Mitgliedsbeiträge monatelang nicht abgebucht: Ist Kunde zur Nachzahlung verpflichtet?
Hallo allerseits! Ich hoffe, hier kennt sich der eine oder andere mit Vertragsrecht aus.
Folgende Situation: Meine Mutter ist seit Jahren in einem Fitnessstudio angemeldet. Der Betreiber hegt ein gutes Verhältnis zu den Kunden und kennt fast alle persönlich (ist ne kleine Stadt). Dadurch haben allerdings einige Vereinbarungen auch einen recht informellen Charakter, der manches verkompliziert.
Durch Corona konnte das Studio 2020 und 2021 nicht die gewohnten Leistungen anbieten. Es gab wohl ein paar Online-Kurse als Alternative, aber das ist natürlich nicht das Gleiche. Die meiste Zeit war das Studio einfach dicht.
Der Betreiber hat seine Kunden trotzdem angefleht, ihre Verträge nicht zu kündigen, was viele aus Freundschaft und Gutmütigkeit auch nicht getan haben. Auch meine Mutter nicht.
Der Betreiber hat im Gegenzug seit November 2020 keine Mitgliedsbeiträge mehr abgebucht (was zwar löblich, aber auch etwas dämlich war, wie sich nun zeigte). Darüber gab es nie eine schriftliche oder auch nur mündliche Vereinbarung. Er hat einfach nicht abgebucht.
Nun ist das Studio insolvent und der Betreiber hat eine herzzerreißende Email an alle Kunden geschickt ("Ich bedanke mich für eure Treue, ich hoffte, es gäbe noch eine Lösung blablabla") und fordert darin plötzlich die Nachzahlung der gesamten Mitgliedsbeiträge ab November 2020. Das ist eine erhebliche Summe (ca. 600 Euro), die da mit einem Schlag gezahlt werden soll.
Meine Mutter möchte diese nicht zahlen, ich bin aber nicht sicher, ob sie da juristisch im Recht ist. Einerseits galt ja offiziell die ganze Zeit der Mitgliedschaftsvertrag, wodurch sie sich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet hat.
Andererseits hat der Betreiber erstens nicht die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht und zweitens freiwillig entschieden, die Mitgliedsbeiträge nicht im üblichen monatlichen Intervall abzubuchen - und die Kunden darüber niemals informiert, insbesondere nicht schriftlich.
Er gibt in der Email selbst zu, dass es klüger gewesen wäre, einfach weiter abzubuchen, und appelliert jetzt eben an das Mitleid seiner ehemaligen Kunden.
Wie würdet ihr das juristisch einschätzen: Steht ihm die Nachzahlung zu oder nicht?
2 Antworten
Einerseits galt ja offiziell die ganze Zeit der Mitgliedschaftsvertrag, wodurch sie sich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet hat.
Rechtlich ist das Richtig.
Andere Regelungen bedarf es in Schriftform. Wenn es die nicht gibt, dann hat man keinen Nachweis.
Allerdings muss man keine Mitgliedsbeiträge bezahlen, wenn das Studio während der Lockdowns geschlossen war.
Ua. hat das Amtsgericht Hamburg (Az. 9 C 95/21) bestätigt, dass keine Mitgliedsbeiträge bezahlt werden müssen, wenn das Studio wegen behördlicher Schließungen geschlossen war.
Vll. könnte dieser Artikel auch noch interessant sein, der das ua. bestätigt.
Was ich auf jeden Fall sagen kann:
Monate in denen aufgrund eines Lockdowns zu war müssen nicht bezahlt werden, d.h. diese Monate kann man von der Forderung mal direkt streichen
Nein, das waren leistungsfreie Zeiten
Könnte man da nicht aber argumentieren, dass die Kunden ja auch einfach außerordentlich hätten kündigen können, wenn sie mit der nicht erbrachten Leistung unzufrieden waren?