Muss ein Amt eine Entscheidung aus Kulanz als solche kennzeichnen?
Wir beantragen seit Jahren immer wieder die Erstattung der Fahrtkosten für unsere Tochter beim zuständigen Amt. Dies wird auch genehmigt. Nun liegt der Fall vor, dass Kosten einer besonderen Art nicht übernommen werden (sollen). Genau diese Kosten wurden 2 Jahre zuvor aber noch übernommen, die Rechtsgrundlage hat sich nicht verändert. Im jetzigen Bescheid heißt es, dass die "damals erfolgte Erstattung im Wege der Kulanz... keinen Rechtsanspruch auf Erstattung für die Zukunft [begründet]". Hätte eine solche Erstattung aus Kulanz dann nicht als solche gekennzeichnet/benannt werden müssen???
Oder im Umkehrschluß: muss die Erstattung in diesem Jahr wegen des fehlenden Hinweises/Kennzeichens nicht auch gewährt werden???
2 Antworten
Nun, "Kulanz" gibt es bei Behörden nicht; die Verwaltung ist an Recht und Gesetz gebunden. Dennoch gibt es bestimmte Sachverhalte, bei der eine Behörde einen Ermessensspielraum hat (ungebundene Entscheidungsmöglichkeit).
Ermessen wird durch § 40 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) legitimiert.
In einigen Fällen räumt das Gesetz ausdrücklich „Ermessen“ ein. Üblicher sind dagegen offene Formulierungen wie „in der Regel“, „kann“, „darf“, „ist berechtigt“ oder „ist befugt“.
Der Bürger hat einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch.
Es ist allerdings auch so, daß eine Verwaltung im Rahmen eines Ermessensgebrauch durchaus an eine ständige Praxis gebunden werden kann.
Der auf dem Gleichheitsgebot des Art. 3 (1) GG (Grundgesetz) beruhende Grundsatz besagt, dass die Verwaltung bei gleichmässig geübtem Ermessensgebrauch (Ermessen) in gleich gelagerten Fällen von ihrer Praxis ohne sachlichen Grund nicht abweichen darf.
In diesem Fall könnte es sich also um einen fehlerhaften Ermessensgebrauch handeln.
Gegen einen Ermessensfehler kann durch Widerspruch/Klage angegangen werden.
Der Einzelfall muß natürlich geprüft werden; Du hast keine näheren Angaben zum Kontext gemacht und man müsste auch die Entscheidung von damals genau prüfen und die gesetzlichen Grundlagen berücksichtigen.
Es empfiehlt sich daher, fristgemäß Widerspruch einzulegen; ggf. sollte man sich anwaltlich beraten lassen.
Natürlich kannst Du meinen Text verwenden...
Ggf. bräuchte nicht zwingend auf die damalige Entscheidung zurückgegriffen werden; auch die jetzige Ermessensentscheidung könnte, für sich betrachtet, fehlerhaft sein.
Nein...
was genau bedeuten die 3 Punkte in diesem Fall?
Die bedeuten, dass eine Antwort hier mindestens fünf Zeichen haben muss und nur 'Nein' deshalb nicht ausreichen würde.
Vielen Dank für diese sehr ausführliche, hilfreiche und begründete Antwort. Darf ich mir einen Teil daraus kopieren und in einem Schreiben gebrauchen, ohne mich auf Sie persönlich als Quelle zu beziehen?