antworten
Da er schulpflichtig ist, würde ich mal bei der Polizei nachfragen, welche Handhabe da besteht. Du sagst, er baut nur Mist und sei kriminell. Also wenn es um sowas wie Sachbeschädigung und ähnliches geht und Du ihn dabei erwischst, kannst Du jedenfalls die Polizei rufen. Aber bedenke, dass Du zu solchen Maßnahmen stehen musst. Das beinhaltet, dass Du möglicherweise als Zeuge involviert bist oder ihn als Täter auf Dich aufmerksam machst. Manche Mühlen mahlen extrem langsam in Deutschland und bis dahin kann er Dir durchaus noch das ein oder andere nicht nachweisbare Unbehagen bereiten.
Die Schule wird schon wissen, ob der junge Mann fehlt. Entsprechend werden Maßnahmen ergriffen. Wenn der Junge keinen Bock hat, wirst Du das sicher nicht ändern. Non of your business, pal. Sprich den Kerl halt selber an. Dann merkst Du schon, was da läuft. Die Blockwartmentalität hat schon genug Schaden angerichtet. Aber Du wirst genau so viele Antworten erhalten, die Dich ermutigen sofort handeln und dieses Kind zu "retten". Gut, dass Du aufmerksam bist. Die Verantwortung kann Dir aber keiner abnehmen.
Daher mein Rat, selber das Gespräch zu suchen. Zivilcourage mündet nicht zwangsläufig in einem anonymen Hinweis an Behörden, auf die man die Verantwortung abwälzt, ohne selber auch nur den geringsten Einblick in die Lebensumstände des Denunzierten zu haben. Wird sein Leben dadurch besser? Wird sein Vertrauen in die Gesellschaft dadurch größer? Wird eine dissoziale Entwicklung dadurch nicht sogar gefördert, wenn man statt auf einen Dialog auf Repressalien setzt? Hinsehen und handeln ja. Aber richtig. Eigenverantwortung lässt sich nicht abgeben und das Gewissen nicht durch anonyme Hinweise erleichtern. Dass etwas schief läuft, scheint klar zu sein. Vielleicht braucht der Junge einen Freund mit Verständnis und keine anonymen Gegner, die sich hinter dem Vorhang verstecken. Aber das wäre ja Arbeit. Nee, schnell ne anonyme Meldung, dann sind wir aus dem Schneider. Traurig.
Danke, habe die Leseprobe vom Beltzverlag gelesen. Ich sehe keinen Widerspruch und kann die Argumente des Lehrers sehr wohl verstehen. Aber wer soll denn nun handeln? Die anderen, denen ich das melde? Oder stehen wir noch selber grade für unsere Werte? Alibihandlungen geben uns sicher ein gutes Gefühl. Aber wo sind die Vorbilder? Wer gibt denn nun die Orientierung? Ist der gesellschaftliche Konsens hier nicht schon längst das Abgeben jeder Verantwortung an "Fachleute" und Institutionen, die laut dieses Buches de facto überfordert sind? Man sollte sich öfters mal anlächeln und ein paar Worte wechseln. Nähe schafft Verständnis, Verständnis schafft Mitgefühl, Mitgefühl bewahrt vor Verrohung. Niemand steht außerhalb der Gesellschaft. Und Werte muß man gemeinsam begründen. Wem also werfen wir die heiße Kartoffel hin?
War nur ein Gedanke von mir, aber du hast Recht, ich lasse das besser bleiben.
Du kannst dem Jugendamt jederzeit wahrgenommene Misstände anonym melden. Per Email (wobei emails ja nicht anonym sind), aber auch per Telefonanruf.
Hier musst du es vermutlich nicht machen, denn die Schule wird das schon selbst machen. Allerdings nicht anonym.
Wenn du natürlich siehst, dass der Junge - wie alt? - zu einer Zeit herumstreunt, wo Jungen seines Alters zu Hause sein sollten und das öfter vorkommt, kannst das natürlich tun.
Der Junge ist keine 15 und das ist nicht das erste Mal, dass er schwänzt. Eigentlich wohnt er hier im Haus überhaupt nicht, aber ich weiß auch nicht, ob die Schule weiß, dass er sich bei der Nachbarin aufhält, weil die Schule weiß das ja nicht, dass er bei ihr ist. Die Frau ist auch nicht ganz suspekt, die kam letztens aus dem Knast zurück, weil sie wegen Schwarzfahrens verknackt wurde.
Ich würde es lassen, solange ich nicht direkt von etwas betroffen bin.
ah ja, dann fährst du also an Unfallopfern auch vorbei, denn direkt betroffen bist du ja nicht davon. Tolle Einstellung
Laber nur. Das ist was anderes. Die sind ja nicht selbst schuld.
Wahrscheinlich hat sein Verhalten Gründe. Kein Mensch ist ohne Grund so, wie er ist.
Natürlich hat das Gründe. Aber genau dafür ist das Jugendamt ja da, die Gründe herauszufinden und dem Jungen zu helfen.
Da hast du recht... dies ist einer der Kommentare, die ermutigen sollen, etwas zu unternehmen. Sicher ist der Junge nicht schuleschwänzend auf die Welt gekommen und wird seine Gründe haben, zuhause bleiben zu wollen. Dennoch brauchen Jugendliche Richtlinien, an denen sie sich orientieren und entlanghangeln können. Und ohne eine Schulbildung sieht es gerade in unseren Breiten sehr mau aus mit dem eigenen Einkommen und der Selbstständigkeit.
Und mit Blockwartmentalität hat das gewiss nichts zu tun. Wir sind eine Gesellschaft von "Wegguckern" geworden, bloß nicht einmischen. Das Zauberwort heißt Zivilcourage. Rollmops sei das Buch "Die Toleranzfalle" von Axel Becker zur gefälligen Lektüre empfohlen.