Sachdarlehensvertrag // Leihvertrag?
Ich schreibe morgen eine Klausur und verstehe eine Sache nicht, und ich bin mir ziemlich sicher unsere Lehrerin wird genau das abfragen.
Unsere Lehrerin meinte zu uns, dass z.B. das Ausleihen von Mehl der Nachbarin KEIN Leihvertrag ist, sondern ein Sachdarlehensvertrag, da nur ein gleichwertiger Gegenstand zurückgegeben wird und nicht genau der selbe.
Soweit so gut. Im §607 BGB steht aber folgendes:
Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet.
In dem Fall, dass die Nachbarin sich Mehl leiht und gleichwertiges Mehl zurückbekommt, zahlt sie kein Darlehensentgelt. Ist das also kein Sachdarlehensvertrag? Was ist es dann für ein Vertrag?
Oder kann man beim Sachdarlehensvertrag vereinbaren, dass es Unentgeltlich ist? Wenn ja, wo steht das im BGB? Ich muss nämlich alles mit dem BGB erklären, was ich schreibe.
4 Antworten
Ja, ein Sachdarlehen kann genau wie ein normales Darlehen auch unentgeltlich sein. Deine Lehrerin hat also recht. Das steht nicht ausdrücklich im BGB ergibt sich aber aufgrund der allgemeinen vertragsfreiheit die sich aus Art. 2 GG ergibt
Wenn man sich beim Nachbar Mehl leiht, ist das GAR KEIN Vertrag, denn der Nachbar geht davon aus, dass er das Mehl nicht mehr wiedersehen wird. Dabei handelt es sich also um eine SCHENKUNG.
Ein klassischer Sachdarlehensvertrag ist die Autovermietung.
Nicht wenn abgesprochen oder durch gesellschaftliche geflogenheit üblich ist, dass man die gleiche Menge Mehl zurück gibt.
Wenn es in eurer Nachbarschaft üblich ist, dass man die geliehenen Sachen zurückbringt, dann ist es ein Sachdarlehensvertrag. Wenn es aber so ist wie in unserer Straße, wo man sich gegenseitig hilft, wenn jemand etwas braucht, ohne dafür aber eine Gegenleistung zu erwarten bzw. das "Verliehene" - wenn es sich um Peanuts wie Mehl, Eier oder Zucker handelt - nicht zurückerwartet, dann ist es eine Schenkung . Vielleicht kannst du in dieser Hinsicht argumentieren. Aber frage dich, ob eine Argumentation in diese Richtung gewünscht ist.
So einen Ruf hast du also bei deinen Nachbarn? 😂
Es ist wohl eher andersherum. Bei mir kommen sich die Nachbarn immer was leihen. Es hat noch nie jemand etwas zurückgebracht. Und ich leihe prinzipiell nichts von anderen Leuten. Ich bin kein Schmarotzer 😂😂
Ein klassischer Sachdarlehensvertrag ist die Autovermietung
Interessant. Du leihst dir also ein Auto aus und bringst ein anderes zurück?
Danke! Interessanter Gedanke, klingt logisch.
Meine Lehrerin hat uns das als Sachdarlehensvertrag beigebracht, also werde ich es auch morgen so in der Klausur schreiben müssen um sicher zu gehen
Dann ist deine Lehrerin aber ziemlich weltfremd.
Falls ich sie vorher zu Gesicht bekomme gebe ich ihr das weiter, kann ja sein, dass sie sich geirrt hat. :-)
Sie hat sich nicht geirrt. Das Mehl unter Nachbarn wird ausdrücklich als Beispiel für ein Sachdarlehn genannt. Bsp.:
http://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/jura-2014-1018.pdf
Fußnote 3.
Ja, ich lese und kann es doch kaum glauben. Dann kann ich also demnächst meinen Nachbarn "verklagen", weil er mir das ausgeliehene Mehl nicht zurückgibt? Da werden sich die Gerichte aber freuen (Ironie). Wie realiätsfern ist das denn?
Du kannst deinem Nachbarn natürlich auch das Mehl schenken, da spricht nichts dagegen. Aber wenn du ihm etwas gibst und es wiederhaben willst, dann läuft es halt unter Sachdarlehn.
Dann müsste ich aber den Nachbar auffordern, es mir wiederzugeben, in dem Moment wo ich es ihm ausleihe. Denn wenn ich diese "Willenserklärung" nicht geäußert habe, kann der Nachbar - wie es im realen Leben auch üblich ist - davon ausgehen, dass er es nicht zurückbringen muss. In der Realität sieht es ja so aus, dass ich dem Nachbarn das Mehl leihe und ich dann bei ihm irgendwann mal mir Eier "leihe". Die bekommt er dann ja auch nicht zurück.
Ich würde aus der allgemeinen Lebenserfahrung eher schließen, dass es zurückzugewähren ist. Wenn es unter euch allerdings üblich ist, es nicht zurückzugewähren, handelt es sich um eine Schenkung.
Es liegt ein Sachdarlehnsvertrag vor.
Das Darlehensentgelt kann dabei abgedungen werden.
Hierzu wirst du keine Norm im BGB finden, es wir aber aus der Vertragsfreiheit/Dispositionsfreiheit des BGB geschlossen.
Ich würde sagen dass es ein Gefallen unter Nachbarn ist, quid pro quo
Kann ich das jetzt so auffassen, wenn ich davon ausgehe, dass ich vom Nachbar das Mehl wiederbekomme, dann ist es ein Sachdarlehensvertrag, wenn ich aber nicht davon ausgehe, ist es eine Schenkung bzw. kein Sachdarlehensvertrag?
Ich kenne das so ähnlich von der Schule: "hey, kannst du mir ein Blatt leihen?". Das Blatt sehe ich nie wieder, und ich denke auch nicht daran, dass ich das Blatt oder ein anderes Blatt jemals wieder sehen werde.
Auf jeden Fall eine spannende Diskussion, danke für eure Antworten!